8. März 2023Corona-Update

Neue Erkenntnisse zu „Covid-Lungenfibrose“; USA: Kombitest auf Influenza und Covid-19 zugelassen

+++ Forscher:innen finden Hebel im Kampf gegen „Covid-Lungenfibrose“ – Verabreichung von Covid-Medikament Lagevrio eingestellt – Nächste Corona-Influenza-Wellen: Erster Kombitest in den USA – Prognose rechnet mit Rückgang bei Spitalspatienten WHO verlangt US-Daten zu Corona-„Labortheorie“ – Bulgarien entsorgt Großmengen abgelaufener Impfdosen +++

Nuthawut Somsuk/GettyImages

Forscher:innen finden Hebel im Kampf gegen „Covid-Lungenfibrose“

Bei der Lungenfibrose wird Gewebe, das eigentlich die Atmung bewerkstelligt, zunehmend in Narbengewebe umgewandelt. Gerade im Zusammenhang mit „Long Covid“ rückt diese Veränderung in den Fokus, weil Millionen Menschen Gefahr laufen, eine „Covid-Lungenfibrose“ zu entwickeln, schreibt ein US-Forschungsteam um die aus Österreich stammende Wissenschafterin Gerlinde Wernig im Fachblatt „PNAS“ (https://doi.org/10.1073/pnas.2217199120). Sie identifizierten nun Stoffwechselprodukte, deren Hemmung Linderung bringen könnte.

Covid-19 wird mittlerweile als „Multiorgan-Krankheit“ angesehen, der Schwerpunkt liegt aber weiter auf den Auswirkungen auf die Atemwege. Bisher fehlten allerdings noch viele tiefgehende Einblicke in die Krankheitsentwicklung im menschlichen Lungengewebe nach einer schweren Covid-19-Erkrankung, so die Wissenschafter:innen in ihrer Arbeit. Das gelte auch für die Entstehung der Covid-Lungenfibrose. Dabei geht die Anzahl jener Zellen zurück, die in der Lunge zentral am Luftaustausch beteiligt sind, während sich Bindegewebe-Zellen (Fibroblasten) nach und nach breitmachen, was eine Verschlechterung der Lungenfunktion mit sich bringt. Die Lungenfibrose bzw. -entzündung zählt neben anhaltender Müdigkeit, Muskelschmerzen und Kurzatmigkeit zu den häufigsten Symptomen bei Long Covid.
Während manche Menschen nach der Genesung von schweren Covid-Verläufen mit akuten Lungenproblemen weitestgehend wenig Folgeschäden davontragen, sieht das Bild bei anderen Patientengruppen deutlich anders aus. Hier brauche es therapeutische Ansätze, da sonst zeitversetzt zu den erhöhten Sterberaten infolge der Akut-Erkrankungen eine weitere Mortalitäts-Welle drohe, wie das Team um Lu Cui und Gerlinde Wernig von der Stanford University berichtet.

Bereits länger bekannt ist, dass überschießende Immunreaktionen in engem Zusammenhang mit schweren Covid-19-Verläufen mit starken Lungenschädigungen und Atemausfällen stehen. Im Gewebe von Menschen mit schweren SARS-CoV-2-Infektionen fanden die Forscher erhöhte Werte des Entzündungsregulators Interleukin-6 (IL-6). In seiner neuen Studie zeigte das Team nun, dass die sogenannte „JUN-CD47-IL-6-Achse“ an der Entwicklung von Lungenfibrose infolge von „Long Covid“ beteiligt ist.

Durch die Infektion mit dem Virus wurden auch genetische Programme zur Bildung der Proteine JUN und CD47 aktiviert, die die Ausbreitung von Bindegewebe-Zellen begünstigen. So schützt etwa CD47 an der Oberfläche Gewebezellen vor Fresszellen, in dem es ihnen ein „Friss mich nicht“-Signal zukommen lässt.
Den Fibrose-Zustand konnte das Team in der Folge in Mäusen gezielt auslösen und in einem Organoid der Lunge nachbilden. Dann ging man daran, CD47 und IL-6 gezielt zu blockieren. Diese Kombinationstherapie verbesserte das Krankheitsbild im Mausmodell und im Organoid. So konnte laut den Forscher:innen auch das ursprüngliche Gleichgewicht im Immunsystem wiederhergestellt und die Entzündung hintangehalten werden.

Das zeige, dass die „JUN-CD47-IL-6-Achse“ ein vielversprechendes Ziel für künftige Behandlungen der „Covid-Lungenfibrose“ darstellt, schreiben die Wissenschafter:innen in ihrer Arbeit. Außerdem könnten die Erkenntnisse genutzt werden, um herauszufinden, ob Covid-19-Patienten Anzeichen beginnender Fibrose zeigen. (APA)

Verabreichung von Covid-Medikament Lagevrio eingestellt

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat den Zulassungsantrag für Lagevrio (Wirkstoff Molnupiravir) zur Behandlung von Covid-19 abgelehnt. Es gebe "keinen klaren Nutzen mehr für Patientinnen und Patienten bei den vorherrschenden Virusvarianten und der aktuellen Immunisierungslage in der Bevölkerung", berichtete das Gesundheitsministerium. Die Verabreichung wird somit auch in Österreich eingestellt, die medikamentöse Covid-Therapie sei durch andere Präparate gesichert.

Lagevrio war in vielen EU-Staaten im Einsatz, um Menschen vor schweren Erkrankungen zu schützen. Klinische Studien hatten zunächst eine gute Wirksamkeit gezeigt. In Österreich wurden bisher rund 25.000 Packungen verabreicht, rund 100.000 Packungen sind noch vorrätig.

"Covid-Medikamente retten Leben. Deshalb haben wir uns entschieden, verschiedene Präparate zu einem möglichst frühen Zeitpunkt anzukaufen. Wir haben weiterhin ausreichend alternative Präparate, mit denen sich Angehörige von Risikogruppen gut vor einer schweren Erkrankung schützen können", sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch.

Das Gesundheitsministerium hat das Medikament nun aus dem "Compassionate-Use-Programm" genommen, mit dem es bisher an Risikopatient:innen gegeben wurde. Sie kommen zum Einsatz, um Medikamente unter streng kontrollierten Bedingungen rasch gegen neu auftretende Erkrankungen verfügbar zu machen. In Einzelfällen können Ärzt:innen Lagevrio nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung im Rahmen eines sogenannten Heilversuchs (Named Patient Use) aber weiter verschreiben. (APA)

Nächste Corona-Influenza-Wellen: Erster Kombitest in den USA

Covid-19 geht nicht mehr vorbei. Spätestens im nächsten Herbst dürfte eine Kombination von SARS-CoV-2- und Influenza-Infektionen vor der Tür stehen. In den USA wird es dann jedenfalls eine Art PCR-Test auf beide Virusarten geben.

Die Influenza spielt in Europa derzeit kaum noch eine Rolle, was Grippe bzw. grippeähnliche Infektionen angeht. Doch die nächste saisonale Influenza-Welle kommt ab Ende des Jahres bestimmt, Covid-19 wird wohl nicht verschwinden. Für beide Infektionen – mit ähnlichen Symptomen – gibt es medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten, die nur in einem Zeitfenster von wenigen Tagen ab der Infektion bzw. Symptomen wirken. Deshalb wären eine schnelle Diagnose und gleichzeitig das Unterscheiden von Fällen der beiden Krankheiten wichtig.

Das US-Diagnostikunternehmen Lucira Health dürfte hier einen Erfolg geliefert haben: Ende Februar wurde seinem ersten Kombi-Heimtest von der US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung erteilt. „Diese Zulassung des ersten frei käuflichen (OTC) Tests, der Influenza A und B sowie SARS-CoV-2 erkennen kann, stellt einen großen Meilenstein für einen leichteren Zugang von Konsumenten zu Diagnostika für zu Hause dar“, wurde Jeff Shuren, Direktor des FDA-Zentrums für Medizinprodukte und Radiologie, in einer Aussendung der Behörde zitiert.

Die Zulassung erfolgte mit 24. Februar. Es handelt sich nicht um einen Antigen-, sondern um einen molekularen Test, der Erbsubstanz von Influenza A-, Influenza B- sowie von Covid-19-Erregern inklusive der Omikron-Varianten feststellen kann. Das Testkit, in dem ein Nasenabstrich untersucht wird, basiert auf der sogenannten RT-Lamp-Technologie, um RNA der Viren zu entdecken und zu identifizieren. In einer ersten Phase wird mögliche vorhandene RNA durch ein Reverse Transkriptase-Enzym in eine DNA-Form umgewandelt (cDNA). Dann erhitzt sich das Testkit über eine enthaltene Batterie und vermehrt die DNA von Viren, bis sie dann detektiert und das Ergebnis in ein ablesbares Farbsignal umgesetzt werden kann.
Schlägt der Test nicht an, liegt laut FDA-Angaben zu 99,3 Prozent keine Influenza A und zu 99,9 Prozent keine Influenza B vor. Eine Covid-19-Erkrankung ist bei einem negativen Ergebnis zu 100 Prozent ausgeschlossen. Umgekehrt entdeckt das Verfahren 90 Prozent vorhandener Influenza-A-Infektionen (positives Anschlagen) und 88,3 Prozent vorliegender SARS-CoV-2-Infektionen (positives Ergebnis). Für die Influenza B gab es bis zum Zulassungsverfahren nicht genügend positive Ergebnisse, weil in den klinischen Tests zu wenige derartige Infektionen aufgetreten waren.

Das Untersuchungsverfahren soll einerseits rechtzeitige Quarantänemaßnahmen ermöglichen, andererseits den frühen Einsatz von antiviralen Medikamenten wie bspw. Oseltamivir (Tamiflu/Influenza) oder von Paxlovid (SARS-CoV-2) gezielt ermöglichen. Die Symptome einer Influenza bzw. von Covid-19 sind ja oft einander ähnlich und wirken nur in der anfänglichen Phase der Erkrankung. (APA)

Prognose rechnet mit Rückgang bei Spitalspatienten

Während sich vor einer Woche auch Wien von der Maskenpflicht verabschiedet hat, sind die Corona-Zahlen und damit einhergehend auch die hospitalisierten Covid-19-Patient:innen in Österreich zuletzt gestiegen. Das hat sich nun gedreht. Das Covid-Prognosekonsortium geht in seiner aktuellen Einschätzung davon aus, dass die Zahl der positiven Patient:innen auf den Normalstationen tendenziell abnehmen wird.

1.408 coronapositive Patient:innen haben sich am Dienstag, 7.3., in den heimischen Spitälern befunden, davon 88 auf Intensivstationen. Bei den Schwerkranken wird die Zahl der Patient:innen in den nächsten zwei Wochen laut Prognose annähernd gleich bleiben. Der Mittelwert in zwei Wochen wurde mit 81 Intensivpflichtigen angegeben.

Im Bereich der Normalpflege wird mit Ende der Prognoseperiode am 22.3. österreichweit ein Belagsstand im Bereich von 874 bis 1.464 Betten erwartet, mit einem Mittelwert von 1.131 Patient:innen. Am Dienstag lagen 1.320 coronapositive Menschen auf den heimischen Normalstationen.

Die österreichweite Sieben-Tage-Inzidenz lag am Dienstag bei 417,3, vor einer Woche betrug sie noch 435,8. Die Daten aus dem Abwassermonitoring sowie dem EMS deuten auf eine rückläufige Entwicklung im Infektionsgeschehen hin, berichten die Experten. (APA)

WHO verlangt US-Daten zu Corona-„Labortheorie“

Nach den jüngsten Aussagen von US-Behörden zu einer Laborpanne als möglichem Ursprung der Corona-Pandemie hat die WHO die USA um Herausgabe der zugrunde liegenden Informationen gebeten. Es seien Anfragen an die diplomatische US-Vertretung in Genf gestellt worden, bisher habe man keine Berichte erhalten, sagte die WHO-Expertin Maria von Kerkhove am letzten Freitag (3.3.). WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus forderte von China Transparenz bei der Datenweitergabe.

Der Chef der Bundespolizei FBI, Christopher Wray, hatte dem Sender Fox News gesagt: „Das FBI geht schon seit geraumer Zeit davon aus, dass der Ursprung der Pandemie höchstwahrscheinlich ein möglicher Laborvorfall in Wuhan ist.“ Es gehe „um ein mögliches Leck in einem von der chinesischen Regierung kontrollierten Labor“.

Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ geht auch das US-Energieministerium nun von einer möglichen Laborpanne aus, wenn auch mit einem „niedrigen“ Grad der Gewissheit. Das Verhältnis zwischen den USA und China ist derzeit aus verschiedenen Gründen schwer belastet.

Andere US-Behörden sind wie zahlreiche Wissenschafter nach wie vor der Ansicht, dass das Virus wahrscheinlich auf natürliche Weise übertragen wurde. Demnach gab es die ersten Infektionen, als sich Menschen auf einem Markt im chinesischen Wuhan an dort verkauften Tieren ansteckten.

Wissenschafter:innen suchen seit drei Jahren nach dem Ursprung der Pandemie. Eine WHO-Delegation war Anfang 2021 in China, weitere Reisen internationaler Experten hatte Peking abgelehnt. Die WHO hat mehrere Untersuchungen in China und anderswo empfohlen, die aber bisher nicht geliefert wurden. China weist kategorisch zurück, dass das Virus aus einem Labor entwichen sein könnte. In Wuhan, wo Ende 2019 erstmals Corona-Erkrankungen auftauchten, wird in einem Labor an Coronaviren geforscht.

Der Ursprung müsse gefunden werden, um künftige Pandemien möglichst zu verhindern, betonte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Die WHO fordert China weiterhin auf, Daten transparent weiterzugeben, die notwendigen Untersuchungen durchzuführen und die Ergebnisse zu veröffentlichen“, sagte er. „Zu diesem Zweck habe ich mehrfach an hochrangige chinesische Politiker geschrieben und mit ihnen gesprochen, zuletzt vor wenigen Wochen. Bis dahin bleiben alle Hypothesen über den Ursprung des Virus auf dem Tisch.“ (APA/dpa)

Bulgarien entsorgt Großmengen abgelaufener Impfdosen

Bulgarien vernichtet Großmengen abgelaufener Impfdosen gegen Covid-19 und will keine neuen Impfdosen mehr kaufen. „Zu diesem Zeitpunkt gibt es überhaupt keine Impfwilligen“, sagte der geschäftsführende Gesundheitsminister Assen Medschdiew am Samstag (4.3.) in einem Interview des Staatsfernsehens in Sofia. Nachdem Bulgarien laut Medschdiew „riesige Mengen“ abgelaufener Corona-Impfstoffe bereits vernichtet habe, sollen in diesem Jahr noch weitere 2,8 Millionen Dosen entsorgt werden.

Er habe der EU-Kommission mitgeteilt, dass Bulgarien für das Beenden eines Vertrags mit Biontech/Pfizer sei, wonach sein Land verpflichtet ist, bis 2025 Impfstoffe zu kaufen, so der Minister. Diese Haltung werde auch von Polen, Tschechien und Litauen unterstützt. Bulgarien hat die niedrigste Corona-Impfquote in der EU.

Lediglich 30 Prozent der bulgarischen Bevölkerung haben nach amtlichen Angaben eine Grundimmunisierung gegen Corona. In dem südosteuropäischen Urlaubsland mit 6,5 Millionen Einwohnern gibt es seit Mitte November 2022 keine verpflichtenden Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus mehr. (APA/dpa)