22. Juni 2021Kardiovaskuläre Todesfälle

Plötzlicher Herzstillstand ist Ursache jedes zweiten Herztodes

Der spektakuläre Fall des dänischen Fußballspielers Christian Eriksen, der vor Kurzem bei einem EM-Spiel plötzlich auf dem Spielfeld zusammenbrach, hat den plötzlichen Herzstillstand ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.

Beide Hände umfassen die linke Brust einer Person mit Brustschmerzen.
iStock-1179591304_Chaichan Pramjit

Der plötzliche Herztod ist ein großes medizinisches Problem und die Ursache von rund 50 Prozent der kardiovaskulären Todesfälle und 20 Prozent aller natürlichen Todesfälle in westlichen Gesellschaften. Allein in Deutschland erleiden laut Zahlen des Deutschen Zentrums für Herzkreislauf-Forschung jährlich etwa 65.000 Menschen einen plötzlichen Herztod. In etwa 80 Prozent der Fälle besteht eine strukturelle Herzerkrankung, meist eine koronare Herzkrankheit (KHK). Ein Infarkt erhöht das Risiko für einen plötzlichen Herztod um den Faktor 6 bis 10.

Auch bei Jüngeren ist KHK häufige Ursache

Die KHK und damit ein plötzlicher Herztod betreffen zwar überwiegend ältere Menschen, doch in den vergangenen Jahren hat man erkannt, dass sie auch bei Jüngeren klinisch relevant sein können. Laut einer Studie finnischer Forscher war bei 44 Prozent der plötzlichen Herztodesfälle von unter 50-Jährigen eine KHK die Ursache. Bei den unter 30-Jährigen war der Anteil der plötzlichen Todesfälle durch KHK am niedrigsten (7%), bei den 45- bis 50-Jährigen am höchsten (50%). Das Durchschnittsalter betrug 44 Jahre.

Bei der Mehrheit (90%) der Opfer des plötzlichen Herztodes durch eine KHK war vor ihrem Tod keine koronare Herzkrankheit diagnostiziert worden. 9 von 10 der Gestorbenen waren Männer. Mehr als 50 Prozent der unter 50-jährigen Gestorbenen wiesen mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor auf, und ein signifikanter Anteil sogar eine fortgeschrittene koronare Herzkrankheit.

Plötzlicher Herztod bei Sportlern

Im Vergleich zur allgemeinen Häufigkeit des plötzlichen Herztodes sind solche Todesfälle bei Sportlern nicht häufig. Je nach Untersuchung gibt es auf 100.000 Sporttreibende pro Jahr zwischen 0,7 und 3,0 Todesfälle. 96 Prozent der betroffenen Sportler sind Männer.

Zu den Auslösern des plötzlichen Herztodes beim Sport gehören Erkrankungen des Herzmuskels, der Herzklappen, der Aorta und der Herzkrankgefäße. Diese Erkrankungen führen in Ruhe zu keinen Beschwerden, bei körperlicher Belastung kommt es aber zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen. Bei über 35-jährigen Sportlern ist die KHK mit ca. 80 Prozent die häufigste Ursache. Unabhängig vom Alter gilt die Myokarditis als Risikofaktor.

Betroffen von plötzlichem Herztod sind in erster Linie besonders ambitionierte Freizeitsportler, v.a. in den populären Sportarten Fußball und Laufen. Laut dem Kardiologen Dr. Philipp Bohm vom Universitären Herzzentrum Zürich, der das deutsche Sudden Cardiac Death Register betreut, waren 2017 von den 265 plötzlichen kardialen Todesfällen beim Sport fast ausschließlich Männer betroffen, das Durchschnittsalter lag bei 47 Jahren.

Studie über junge Profifußballer

Plötzliche Todesfälle bei Profisportlern erregen zwar, wie im aktuellen Fall des Fußballprofis Christian Eriksen, viel Aufsehen, sind aber selten. Die Schätzungen reichen von 0,3 bis 13 Fällen pro 100.000 Athleten. Konkrete Daten gehen aus einer Analyse von plötzlichen Herztodesfällen bei Profisportlern hervor, die Wissenschafter um Dr. Sanjay Sharma von der University of London im New England of Medicine 2018 veröffentlicht haben.

Basis der Studie waren die Daten von rund 11.000 im Mittel 16,4 Jahre alten Profifußballern, wobei kardiologische Untersuchungen bei 42 Personen (0,38%) eine kardiale Erkrankung mit erhöhtem Risiko für einen plötzlichen Herztod ergaben. Am häufigsten war ein Wolff-Parkinson-White-Syndrom (n=26), gefolgt von einer hypertrophen Kardiomyopathie (n=5). Je zwei Sportler hatten eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie bzw. eine Koronararterien-Anomalie, einer wies eine dilatative Kardiomyopathie auf.

Innerhalb von zehn Jahren starben 23 Sportler. Häufigste Todesursache war mit einem Anteil von rund einem Drittel ein plötzlicher Herztod, meist infolge einer Kardiomyopathie (7/8). Die Inzidenz für einen plötzlichen Herztod bei jungen Profifußballern lag bei einem Todesfall pro 14.794 Personenjahren und bei 6,8 Fällen pro 100.000 Sportler. (Medscape/red)