23. Nov. 2022

mRNA-Vakzin wirkt auch gegen BQ.1.1; Rolle von Vitamin K bei Covid-19

+++ mRNA-Impfstoff ist auch bei der Variante BQ.1.1 wirksam – Vitamin K als zentraler Player bei Covid-19? – Lage in Spitälern bleibt laut Corona-Prognose stabil – Gratis-Impfungen und -Tests werden bis Mitte 2023 verlängert – Übersterblichkeit hängt weiter von Impfrate ab – Immer weniger folgen Impf-Empfehlung +++

Coronavirus Warnung
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mRNA-Impfstoff ist auch bei der Variante BQ.1.1 wirksam

Die "neue" SARS-CoV-2-Variante BQ.1.1 ist sowohl in Deutschland als auch in Österreich angekommen. Eine gute Nachricht brachten Untersuchungen des US-Pharmakonzerns Pfizer am Freitag, 18.11.: Der mit BioNTech (Mainz) entwickelte bivalente Omikron-mRNA-Impfstoff hilft offenbar auch gegen die neue Mutante. Dies berichtete am Freitag das Deutsche Ärzteblatt.

"Der an Omikron BA.4/BA.5 angepasste bivalente Covid-19-Impfstoff von BioNTech/Pfizer schützt vermutlich auch vor der BA.1.5-Sublinie BQ.1.1, die sich derzeit in Deutschland ausbreitet. Darauf deuten Laborstudien des Herstellers hin, deren Ergebnisse in bioRxiv (Preprint, noch ohne Peer Review; 2022; DOI:10.1101/2022.11.17.516898; Anm.) veröffentlicht wurden", schrieb die Zeitschrift der deutschen Ärztekammer (Online-Ausgabe). Am Nachmittag hatte es eine Aussendung des Pharmakonzerns gegeben. BQ.1.1 unterscheide sich durch drei Mutationen im Spikeprotein-Gen (R346T, K444T und N460K) von BA.4/BA.5, dessen Spike-Gen Bestandteil der aktuellen bivalenten Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna ist.

Pfizer hat die Frage, ob die Mutante dem Impfschutz entgehen könnte, von Wissenschaftern der Universität von Texas in Galveston untersuchen lassen. Die Ärztezeitschrift: "An der Studie nahmen Probanden im Alter von über 55 Jahren teil, die nach drei vorherigen Dosen von 30 Mikrogramm BNT162b2 (in der originalen Konfiguration) eine vierte Dosis erhalten hatten. Diese enthielt entweder BNT162b2 in der originalen Konfiguration oder BNT162b2 in der bivalenten Zusammensetzung mit einem Anteil von 15 Mikrogramm BA.4/5." Nach vier Tagen und nach einem Monat wurden Blutseren der Probanden auf ihre Neutralisationskapazität (Antikörper) bezüglich mehrerer Mutanten, darunter auch BQ.1.1, untersucht.

Nach den nun veröffentlichten Daten erhöhte der bivalente Impfstoff die Antikörper-Konzentration gegen BA.4/5 von 66 auf 856 (GMT-Maßeinheit; Anm.), also um den Faktor 13, während der originale Impfstoff nur einen Anstieg von 82 auf 236 (um das 2,9-Fache; Anm.) erzielte. Dies bestätige, dass BNT162b2 in der aktuellen Konfiguration seine Aufgabe besser erfülle als die erste Covid-19-mRNA-Vakzine. Bei BQ.1.1 kam es nach dem bivalenten Booster zu einem GMT-Anstieg von 29 auf 252 (um den Faktor 8,7) gegenüber einem Anstieg von 31 auf 58 (um den Faktor 1,8) mit einem monovalenten Booster. BNT162b2 sei damit in der aktuellen Konfiguration besser in der Lage, vor BQ.1.1 zu schützen, als die erste Vakzine. Die Schutzwirkung könnte aber etwas schwächer sein als gegen BA.4/5. (APA)

Vitamin K als zentraler Player bei Covid-19?

Wissenschaftler der Med Uni Graz sind Indikator-Biomarkern auf der Spur, die zur Aufklärung der Fragen beitragen könnten, warum manche Menschen lebensbedrohliche SARS-CoV-2-Verläufe entwickeln, manche Long Covid und andere kaum Erkrankungssymptome zeigen.

Harald Mangge vom Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Med Uni Graz publizierte nun Ergebnisse zu Vitamin K (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35883726/) – ein Vitamin, das bisher in der Covid-19-Forschung kaum untersucht wurde. Die zentrale Beobachtung war eine dramatische und spezifische Verminderung von Menachinon-7 (MK-7, ein K2-„Baustein“) bei Patienten mit schwerer Covid-19-Pneumonie im Vergleich zu Non-Covid-19-Pneumonie und gesunden Kontrollpersonen. Eine wichtige und im Zusammenhang mit Covid-19 relevante Rolle spielt MK-7 bei Gerinnungsfaktoren und dem Schutz von elastischen Fasern, die für eine gesunde Gewebsfunktion unter anderem in der Lunge wichtig sind. Die Covid-19-Pneumonie geht mit einem Entzündungssturm einher und verbraucht besonders viel MK-7 (dieses muss dem Körper ständig über die Nahrung zugeführt werden, am besten über MK-7-haltige fermentierte Nahrungsmittel). Was folgt, sind ein aus den Fugen geratenes Gerinnungssystem und strapazierte Faserproteine. „Die massive Freisetzung von Entzündungsfaktoren im Zytokinsturm in der Lunge setzt auch Enzyme frei, die den elastischen Fasern sozusagen den Rest geben. So wird das Lungengewebe unwiderruflich zerstört“, erklärt Mangge. „Zusammenfassend scheint das MK-7-Defizit ein Verbindungselement zwischen Covid-19-Lungenentzündung, Gewebszerstörung und thrombotischer Gefäßfunktionsstörung zu sein.“ (PA Med Uni Graz)

Lage in Spitälern bleibt laut Corona-Prognose stabil

Die Corona-Lage in den Spitälern dürfte in den kommenden zwei Wochen stabil bleiben. Bei den Infektionszahlen hält das Covid-Prognosekonsortium innerhalb der nächsten sieben Tage eine generelle "Trendumkehr zu steigenden Zahlen" für möglich, geht aus dem am Mittwoch, 23.11., veröffentlichten Update der Modellrechner hervor. Bei den Fünf- bis 14-Jährigen gab es zuletzt bereits ein leichtes Plus, in den meisten Altersgruppen aber noch eine Stagnation der gemeldeten Fallzahlen.

Sowohl bei den Neuinfektionen als auch im Abwassersignal zeigt sich derzeit in manchen Bundesländern eine tendenziell steigende Entwicklung, während die Situation in den anderen Bundesländern konstant ist, erläuterten die Experten von TU Wien, MedUni Wien und Gesundheit Österreich GmbH (GÖG). Das allmähliche Ende des Rückgangs der gemeldeten Fallzahlen sowie möglicherweise langsam steigende Positivtestungen sei neben saisonalen Effekten teilweise auf die Verbreitung der neuen Varianten zurückzuführen.

Der relative Anteil der neuen Mutationen hat in den vergangenen Wochen kontinuierlich zugenommen und stand in der vorletzten Kalenderwoche (KW 45) bei 28 Prozent für die Variante BA.5+R346T bzw. bei 21 Prozent für BQ.1. Die Reproduktionszahl lag mit 1,15 über der kritischen Marke von 1,0. Die bisher dominante Variante BA.4/BA.5 war dagegen in absoluten Zahlen rückläufig und machte rund 44 Prozent der Infektionen aus.

Laut der zwei Wochen vorausblickenden Prognose für die Spitäler kommt es zu nahezu unveränderten Belagsständen mit Infizierten im Normal- und Intensivpflegebereich. Auf den Normalstationen werden von den Prognoserechnern am 7. Dezember österreichweit 612 bis 1.001 Infizierte erwartet, mit einem Mittelwert von 783 Betten, nach 797 am (gestrigen) Dienstag. Die Intensivbelegung könnte mit 70 Covid-Patienten exakt stabil bleiben. (APA)

Gratis-Impfungen und -Tests werden bis Mitte 2023 verlängert

Die bestehenden kostenfreien Corona-Impf- und Testangebote sowie auch die Gratis-Medikamente sollen bis Ende Juni 2023 verlängert werden. Das sieht ein von den Regierungsfraktionen ÖVP und Grünen am Freitagabend (18.11.) im Nationalrat eingebrachter Initiativantrag vor, der im Dezember im Nationalratsplenum beschlossen werden soll.

Die Bundesregierung habe sich dazu entschlossen, "die bestehende Finanzierung dieser wichtigen Maßnahmen bis Ende Juni 2023 fortzuführen und so eine Sicherheit im weiteren Kampf gegen die Pandemie zu bieten", erklärte das Gesundheitsressort von Minister Johannes Rauch (Grüne) am Abend in einer Aussendung. Neben der kostenlosen Corona-Schutzimpfungen und Medikamenten soll auch das bestehende Testsystem (mit fünf kostenlosen PCR-Tests und fünf kostenlosen Antigen-Schnelltests pro Monat) bis Mitte 2023 bestehen bleiben.

Die Pandemie sei noch nicht vorbei und es sei weiterhin Vorsicht geboten. "Auch wenn die Infektionslage in Österreich derzeit optimistisch stimmt, sind weitere Wellen über den Winter wahrscheinlich und die Gefahr neuer Varianten und Mutationen besteht weiterhin", heißt es in der Aussendung. "Wir als Bundesregierung haben daher gemeinsam mit Expert:innen einen umfangreichen Variantenmanagementplan erarbeitet, der uns als Vorbereitung für die kommenden Monate dient", verwies Rauch auf die bekannten Planungen. "Hierzu zählen weiterhin auch unsere wichtigsten Instrumente: Impfungen, Medikamente und Testungen – niederschwellig, kostenlos und österreichweit verfügbar." (APA)

Übersterblichkeit hängt weiter von Impfrate ab

Nicht nur zu Beginn der Covid-19-Pandemie, auch mit den Delta- und Omikron-Varianten von SARS-CoV-2, kam es weltweit zu einer Übersterblichkeit. Sie hängt offenbar großteils mit den Covid-19-Durchimpfungsraten zusammen. Österreich schneidet vom Juni 2021 bis März 2022 unter vergleichbaren Staaten viel besser als die USA ab, liegt aber sonst im hinteren Feld, wie eine neue US-Studie zeigt.

Alyssa Bilinski von der Brown School für öffentliche Gesundheit in Providence (Rhode Island) und ihre Co-Autoren haben für die im Journal der American Medical Association (JAMA) erschienenen Studie aus den US-Statistiken sowie aus den Informationen der WHO, OECD und Our World in Data Covid-19-Durchimpfungsraten und die Übersterblichkeit nach der ersten Welle der Pandemie (27. Juni 2021 bis 26. März 2022) analysiert. "Das umfasste die Delta-Variante und die Omikron-Winterperiode", schrieben die Wissenschafter in ihrer am Freitag, 18.11., erschienenen Studie (doi:10.1001/jama.2022.21795).

In der Untersuchung verglichen wurden die Daten zur Übersterblichkeit aus allen Ursachen (also nicht allein Covid-19) für die gesamten Vereinigten Staaten, für die zehn US-Bundesstaaten mit den höchsten und für die zehn US-Bundesstaaten mit den niedrigsten Covid-19-Durchimpfungsraten. Verglichen wurde das aber auch mit 17 OECD-Mitgliedsstaaten mit jeweils mehr als fünf Millionen Einwohnern und einem BIP von mehr als 25.000 US-Dollar (24.160 Euro) pro Einwohner und Jahr – von Neuseeland, Australien und Kanada bis zu den meisten westeuropäischen Staaten. Die Analysen erfolgten jeweils für den Zeitraum von 27. Juni 2021 bis 25. Dezember 2021, um die Auswirkungen der Delta-Variante von SARS-CoV-2 zu beschreiben, und von 26. Dezember 2021 bis 26. März 2022, um vor allem Omikron zu berücksichtigen.

Frappierend ist die hohe Übersterblichkeit in den USA: Im gesamten Land kam es bei einer Durchimpfungsrate von nur 63 Prozent zu 145,5 mehr Todesfällen aus allen Ursachen pro 100.000 Einwohner. In den zehn Bundesstaaten mit den geringsten Durchimpfungsraten (52 Prozent im Beobachtungszeitraum) lag die Übersterblichkeit gar bei 193,3 Fällen pro 100.000 Einwohner. In den US-Staaten mit den meisten Impfungen (73 Prozent) betrug sie 65,1/100.000 Einwohner und lag damit im Mittelfeld der Staaten.

Am besten unter den insgesamt 20 verglichenen Ländern bzw. Regionen schnitt Neuseeland ab: Nur 5,1 mehr Todesfälle aus allen Ursachen pro 100.000 Einwohner (Durchimpfungsrate: 75 Prozent). Das liegt deutlich unter allen anderen Ländern. An zweiter Stelle folgt Schweden mit 32,4 zusätzlichen Todesfällen/ 100.000 Einwohner (70 Prozent Durchimpfungsrate), an dritter Stelle Belgien (33,9/100.000; 76 Prozent Durchimpfungsrate). Neuseeland hatte eine rigorose Quarantäne- und Impfpolitik betrieben, während Schweden zu Beginn der Covid-19-Pandemie wegen seines liberalen Zugangs kritisiert worden war.

Spanien hatte bei einer Durchimpfungsrate von 80 Prozent immerhin noch eine Übersterblichkeit von 42,5 Fällen pro 100.000 Einwohner. Österreich findet nur an 17. Stelle unter den 20 verglichenen Positionen: 74 Prozent Durchimpfungsrate und eine Übersterblichkeit von 72,9 pro 100.000 Einwohner. Durchwegs drastisch ist der Unterschied zwischen Delta- und Omikron-Variante. In Österreich lag die Übersterblichkeit durch Delta bei 65,4 Todesfällen je 100.000 Einwohner, während der Beobachtungszeit der Omikron-Welle nur bei 7,5 je 100.000 Einwohner.

Die Übersterblichkeit durch Covid-19 hing laut den US-Experten jedenfalls deutlich von den erzielten Durchimpfungsraten ab. Die Autoren der Studie berechneten, dass vergleichbare Durchimpfungsraten in den USA wie in den anderen Staaten zwischen rund 155.000 und 360.000 Covid-19-Todesfälle verhindert hätten. Bei der Gesamtmortalität hätte das zwischen rund 210.000 und 466.000 weniger Todesfälle bedeutet. (APA/red)

Immer weniger folgen Impf-Empfehlung

Immer weniger Menschen in Österreich halten sich an die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums (NIG) zur Corona-Impfung. Das zeigen vom Gesundheitsministerium online veröffentlichte Daten. Demnach ist nur noch knapp über die Hälfte gemäß Expertenempfehlung geimpft. Das sind 817.000 Menschen weniger als noch im Juli. Das Gesundheitsministerium will die entsprechende Statistik nun einstellen und nur noch die Anzahl der verabreichten Impfdosen veröffentlichen.

Seit Ende Juni veröffentlicht das Gesundheitsministerium online, wie viele Menschen den Experten-Empfehlungen bei der Corona-Impfung folgen. Damals waren 5,6 Millionen gemäß NIG-Empfehlung geimpft - das entspricht 62 Prozent der Bevölkerung. Allerdings ist die Zahl seither konstant gesunken: Aktuell folgen nur noch 4,8 Millionen dem Rat der Impfexperten (53 Prozent).

Besonders stark ist der Rückgang bei den älteren Jahrgängen. So ist die Durchimpfung der über 85-Jährigen von 84 auf 61 Prozent gesunken, bei den 75- bis 84-Jährigen von 86 auf 71. Insgesamt orientieren sich die über 65-jährigen Seniorinnen und Senioren noch am stärksten an den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums. Am höchsten ist die Durchimpfung mit 72 Prozent bei den 65- bis 74-Jährigen.

Das Impfgremium hat seine Empfehlungen zur Corona-Impfung zuletzt mehrmals erweitert. So empfehlen die Expertinnen und Experten seit Ende August die vierte Impfung ("Auffrischungsimpfung") ab zwölf statt erst ab 60 Jahren. Für die über 60-Jährigen wurde der Abstand zur Dritten Impfung auf vier Monate reduziert. Vor dem Sommer hatte die Auffrischungs-Empfehlung überhaupt nur für über 65-Jährige bzw. Risikogruppen gegolten.

Wie viele Menschen der NIG-Empfehlung in Summe folgen und wie viele nicht, wird allerdings nur noch bis Mitte Dezember öffentlich einsehbar sein. Das Gesundheitsministerium kündigte am Dienstag, 22.11., nämlich eine neuerliche Änderung der Corona-Statistik an: Demnach erfolgt die tägliche Veröffentlichung der Durchimpfungsrate laut NIG-Empfehlung nur noch bis 15. Dezember. Künftig wird nur noch gemeldet, wie viele Menschen die erste Impfserie abgeschlossen haben (1. und 2. Impfung) sowie wie viele darüber hinaus die 3. Impfung ("Grundimmunisierung") und eine "Auffrischungsimpfung" (4. oder mehr) erhalten haben.

Auf APA-Anfrage begründete das Ministerium die Änderung der Impfstatistik damit, dass die Empfehlungen des Impfgremiums sehr detailliert auf die individuellen Faktoren einzelner Bevölkerungsgruppen abzielten. Anstatt diesen Detailgrad in der Durchimpfungsrate darzustellen, konzentriere man sich nun auf die Impfintervalle. Außerdem wolle man einer "dynamischen Anpassung der Impfquoten" nach geänderten Impfempfehlungen entgegenwirken, sagte ein Ministeriumssprecher. (APA)