6. Apr. 2022Covid-19 Update 06.04.2022

Covid-19 greift auch die Leber an; Studie: “Hybride Immunität” bietet stärksten Schutz

+++ Gefahr für die Leber durch Covid-19 – Studie: vollständige Impfung plus Infektion schützen am besten – Guter Schutz bei Kindern nach zwei Corona-Teilimpfungen – Impfstoff aus Österreich könnte vor Omikron schützen – Studie: Schutz durch zweiten Booster lässt schnell nach – Lehner fordert von Ministerium EMS-Daten für Pandemiebekämpfung +++

Coronavirus Warnung
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Gefahr für die Leber durch Covid-19

Die Wissenschaft belegt immer mehr Organschädigungen im Rahmen von Covid-19-Erkrankungen mit potenziellen Langzeitfolgen. Wissenschafter der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) haben jetzt in einer international durchgeführten Studie gezeigt, dass SARS-CoV-2 auch direkt die Leber befällt und zu Entzündungs- und veränderten Stoffwechselprogrammen führt. Die Daten wurden in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Nature Metabolism" veröffentlicht (https://doi.org/10.1038/s42255-022-00552-6).

Nachdem die Hamburger Wissenschafter SARS-CoV-2 schon früher als Multiorganvirus beschrieben hatten, wiesen sie jetzt einen direkten Befall der Leber durch das SARS-CoV-2 nach. "Aufgefallen waren erhöhte Leberwerte bei Covid-19-Patienten schon vorher, und in der nun vorliegenden Studie konnte bei fast 60 Prozent der rund 1.200 in die Untersuchung eingeschlossenen Covid-19-Patienten erhöhte Leberwerte bei der Krankenhausaufnahme nachgewiesen werden", hieß es in einer Aussendung des Universitätsklinikums.

Nur bei wenigen Erkrankten waren zuvor Lebererkrankungen bekannt gewesen, was ein deutlicher Hinweis dafür sei, dass SARS-CoV-2, hinter den Befunden steckte. In einer zusätzlich durchgeführten Autopsie-Studie bei 45 an Covid-19 Verstorbenen konnte das Virus in zwei Drittel der Fälle in der Leber nachgewiesen werden, teilweise sogar als aktiver Erreger aus der Leber isoliert werden.

In hochauflösenden molekularen und bioinformatischen Analysen zeigte sich außerdem, dass eine SARS-CoV-2 Infektion die Zellprogramme in der Leber deutlich verändern kann, ähnlich wie zum Beispiel bei unterschiedlichen Formen einer Hepatitis. "Diese Ergebnisse unterstreichen erneut, wie vielfältig die potenziellen Schädigungsmechanismen bei Covid-19 sind. Es ist zu befürchten, dass wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vermehrt Covid-19-Folgeerkrankungen in Organen wie Leber und Nieren sehen werden", erläuterte Studienleiter Tobias Huber, Direktor der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik (Nephrologie, Rheumatologie, Endokrinologie) des UKE. An der Studie waren Wissenschafter von sieben Abteilungen der Hamburger Klinik und von Forschungsinstituten sowie zahlreiche Partnereinrichtungen aus Freiburg, Heidelberg und den USA beteiligt. (APA)

Studie: vollständige Impfung plus Infektion schützen am besten

Menschen, die sowohl vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind als auch infiziert waren, haben Studien zufolge den stärksten Schutz gegen das Coronavirus. Diese "hybride Immunität" sorge bis zu 20 Monate für einen hohen Schutz gegen eine erneute Infektion, heißt es in einer in der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet Infectious Diseases" veröffentlichten Studie (https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(22)00143-8/fulltext). Sie basiert auf Daten aus Schweden, bezieht sich allerdings noch nicht auf die Omikron-Variante.

Der 20-monatige "sehr gute Schutz" durch Impfung und Infektion sei "weitaus besser, als wir es für das ursprüngliche Zwei-Dosen-Impfschema erwarten würden", sagte Paul Hunter, Medizinprofessor an der University of East Anglia, der nicht an der Studie beteiligt war.

Bei einer weiteren in der Fachzeitschrift veröffentlichten Studie aus Brasilien stellten Forscher fest, dass Impfstoffe "nachweislich einen signifikanten zusätzlichen Schutz für Personen mit einer früheren Covid-19-Infektion bieten". Analysiert wurden die Gesundheitsdaten von mehr als 200.000 Menschen in den Jahren 2020 und 2021 in Brasilien, das die zweithöchste Covid-19-Todesrate der Welt aufweist.

Allerdings gab Hunter zu bedenken, dass beide Studien auf Datengrundlagen basierten, die vor dem Auftauchen der Omikron-Variante entnommen wurden. (APA/AFP)

Guter Schutz bei Kindern nach zwei Corona-Teilimpfungen

Die Covid-19-Impfung unter Verwendung der mRNA-Vakzine von Pfizer-BioNTech schützt Kinder und Jugendliche mit zwei Teilimpfungen gut. Das gilt auch für die Omikron-Variante. US-Wissenschafter haben das jetzt in einer von staatlichen Stellen unterstützten Studie mit Daten bis 17. Februar dieses Jahres - somit auch für die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 - belegen können, berichten sie im New England Journal of Medicine.

"BNT162b2 (Pfizer-BioNTech/mRNA-Vakzine; Anm.) verringerte das Risiko für Spitalsaufnahmen durch Omikron-Infektionen um zwei Drittel bei Kindern zwischen fünf und elf Jahren. Obwohl zwei Dosen bei Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren geringeren Schutz vor einer Spitalsaufnahme wegen Omikron im Vergleich zu SARS-CoV-2-Delta vermittelte, verhinderte die Impfung weiterhin kritische Krankheitsverläufe durch jede der beiden Virus-Varianten", schrieben jetzt Ashley Price und ihre Co-Autorinnen in der weltweit in Fachkreisen angesehensten medizinischen Fachzeitschrift (https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2202826).

Mit Unterstützung der nationalen Zentren für Krankheitskontrolle (CDC/Atlanta/Georgia) haben die Wissenschafter die Daten von 1.185 Kindern und Jugendlichen mit Covid-19-Erkrankung analysiert. 88 Prozent der Erkrankten hatten keine Impfung bekommen. Von den Erkrankten mussten 25 Prozent (291) auf Intensivstationen behandelt werden, 14 der Kinder und Jugendlichen starben. Als Vergleichsgruppe dienten 1.627 Gesunde mit Impfung. Die Studie wurde mit den Patienteninformationen aus 31 Krankenhäusern in 23 US-Bundesstaaten durchgeführt.

Während des Vorherrschens der Delta-Variante von SARS-CoV-2 (Anfang Juli 2021 bis 18. Dezember 2021) betrug die Schutzrate bei den Zwölf- bis 18-Jährigen vor Spitalsaufnahmen nach zwei Impfungen im Zeitraum von zwei bis 22 Wochen vorher 93 Prozent, in den Wochen 23 bis 44 schließlich 92 Prozent. In dieser Altersgruppe verringerte sich die Wirksamkeit bei der Verhütung von Spitalsaufnahmen schließlich unter Vorherrschen der Omikron-Variante (19. Dezember 2021 bis 17. Februar 2022) auf 40 Prozent. Zu 79 Prozent geschützt blieben die Jugendlichen aber vor lebensbedrohendem Krankheitsverlauf und zu 20 Prozent vor jeglicher Covid-19-Erkrankung. Besser war die Schutzrate vor Spitalsaufnahmen bei den Fünf- bis Elfjährigen durch die Omikron-Variante: Es kam im Vergleich zu Ungeimpften um 68 Prozent seltener zu Hospitalisierungen. (APA)

Impfstoff aus Österreich könnte vor Omikron schützen

Ein an der Medizinischen Universität Wien (MedUni) entwickelter Impfstoff gegen das Corona-Virus hat in präklinischen Daten gezeigt, dass er gegen alle bisher bekannten SARS-CoV-2-Varianten inklusive Omikron wirken kann, und zwar auch bei Menschen, die bisher keinen Impfschutz (Non-Responder) aufgebaut haben, hieß es in einer Aussendung am Dienstag, 5.4. Es handelt sich um eine Kombination aus Corona- und Hepatitis B-Impfstoff. Die Studie wurden im Magazin "Allergy" veröffentlicht (https://doi.org/10.1111/all.15305).

Der an der MedUni Wien unter Studienleitung von Rudolf Valenta vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie entwickelte Antigen-basierte Impfstoff zielt auf die Rezeptorbindungsdomänen (RBD) des SARS-CoV-2 Virus ab und regte im Tiermodell und im humanen Test eine robuste und einheitliche RBD-spezifische IgG-Antikörperreaktion an. Durch diese Antikörperreaktion wird das Andocken und Eindringen des Virus in die Körperzellen verhindert, sodass es zu keiner Infektion kommt.

Der SARS-CoV-2-Subunit-Impfstoff (PreS-RBD) basiert auf einem strukturell gefalteten künstlich hergestellten Protein, das aus zwei Rezeptorbindungsdomänen (RBD) des SARS-CoV-2 Virus und dem PreS Antigen aus Hepatitis B, die als immunologische Träger füreinander dienen und damit die Immunantwort verstärken. Derzeit verfügbare genetische SARS-CoV-2-Impfstoffe induzieren hauptsächlich vorübergehende IgG1-Antikörper Antworten, während der PreS-RBD-Impfstoff zusätzlich auch langlebige RBD-spezifische IgG4-Antikörper induzieren kann.

Die im Blut und Schleimhautsekreten nachgewiesenen PreS-RBD-spezifischen IgG-Antikörper reagierten mit SARS-CoV-2-Varianten, einschließlich der Omikron-Variante. Die durch Impfung mit PreS-RBD induzierten Antikörper hemmten die Bindung von RBD mit seinem menschlichen Rezeptor ACE2 stärker, und ihre virusneutralisierenden Titer waren höher als jene in einer Zufallsstichprobe von Personen, die vollständig mit zwei Teilimpfungen von derzeit registrierten Impfstoffen immunisiert worden waren, oder als jene von COVID-19-Rekonvaleszenten (d.h. ehemals an Covid-19 erkrankten Personen).

"Der PreS-RBD-Impfstoff hat das Potenzial, eine sterilisierende Immunität gegen alte und neue SARS-CoV-2 Varianten zu erzielen, indem er durch die Hemmung des zellulären Viruseintritts die Infektion verhindert, sodass es auch zu keiner Virusproduktion und Weitergabe mehr kommt", erklärte Valenta. Außerdem wird erwartet, dass der Impfstoff auch bei Menschen wirkt, die bisher nicht auf Impfungen angesprochen haben ("RBD non-responder"), da sie durch den PreS Anteil des Impfstoffes eine zusätzliche T-Zell-Hilfe bekommen. Eine frühere Studie von Valenta und seinen Kollegen hatte ergeben, dass circa 20 Prozent der von der COVID-19 Erkrankung Genesenen keine RBD-spezifischen Antikörper bilden konnten und somit einem ständigen Risiko der Re-Infektion ausgesetzt waren.

Die Entwicklung dieses österreichischen Corona-Impfstoffes wurde stark durch die jahrzehntelange Erfahrung in der Konstruktion von Allergieimpfstoffen inspiriert, hieß es in der Aussendung. Frühere Arbeiten über Allergieimpfstoffe und klinische Studien, die auch mit PreS-basierten Allergieimpfstoffen durchgeführt wurden, haben die Sicherheit der PreS-basierten Impfstoffes gezeigt, auch wenn sie wiederholt angewendet werden.

"Unsere Daten lassen hoffen, dass dieses leicht herstellbare Eiweiß-basierte Impfantigen gegen alle bisher bekannten SARS-CoV-2-Varianten inklusive Omikron wirken wird", sagte Studienleiter Valenta. "Der Impfstoff ist darauf ausgelegt, wiederholte Injektionen zum Aufbau einer nachhaltigen sterilisierenden Immunität möglich zu machen, könnte in allen Alters- und Risikogruppen zum Einsatz kommen und scheint den bisher erhältlichen Impfstoffen bezüglich der Induktion neutralisierender Antikörper überlegen zu sein." Wenn ausreichend finanzielle Mittel eingesetzt werden, könnten die ersten klinischen Studien, die für eine Zulassung nötig sind, noch in diesem Jahr durchgeführt werden, hieß es. (APA)

Studie: Schutz durch zweiten Booster lässt schnell nach

Eine vierte Dosis des Impfstoffs von BioNTech und Pfizer senkt zwar die Raten von Covid-19 bei älteren Menschen. Doch der Schutz vor einer Infektion scheint nur von kurzer Dauer zu sein, wie eine groß angelegte Studie in Israel ergab. Der Schutz durch die zweite Auffrischungsimpfung ließ demnach bereits nach vier Wochen nach, wie israelische Forscher in ihrer am Dienstag, 5.4., im renommierten "New England Journal of Medicine" veröffentlichten Untersuchung zeigten (https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2201570).

Der Schutz vor schweren Erkrankungen ließ indes in den sechs Wochen nach der Impfung nicht nach. Weitere Folgestudien seien jedoch erforderlich, um den längerfristigen Schutz zu bewerten, erklärten die Wissenschafter.

Die Studie an 1,3 Millionen Menschen im Alter von über 60 Jahren untersuchte Daten des israelischen Gesundheitsministeriums zwischen dem 10. Jänner und dem 2. März. Zu diesem Zeitpunkt war die hochansteckende Omikron-Variante vorherrschend. Eine weitere Studie aus Israel zeigte im vergangenen Monat, dass ältere Menschen, die eine zweite Auffrischungsimpfung des BioNTech-Impfstoffs erhielten, eine um 78 Prozent niedrigere Sterblichkeitsrate aufweisen als diejenigen, die nur einen Booster erhielten. Israel bietet seit Jänner eine zweite Auffrischungsimpfung an.

Die EU-Gesundheitsminister hatten die Europäische Kommission Ende März gebeten, eine Empfehlung für eine vierte Impfung für alle über 60-Jährigen zu prüfen. In den USA will die Arzneimittelbehörde FDA am Mittwoch über die Notwendigkeit zusätzlicher Auffrischungsimpfungen beraten. Dort war vor einer Woche eine zweite Auffrischungsimpfung für Menschen ab 50 Jahren mit den Impfstoffen von Biontech und Moderna genehmigt worden. (APA/Reuters)

Lehner fordert von Ministerium EMS-Daten für Pandemiebekämpfung

Die Sozialversicherungen fordern das Gesundheitsministerium auf, ihnen die Daten des Epidemiologischen Meldesystems (EMS) zur Verfügung zu stellen. Die EMS-Daten müssten an die Sozialversicherungen geliefert werden, damit sie dort mit dem Daten aus dem Impf-Dashboard verknüpft werden können, um wertvolle Erkenntnisse zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gewinnen zu können. Derzeit sei kein evidenzbasiertes Krisenmanagement möglich, kritisierte der Vorsitzende des Dachverbands der Sozialversicherungsträger Peter Lehner.

Das Epidemiologische Meldesystem (EMS) ist eine gemeinsame Datenbank aller Bezirksverwaltungsbehörden, aller Landessanitätsdirektionen, des Gesundheitsministeriums sowie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), in das sämtliche anzeigepflichtige Erkrankungen eingemeldet werden, woraus ein entsprechendes Register erstellt wird. Seit Mitte März 2021 werden auch anonymisierte Hospitalisierungsdaten von Patienten mit einer Haupt- oder Nebendiagnose Covid-19 zur Verfügung gestellt. Diese Daten beruhen auf den Abrechnungsdaten der Leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF).

Lehner beklagt, dass seit März 2020 keine Daten aus dem EMS mehr an die Sozialversicherungen geliefert wurden. Er verweist darauf, dass die bei den Sozialversicherungen liegenden Impfdaten von einem eigenen Personen-Identifikator pseudonymisiert werden. Die Genesenendaten des EMS könnten mit dem gleichen Pseudonym versehen und mit den Informationen zu den Verläufen erweitert werden. Dadurch könnten die Impfdaten und Genesungsdaten einer Person zusammengeführt und wichtige Informationen herausgezogen werden.

Mit einer solchen Verknüpfung der Daten wäre etwa die Sieben-Tage-Inzidenz nach Impfstatus möglich, eine Analyse der Daten von mehrfach Erkrankten oder valide Informationen zum Immunschutz und nicht nur zur Impfquote. Gewonnen werden könnten damit etwa auch Informationen zu Impfdurchbrüchen (bei welchem Impfstatus, bei welchem Impfstoff), zur Dauer und Wirksamkeit des Impfschutzes (Vergleich Impfstoffe/Impfstoffkombinationen) oder zur Wirkung der Impfung bei einzelnen Virusvarianten. Außerdem könnten Rückschlüsse auf Impfstoffe in Bezug auf Alters- und Personengruppen gezogen werden.

"Die Nutzung der Daten bringt wertvolle Erkenntnisse über die Pandemie. Sie dient direkt dem Schutz der Bevölkerung und ist Basis für ein effizientes und fundiertes Krisenmanagement. Die evidenzbasierte Information über die Wirksamkeit der Impfung würde jenes Vertrauen in die Impfung und in das Krisenmanagement schaffen, das es jetzt so dringend braucht, damit wir erfolgreich die Durchimpfungsrate erhöhen können", argumentiert der Chef des Dachverbandes. (APA)