Zwei Studien zur Immunität von Kindern; Untersuchung zu Impfschutz bei Krebspatienten
+++ Covid-19: Familienstudie: Kinder entwickeln langfristige Immunität – Aktivere Immunantwort bei Kindern – JKU-Studie untersuchte Impfschutz bei Krebspatienten – Hohe Antikörpertiter mit schwerem Verlauf verbunden – CureVac: Fortschritte bei Impfstoff der zweiten Generation – Hund erschnüffelt Corona-Infektionen +++
Familienstudie: Kinder entwickeln langfristige Immunität
Gerade vor dem bereits absehbaren Ende der Schulferien in Österreich und dem Schulbeginn in einigen deutschen Bundesländern wird die Frage von Covid-19 an Bildungseinrichtungen und unter Kindern wieder besonders relevant. Die Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion auf Kinder untersucht die deutsche Familienstudie zu Covid-19. Demnach sind asymptomatische Verläufe bei Kindern fünfmal häufiger als bei Erwachsenen. Die Betroffenen entwickeln dabei aber einen starken Immunschutz.
Wissenschafter der Universitätskliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm sowie des Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Instituts NMI in Reutlingen haben ihre Ergebnisse vor kurzem im Preprint veröffentlicht (https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.07.20.21260863v1). Für die Studie wurden laut dem Deutschen „GesundheitsPortal“ 328 Familien mit mindestens einem an Covid-19 erkrankten Mitglied mehrfach untersucht.
Insgesamt nahmen 548 Kinder im Alter zwischen sechs und 14 Jahren und 717 Erwachsene teil. In Familien mit einer infizierten Person steckten sich demnach Kinder (34 Prozent) deutlich seltener an als Erwachsene (58 Prozent) und waren – im Fall einer Infektion – fünfmal häufiger ohne Krankheitszeichen (Erwachsene: 9 Prozent, Kinder: 45 Prozent).
Immer wieder ist festgestellt worden, dass schwerere Symptome einer SARS-CoV-2-Infektion eine bessere Immunantwort nach sich ziehen. Bei Kindern ist das offenbar nicht der Fall. Die Kinder zeigten elf bis zwölf Monate nach der Infektion stärkere und länger anhaltende spezifische Antikörperspiegel als Erwachsene. Das galt unabhängig davon, ob Krankheitszeichen vorhanden waren oder nicht. Die kindlichen Antikörper sind gut wirksam gegenüber verschiedenen Virusvarianten, sodass auch nicht sichtbar erkrankte Kinder nach einer Infektion geschützt sein sollten. Keines der infizierten Kinder musste im Krankenhaus behandelt werden.
Auch bei den berichteten Beschwerden unterschieden sich Erwachsene und Kinder. Während bei Erwachsenen Fieber, Husten, Durchfall und Geschmacksstörungen gleichermaßen ein guter Hinweis auf eine Infektion waren, waren bei Kindern nur Geschmacksstörungen ein deutliches Signal auf eine Covid-19-Infektion (87 Prozent). Husten und Fieber waren erst mit steigendem Alter ab etwa zwölf Jahren ein Hinweis auf eine Ansteckung. (APA)
Aktivere Immunantwort bei Kindern
Das kindliche Immunsystem scheint auf die Attacken des Coronavirus besser vorbereitet zu sein. Die Zellen der oberen Atemwege befinden sich einer aktuellen Untersuchung zufolge bereits in erhöhter Alarmbereitschaft und können das Virus im Falle einer Infektion schnell bekämpfen, bevor es sich massiv vermehrt. Das erklärt vermutlich auch, warum Kinder sehr viel seltener schwer erkranken, wie Forscher aus Berlin und Heidelberg in "Nature Biotechnology" berichten (https://www.nature.com/articles/s41587-021-01037-9).
„Wir wollten verstehen, warum die Virusabwehr bei Kindern offenbar so viel besser funktioniert als bei Erwachsenen“, erklärte Irina Lehmann, Leiterin der Arbeitsgruppe Molekulare Epidemiologie am Berlin Institute of Health (BIH) an der Berliner Charité. Auf der Suche nach einer Antwort entnahmen die Wissenschafter 42 gesunden und infizierten Kindern sowie 44 Erwachsenen einige Zellen der Nasenschleimhaut. Sie analysierten dann unter anderem die Aktivität bestimmter Gene in den einzelnen Zellen.
Um Viren schnell bekämpfen zu können, müssen sogenannte Mustererkennungsrezeptoren aktiviert werden, erläutern die Forschenden. Und genau dieses System war bei den Kindern in den Zellen der oberen Atemwege und in bestimmten Zellen des Immunsystems aktiver als bei den Erwachsenen, zeigten die Analysen. Infiziert ein Virus die Zelle, bildet der Körper den Botenstoff Interferon, welcher die Bekämpfung des Virus einleitet. Bei Erwachsenen werde das Frühwarnsystem überrumpelt, das Virus wird nicht so effektiv bekämpft und kann sich stärker ausbreiten.
„Wir haben aus dieser Studie gelernt, dass es offensichtlich nicht nur Risikofaktoren für schwere Covid-19-Verläufe gibt, sondern auch schützende Faktoren“, erläuterte Lehmann. Man könne nun darüber nachdenken, ob sich schützende Antworten bereits vor einer Infektion anregen ließen, um so möglicherweise Risikopatienten vor einer schweren Erkrankung zu schützen. (APA/dpa)
JKU-Studie untersuchte Impfschutz bei Krebspatienten
Krebspatienten können nach einer Impfung mit den beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffen schlechter einen Antikörperschutz, aber genauso gut eine zelluläre Immunantwort aufbauen wie Gesunde. Das ergab eine Studie unter Federführung der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz (http://go.apa.at/qdpuv0RL). Ob dies ausreichend vor einem schweren Verlauf einer Corona-Erkrankung schützt und wie eine mögliche „Booster-Impfung“ wirkt, soll weiter untersucht werden.
Grundsätzlich können die häufig durch Erkrankung und Therapie abwehrgeschwächten Krebspatienten bei Impfungen keinen so guten Schutz aufbauen wie Gesunde. Die ausschließlich am Kepler Universitätsklinikum (KUK) mit 87 Krebspatienten und 44 Kontrollteilnehmern durchgeführte Studie erfasste nicht nur eine Antikörper-Antwort, sondern sie maß auch die zelluläre Immunlage, also sogenannte T-Zellen. Diese sind spezifisch gegen das nagelartige Oberflächeneiweiß des SARS-CoV-2-Virus gerichtet, berichtete die Uni am Mittwoch (18.8.).
Bei Patienten mit Blutkrebserkrankungen blieben Antikörper- und Zell-Immunantworten aus, bei Patienten mit soliden Tumoren, also Organkrebserkrankungen, selbst unter laufender medikamentöser Krebsbehandlung aber nicht. In der Kontrollgruppe zeigten Geimpfte mit oder ohne vorausgegangene SARS-CoV-2-Infektion robustere T-Zell-Antworten als ungeimpfte Genesene.
Ein Drittel der Krebspatienten kann entweder nur eine Antikörper- oder nur eine T-Zell-Antwort liefern. Was dies für den Schutz vor einem schwereren Verlauf einer Corona-Infektion bedeute, könne man noch nicht klar abschätzen, sagte KUK-Vorstand für Hämatologie und Internistische Onkologie Clemens A. Schmitt. Deswegen müssten gerade auch geimpfte Krebspatienten konsequent getestet werden. „Auch wird sicher spannend zu verfolgen sein, ob derartige ,Teil-Responder‘ unter den Krebspatient*innen von einer möglichen dritten ,Booster‘-Impfung besonders profitieren könnten“, so Schmitt. (APA)
Hohe Antikörpertiter mit schwerem Verlauf verbunden
Eine neue Studie der Medizinischen Universität Innsbruck
(https://www.i-med.ac.at/pr/presse/2021/41.html) hat Überraschendes über den Verlauf von Corona-Infektionen zu Tage gefördert: Die Daten belegen, dass hohe SARS-CoV-2-Antikörpertiter mit einem schweren Krankheitsverlauf verbunden sind. Eine robuste T-Zellen-Aktivität korreliert hingegen mit leichten Symptomen, hieß es in einer Aussendung am Mittwoch.
Ein Team rund um den Immunologen Wilfried Posch vom Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie hat dazu Gewebe von Covid-19 Patienten untersucht und deren Immunantworten - nämlich die zellulären (T-Zellen) und humoralen (Antikörper) – charakterisiert, die bei Patienten mit mildem, schwerem und kritischem Verlauf ausgelöst werden. „Bei Patienten mit leichten Infektionen ließen sich robuste zytotoxische T-Zell-Reaktionen bzw. ein niedriger Anaphylatoxinspiegel nachweisen. Anaphylatoxin ist ein Entzündungsprotein, das vor allem bei kritischem Verlauf hochreguliert wird. Darüber hinaus stellten wir fest, dass hohe SARS-CoV-2-Antikörpertiter – darunter fallen neutralisierende als auch nicht-neutralisierende Antikörper – mit einem schweren Krankheitsverlauf verbunden sind“, erklärte Posch. Die Folge sei eine erhöhte Entzündungsreaktion bzw. eine gewebsschädigende und mitunter lebensbedrohliche Entwicklung (Hyperinflammation).
Die neuen Erkenntnisse hätten jedenfalls auch für die Behandlung anderer Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege einen Mehrwert. Denn der neue Ansatz könnte nicht nur bei Corona-Patienten mit schweren Verläufen, sondern auch bei anderen respiratorischen Erkrankungen, in deren Rahmen es durch Hyperinflammation zu nachhaltigen Lungengewebsschäden kommt, „therapeutisches Potenzial haben“, betonten die Wissenschafter. (APA)
CureVac kommt mit Impfstoff der zweiten Generation voran
Das Biotechunternehmen CureVac macht nach den enttäuschenden Studienergebnissen seines ersten Covid-19-Vakzins Fortschritte bei der Entwicklung eines Impfstoffs der zweiten Generation. Der Impfstoff, den CureVac gemeinsam mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelt, habe in einer präklinischen Studie eine verbesserte Immunantwort und Schutzwirkung gezeigt, teilten die beiden Unternehmen am Montag (16.8.) mit.
In einer Untersuchung, in der das Vakzin an Affen getestet wurde, habe der Impfstoff außerdem eine stärkere Antikörperneutralisierung aller ausgewählten Virusvarianten erreicht, darunter auch der hochansteckenden Delta-Variante. Voraussichtlich im vierten Quartal wollen CureVac und GlaxoSmithKline den Impfstoff nun in die klinische Erprobung am Menschen bringen.
CureVac-Aktien legten zu und notierten rund acht Prozent fester. Das Tübinger Biotechunternehmen hatte im Februar eine Partnerschaft mit GlaxoSmithKline zur Entwicklung eines verbesserten Covid-19-Impfstoffs der nächsten Generation vereinbart, der sich gegen die aufkommenden, ansteckenderen Virusvarianten richten soll. Die 150-Millionen-Euro schwere Kooperation baut auf dem bestehenden Impfstoff von CureVac auf. Dieser erzielte in der entscheidenden klinischen Studie, deren Ergebnisse im Juni veröffentlicht wurden, aber nur eine Gesamt-Wirksamkeit von 48 Prozent.
CureVac hat das Vakzin allerdings nicht abgeschrieben und hofft auf eine Einsatzmöglichkeit bei unter 60-Jährigen, bei denen eine Wirksamkeit von 53 Prozent gegen eine Erkrankung jeglichen Schweregrades und von 77 Prozent gegen moderaten und schweren Krankheitsverlauf beobachtet wurde. „Wir bekräftigen unsere Absicht, die behördliche Zulassung bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur zu beantragen, und übermitteln derzeit umfassende klinische Daten an die Agentur“, sagte Vorstandschef Franz-Werner Haas. (APA/Reuters)
Hund erschnüffelt in französischem Altersheim Corona-Infektionen
Erstmals ist in Frankreich ein speziell ausgebildeter Corona-Spürhund in einem Altersheim im Einsatz. Pokaa, ein zwei Jahre alter Golden Retriever, soll künftig regelmäßig Bewohner und Angestellte des elsässischen Heims auf eine Infektion testen. Der Hund kann dank einer vierwöchigen Ausbildung an einer französischen Hochschule für Veterinärmedizin das sogenannte Spike-Protein des Coronavirus in Schweißproben erschnüffeln.
Dass Hunde in der Lage sind, mit ihrem ausgezeichneten Geruchssinn Corona-Infektionen aufzuspüren, ist wissenschaftlich belegt. Jüngst veröffentlichten etwa Forscher der Tierärztlichen Hochschule Hannover eine Studie zum Thema. Ergebnis: Spürhunde waren in der Lage, mehr als neun von zehn mit Corona infizierten Personen anhand von Schweißproben zu erkennen (91 Prozent). Nur selten markierten sie Corona-negative Personen fälschlich als positiv. Wurde Urin zum Schnüffeln vorgelegt, waren die Ergebnisse noch besser. Auch eine Studie aus Großbritannien lieferte vielversprechende Erkenntnisse.
Das Projekt an dem elsässischen Altersheim „La Roselière“ in Kunheim soll nach dem Willen des Vereins Handi'Chiens künftig ausgeweitet werden – auch auf Heime in Deutschland. Handi'Chiens bildet eigentlich Begleithunde für Kranke und Alte aus, will jetzt aber 250 Tiere für den Corona-Einsatz weiterbilden. Dazu hat man den französischen Staat um Geld gebeten. Die Zusatzausbildung eines Hundes kostet 3.500 Euro. (APA/dpa)