Nierentransplant-Patienten bauen kaum Schutz auf; Mechanismus von Adenoviren entschlüsselt
+++ Kein ausreichender Impfschutz bei Nierentransplant-Patienten zu erreichen – Forscher entschlüsselten Mechanismus von Adenoviren – NIG empfahl Booster für Zwölf- bis 17-Jährige und Schwangere – Biontech/Pfizer will dritte Dosis bei Kleinkindern prüfen – WHO erteilt Impfstoff Covovax Notfallzulassung – Zu wenig Wissen über Omikron in Österreich – Immunologen: Impfstoff von Novavax für Booster gut geeignet – Experte Saurugg: Vorsorgen für den Krisenfall – Große Studie belegt Nutzen von Masken +++
Kein ausreichender Impfschutz bei Nierentransplant-Patienten zu erreichen
Patientinnen und Patienten, die nach einer Nierentransplantation dauerhaft immunsupprimierende Medikamente einnehmen müssen, zeigen selbst nach einer dreimaligen Impfung gegen SARS-CoV-2 keinen ausreichenden Impfschutz. Das belegt eine Studie der Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni/AKH Wien. Deshalb wurde nun eine neue Studie über die Wirksamkeit und Sicherheit eines humanen Antikörpercocktails gegen SARS-CoV-2 bei diesen Betroffenen gestartet.
Nach der Transplantation eines Organs wie Herz, Lunge oder Nieren müssen Patienten lebenslang immunsuppressiv wirkende Medikamente einnehmen. Diese verhindern eine Abstoßung des transplantierten Organs, schwächen aber auch das Ansprechen auf Impfungen ab, erläuterte die MedUni am Dienstag, 21.12., in einer Aussendung.
Die Studie zeige, dass selbst nach der dritten Impfung etwa 90 Prozent der Patienten nach einer Nierentransplantation keinen ausreichenden zellulären und humoralen Impfschutz gegen das Virus SARS-CoV-2 aufgebaut haben, unabhängig davon, ob ein mRNA- oder einem Vektorimpfstoff verabreicht wurde. Die Ergebnisse wurden im renommierten Journal "JAMA Internal Medicine" veröffentlicht (https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/2787200). (APA)
Forscher entschlüsselten Mechanismus von Adenoviren
Forscher der Universität Zürich haben entschlüsselt, wie Adenoviren die Zelle kapern und ihr Erbmaterial in den Zellkern schleusen können. Eine Schlüsselrolle spielt demnach ein "Stütz-Protein". Diesen Mechanismus machen sich einige Corona-Impfstoffe zunutze.
Bei den Corona-Impfstoffen von AstraZeneca, Johnson & Johnson oder auch bei dem russischen Impfstoff Sputnik V handelt es sich um Vektorimpfstoffe auf Basis von Adenoviren, also typischen Erkältungsviren. Um eine Immunreaktion auszulösen, wird der Bauplan des Spike-Proteins des Coronavirus in DNA übersetzt und in das Erbgut der Adenoviren eingefügt.
Der Clou: Das Gen-Taxi dringt in die Zellen ein und bringt diese dazu, das Spike-Protein herzustellen. So kann das Immunsystem lernen, sich gegen ein "scharfes" Coronavirus zu wappnen.
Doch wie schaffen es Adenoviren, die Hülle des Zellkerns zu durchdringen, ohne dass das körpereigene Abwehrsystem zuvor Alarm schlägt? Die Antwort liefert nun eine im Fachmagazin "Science Advances" erschienene Studie unter der Leitung von Urs Greber, Professor am Institut für Molekulare Biologie der Universität Zürich (https://doi.org/10.1126/sciadv.abl7150).
Vereinfacht gesagt, besitzt das Virus eine schützende Hülle, die es ummantelt, bis es an die Eintrittspforte des Zellkerns gelangt. Dort streift es die Schutzhülle ab und die DNA wird in den Zellkern befördert. Im Falle der Corona-Impfstoffe springt dann die Zellmaschinerie an, um das für die Immunreaktion benötigte Spike-Protein herzustellen.
"Eine Schlüsselfunktion hat das virale Protein V", wurde Greber in einer Mitteilung der Universität Zürich zitiert. Denn dieses Protein verbindet die Viren-DNA mit der Schutzhülle und stabilisiert so diesen Komplex. Vor dem Eintritt in den Zellkern aktiviert das Protein V ein bestimmtes Enzym, das die Zerstörung der Schutzhülle einleitet, und so kann sich die "nackte" DNA durch die Poren der Zellkernhülle zwängen.
In Versuchen mit menschlichen Zellen zeigten die Forscher, dass dieser ausgeklügelte Prozess zum Erliegen kommt, wenn sie entweder das Enzym inaktivierten oder das Protein V genetisch veränderten. "Unsere Ergebnisse eröffnen nicht nur die Entwicklung neuer antiviraler Strategien, sondern auch die Verbesserung von Methoden, um Gene in kranke, genetisch defekte Zellen einzuführen", schloss Greber. (APA/sda)
NIG empfahl Booster für Zwölf- bis 17-Jährige und Schwangere
Das Nationale Impfgremium (NIG) hat am Freitag, 17.12., die Booster-Impfung gegen Covid-19 auch für Zwölf- bis 17-Jährige und Schwangere freigegeben. "Aufgrund der aktuellen Situation" werde eine Drittimpfung bei Personen zwischen zwölf und 17 Jahren ab dem sechsten Monat nach der Zweitimpfung empfohlen, heißt es in der aktualisierten Anwendungsempfehlung (http://go.apa.at/xOjE7m58). Die rasche Ausbreitung der Omikron-Mutation könnte in den kommenden Wochen jedoch zu einer Verkürzung auf vier Monate führen.
Hierzu finden laufend Bewertungen der aktuellen Lage statt, betonten die Experten des NIG. Erste und nur sehr begrenzte Daten zur Wirksamkeit der Schutzimpfung gegen Omikron "weisen darauf hin, dass die Schutzwirkung durch die verfügbaren Impfstoffe reduziert sein dürfte, die Effektivität hinsichtlich der Vermeidung von Hospitalisierung, schweren Verläufen und Todesfällen dürfte nach dreimaliger Impfung jedoch noch gegeben sein", heißt es allgemein zur neu aufgetretenen Virusvariante.
Bezüglich einer dritten Impfung bei Kindern von fünf bis elf Jahren gibt es derzeit keine ausreichenden Daten, sodass noch keine Empfehlung abgegeben werde, hielt das NIG fest. Anders ist die Einschätzung der Mediziner für Schwangere. Schwangerschaft wurde in der Anwendungsempfehlung unter die Risiken für einen schweren Verlauf von Covid-19 aufgenommen. Sollte eine Drittimpfung gemäß den Empfehlungen in die Zeit einer Schwangerschaft fallen, wird nun die Durchführung ab dem zweiten Trimenon empfohlen, dabei soll wie für alle Covid-19-Impfungen in der Schwangerschaft Comirnaty (Biontech/Pfizer) eingesetzt werden.
Die Drittimpfungen für unter 18-Jährige und Schwangere erfolgen jeweils off-label, also ohne offizielle Zulassung der Wirkstoffe für diese Personengruppen, betont das NIG. Die Mediziner des Gremiums raten nun außerdem grundsätzlich nach Covid-Schutzimpfungen zu drei Tagen körperlicher Schonung sowie Sportkarenz für eine Woche. Bei Atemnot oder Brustschmerzen sollte ärztliche Hilfe aufgesucht werden.
Bei einer Infektion nach zwei Impfungen wird eine dritte Impfung kurz vor Ende von 180 Tagen nach Genesung bzw. sechs bis neun Monate nach der zweiten Impfung vorgegeben. Der Zeitpunkt der Drittimpfung für derart Genesene wird dabei "zum längst möglichen Intervall empfohlen", wurde neu präzisiert. (APA)
Biontech/Pfizer will dritte Dosis bei Kleinkindern prüfen
Biontech/Pfizer will die laufenden klinischen Studien zum Corona-Impfstoff für Kinder von sechs Monaten bis vier Jahren um eine dritte Dosis ausweiten. Es werde nun eine dritte Dosis mituntersucht, die frühestens zwei Monate nach der zweiten verabreicht werde, teilten die Unternehmen am Freitag mit. Damit dürften sich die bisher noch für dieses oder Anfang nächstes Jahr erwarteten Ergebnisse verzögern, die Unternehmen gehen nun von der "ersten Jahreshälfte 2022" aus.
Die Entscheidung sei gefallen, weil erste Daten zeigten, dass Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren nicht genauso gut auf die Impfung ansprachen wie Jugendliche und Erwachsene ab 16 Jahren und wie Kinder zwischen sechs und 24 Monaten. Sicherheitsbedenken seien keine festgestellt worden, hieß es. An der Studie nehmen den Unternehmen zufolge rund 4.500 Kinder zwischen sechs Monaten und elf Jahren aus mehreren Ländern teil.
Für Kinder ab fünf Jahren ist der Impfstoff unter anderem in den USA und in der EU inzwischen zugelassen. Auch für Kinder im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren wollen Biontech und Pfizer nun noch eine dritte Impfdosis untersuchen. (APA/dpa)
WHO erteilt Impfstoff Covovax Notfallzulassung
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dem in Indien hergestellten Corona-Impfstoff Covovax eine Notfallzulassung erteilt. Das vom Serum Institute of India (SII) mit einer Lizenz des US-Unternehmens Novavax produzierte Vakzin werde im Zuge der Covax-Initiative an ärmere Länder verteilt, teilte die WHO am Freitag, 17.12., mit. Covovax verleihe den "Bemühungen, mehr Menschen in einkommensschwachen Ländern zu impfen, einen dringend benötigten Auftrieb".
In 41 einkommensschwachen Staaten seien noch immer nicht zehn Prozent der Bevölkerung geimpft, sagte Mariangela Simao, die bei der WHO für den Zugang zu Impfstoffen zuständig ist. In 98 Ländern liege die Impfquote unter 40 Prozent. Der Impfstoff Covovax muss bei Temperaturen von zwei bis acht Grad gelagert und in zwei Dosen verabreicht werden. (APA/AFP)
Zu wenig Wissen über Omikron in Österreich
Beim Testen gehört Österreich zu den Spitzenreitern, nicht aber, was den Umgang mit Corona-Varianten und Sequenzierungen betrifft. Dies erfolgt hierzulande viel zu langsam und nur im Rückblick, sagte der Genetiker Ulrich Elling am Dienstag, 21.12., im "Ö1-Morgenjournal". Die vorliegenden Informationen sind "weit zu lückenhaft, um einschätzen zu können, wie hoch die Dunkelziffer in Wien ist. Für viele andere Regionen wissen wir einfach nur, dass wir nichts wissen", kritisierte er.
Allein über das Wochenende sind in Salzburg und Innsbruck dutzende Flieger mit Touristen aus Großbritannien gelandet, wo die ansteckendere Omikron-Variante bereits dominant ist. Einen negativen PCR-Test müssen die Urlauber jedoch erst seit Montag, 20.12., vorweisen. Elling schätzt, dass bereits rund 5.000 Personen aus Großbritannien eingereist sind. Pro Tag werden somit "15 Fälle importiert", die dann direkt in die Skigebiete weiterreisen, sagte der Experte.
In Dänemark beispielsweise wird jede positive Corona-Probe innerhalb weniger Tage sequenziert, erläuterte Elling. Das Team des Wissenschafters und jenes von Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) führt hierzulande Sequenzierungen durch. Die Experten bekommen aber nur sporadisch Proben, und diese sind "typischerweise mehrere Wochen alt", kritisierte der Forscher vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der ÖAW.
"Wir blicken in den Rückspiegel, und zwar ziemlich weit zurück, während wir Vollgas vorausfahren", konstatierte Elling. Außerdem gibt es in Österreich mehrere Bundesländer, die überhaupt keine Virusvarianten-Vortests durchführen. Einmal mehr ist Wien diesbezüglich Vorreiter. In der Bundeshauptstadt werden alle positiven PCR-Proben auf Virusvarianten vorgetestet, berichtete der Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ), Mario Dujakovic. In Wien wurden somit auch die bisher meisten Omikron-Fälle bestätigt: 193 der 297 Nachweise der neuen Variante gab es bis Sonntag in der Bundeshauptstadt.
Elling erhofft sich jedenfalls von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), dass es möglichst rasch ein "strukturiertes Logistiksystem für Stichprobensequenzierungen" gibt. Außerdem müssen die Wissenschafter die Daten verschränken können, um die Situation einschätzten zu können. Dazu gehört die Verbindung positiver Fälle mit Alter, Impfstatus und Informationen über die Schwere des Verlaufs.
Laut AGES hätten mehrere Bundesländer bereits angekündigt – nunmehr 666 Tage nach den ersten positiven Fällen in Österreich – Virusvarianten-Vortests zu starten. Hierfür seien aber spezielle Testkits und Reagenzien erforderlich und somit sei es eine Frage der Zeit, bis dies anlaufen werde. Elling rechnet jedenfalls damit, dass bereits ab dem Jahreswechsel Omikron und somit auch die Corona-Neuinfektionszahlen sprunghaft ansteigen könnten. (APA)
Immunologen: Impfstoff von Novavax für Booster gut geeignet
Nach Ansicht von Immunologen eignet sich der neu in der EU zugelassene Impfstoff des US-Herstellers Novavax auch für Booster-Impfungen. "Alles was bisher bekannt ist, deutet darauf hin, dass Novavax wahrscheinlich ein sehr guter Impfstoff ist", sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagausgabe).
"Bei den Booster-Impfungen ist Novavax laut einer britischen Studie nicht ganz so effektiv wie die mRNA-Impfstoffe, aber deutlich besser als Vektorimpfstoffe", sagte der Dortmunder Immunologie-Professor.
Dies unterscheide das Vakzin von Novavax von dem Totimpfstoff-Zulassungskandidaten Valneva. "Bei Booster-Impfungen sah man, dass mRNA-Impfstoffe den Antikörperschutz zwanzig- bis dreißigfach verbesserten, Valneva aber nur zweifach", sagte Watzl der Zeitung.
Das Präparat von Novavax müsse nun auch an die Omikron-Variante und ihr verändertes Spike-Protein angepasst werden, sagte Watzl. "Die Entwicklung einer neuen Zelllinie wird für den Hersteller etwas aufwendiger sein, als es für die Produzenten der mRNA-Impfstoffe sein wird, ihr Ausgangsprodukt umzustellen."
Generell hat der Novavax-Impfstoff dem Immunologe zufolge fast ein ähnliches Potenzial wie die Vakzine der Hersteller Biontech und Pfizer oder Moderna: "Novavax hat in den amerikanischen Zulassungsstudien einen 90- prozentigen Impfschutz gegen die Alpha-Variante gezeigt und kommt damit sehr nah an die mRNA-Impfstoffe heran", sagte Watzl. Der größte Vorteil sei, dass der Impfstoff von Novavax nur im Kühlschrank und nicht im Tiefkühler gelagert werden müsse.
Der proteinbasierte Impfstoff Nuvaxovid hatte nach einer entsprechenden Empfehlung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) am Montag eine bedingte Marktzulassung durch die EU-Kommission erhalten. Die Zustimmung der Kommission galt als reine Formsache, nachdem die EMA grünes Licht für das Vakzin für Menschen ab 18 Jahren gegeben hatte.
Mit dem Novavax-Impfstoff steht in den EU nun erstmals ein proteinbasierter Corona-Impfstoff zur Verfügung - eine seit Langem bekannte und genutzte Methode. Daher könnte der Impfstoff auch für Menschen interessant sein, die Vorbehalte gegen die neuartigen Technologien der mRNA- und Vektorimpfstoffe haben. (APA/AFP)
Experte Saurugg: Vorsorgen für den Krisenfall
Der Expertenrat der deutschen Bundesregierung hat am Sonntag, 19.12., vor massiven Versorgungsproblemen durch die Ausbreitung von Omikron gewarnt. Durch die zeitgleiche Erkrankung vieler Menschen und/oder Quarantäne könnte es zu massiven Problemen auch in den kritischen Infrastrukturen (Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung und die entsprechende Logistik) und somit bei der Grundversorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen kommen. Es wird daher umgehend zu entsprechenden Vorbereitungen und zu einer hinreichenden Vorratshaltung von Material und Medikamenten aufgerufen.
Eine mögliche Eskalation dürfte auch vor Österreich nicht haltmachen. Darauf weist Herbert Saurugg, MSc, Internationaler Blackout- und Krisenvorsorge-Experte und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (www.gfkv.at) in seinem Newsletter vom 20.12. (https://www.saurugg.net/2021/blog/newsletter/gfkv-newsletter-07) hin. Neben der Ausbreitung der Omikron-Variante könnten Verwerfungen auf dem Strommarkt (starker Preisanstieg, Abschlatung von Atomkraftwerken in Deutschland und Frankreich), enorme Preissteigerungen bei Erdgas, unterdurchschnittlich gefüllte Gasspeicher sowie eine massive IT-Sicherheitslücke (mit Warnstufe Rot) zu Versorgungsproblemen führen.
Leider wurde das Thema Vorsorge bisher viel zu wenig ernst genommen, wie Saurugg aus seiner täglichen Praxis beim Thema Blackout-Vorsorge mehr als zur Genüge weiß. Es sollte daher jeder Einzelne Vorsorge treffen, die eigene Grundversorgung für zumindest 14 Tage sicherstellen zu können, um im Ernstfall nicht hinausgehen zu müssen bzw. erwartbare Versorgungsengpässe überbrücken zu können. (Saurugg/red)
Große Studie belegt Nutzen von Masken
Wissenschaftler haben in einer groß angelegten Studie erneut gezeigt, dass das Tragen einer medizinischen Maske dazu beiträgt, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Jason Abaluck, einer der Autoren und Wirtschaftswissenschaftler an der Yale Universität, sagte, dass „dadurch jegliche wissenschaftliche Debatte über die Effektivität von Masken in der Bekämpfung gegen Covid beendet sein sollte“.
An der Studie, die Anfang Dezember in „Science“ veröffentlicht wurde (https://www.science.org/doi/10.1126/science.abi9069), nahmen zwischen November 2020 und April 2021 mehr als 342.000 Erwachsene aus 600 Dörfern in Bangladesch teil. Etwa 178.000 Menschen wurden der sogenannten „Interventionsgruppe“ zugeteilt, die kostenlose Masken erhielt sowie wichtige Informationen über das Tragen einer Maske und deren Bedeutung. Außerdem wurden dieser Gruppe in der Gesellschaft hoch angesehene Menschen als Vorbilder präsentiert; so wurden sie etwas von Imamen während des Freitagsgebets über die Bedeutung des Maskentragens aufgeklärt. Darüber hinaus erhielten die Probanden der Interventionsgruppe acht Wochen lang regelmäßige Aufforderungen zum Tragen der Maske. Die Kontrollgruppe, der ungefähr 164.000 Menschen angehörten, erhielt all das nicht.
Das Forscherteam schickte zudem Beobachter in die an der Studie beteiligten Dörfer. Diese überwachten, wie viele Menschen eine Maske in Moscheen, auf Märkten und an großen Straßen trugen und ob die Menschen ausreichend Abstand zueinander hielten. Fünf und neun Wochen nach dem Beginn der Studie wurden Teilnehmer auf typische Symptome untersucht. Etwa zehn und zwölf Wochen nach dem Beginn wurden den Menschen, die Symptome aufwiesen, Blutproben abgenommen, um diese auf Antikörper zu untersuchen.
Die Aufklärungsarbeit war den Untersuchungen zufolge recht erfolgreich. So trugen in der Interventionsgruppe 42,3 Prozent der Menschen eine Maske, in der Kontrollgruppe lag dieser Anteil bei nur 13,3 Prozent. Höher war auch der Anteil der Menschen, die Abstand zueinander hielten: 29,2 Prozent in der Interventionsgruppe, während in der Kontrollgruppe der Anteil bei 24,1 Prozent lag. Nach etwa fünf Monaten ließ der Effekt der Interventionen nach, allerdings blieb der Anteil der Maskenträger in der Interventionsgruppe um 10 Prozent höher als in der Kontrollgruppe.
Insgesamt wurden etwa 11.000 symptomatischen Teilnehmern aus beiden Gruppen Blutproben entnommen. Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass die Interventionen dazu beitrugen, symptomatische Verläufe um 9,3 Prozent zu verringern. Die Autoren betonen: „Unsere Ergebnisse sollten nicht so verstanden werden, dass Masken nur zehn Prozent der Covid-19-Fälle verhindern können.“ Das liege daran, dass die Interventionen nur dazu beigetragen hätten, dass 29 Prozent mehr Teilnehmer dadurch Masken trugen. „Die Gesamtwirkung einer nahezu flächendeckenden Maskierung – die vielleicht mit alternativen Strategien oder einer strengeren Durchsetzung erreicht werden kann – könnte um ein Vielfaches größer sein als die von uns geschätzten zehn Prozent“, prognostizierten die Forscher.
Im Rahmen der Studie wurden medizinische Masken und Masken aus Stoff verteilt. In den Dörfern, in denen medizinische Masken getragen wurden, war das Risiko für symptomatische Verläufe bei einer Infektion um 11,2 Prozent niedriger als in der Kontrollgruppe. Noch signifikanter war der Unterschied bei älteren Menschen: Diejenigen, die über 60 Jahre alt waren und medizinische Masken erhielten und der Interventionsgruppe angehörten, zeigten 34,7 Prozent weniger symptomatische Verläufe als die Kontrollgruppe. Die Stoffmasken hingegen zeigten keine Wirkung im Hinblick auf einen symptomatischen Verlauf im Vergleich der beiden Gruppen.
Obwohl diese Studie die bislang am größten angelegte Untersuchung zum Tragen einer Maske ist, hat sie Limitationen. Die Autoren schrieben, dass die Beobachter durch die Art, wie sie ihre Maske trugen und sich körperlich auf Abstand hielten, von den Testpersonen eventuell identifiziert wurden. Die Teilnehmer könnten dann ihr Verhalten geändert haben. Außerdem kann die Studie nicht erklären, ob das Tragen einer Maske dazu führte, dass die Verläufe nach einer Infektion weniger oft symptomatisch waren, weil die Personen einer geringeren Menge Viren ausgesetzt waren oder ob die Masken neue Infektionen komplett verhinderten. (rnd.de/red)