4. Juli 2024Im Gespräch

Pläne für die Zukunft: Von Bauvorhaben bis Versorgungssicherheit

Mit 1. April startete Univ.-Doz. Dr. Hans-Jürgen Gallowitsch sein neues Amt als medizinischer Direktor des Klinikums Klagenfurt. Das Klinikum Klagenfurt setzt damit auf ein bekanntes Gesicht – schließlich kennt Gallowitsch das Haus schon seit mehr als 30 Jahren.

CliniCum onko: Eines der großen Projekte, die Sie geerbt haben, ist der Um- und Zubau am Klinikum Klagenfurt. Wie ist hier der aktuelle Status?

Hans-Jürgen Gallowitsch: Bei uns laufen aktuell zwei Bauprojekte: Beim Zubau für den „fünften Finger“ – das sogenannte „Kopfzentrum“ –, in den die Kopfabteilungen Hals-Nasen-Ohren, Mund-Kiefer-Gesichtschirugie und die Augenabteilung sowie die Physiotherapie verlagert werden sollen, ist das Vergabeverfahren in der Endphase. Beim zweiten Projekt geht es um die Fusion der AUVA mit der Unfallchirurgie und der Orthopädie des Klinikums Klagenfurt. Hier soll anstelle des Gebäudes der ehemaligen Chirurgie ein gemeinsames Trauma-Orthopädie-Zentrum errichtet werden.

Gibt es schon einen Zeitplan für die Fertigstellung?

Natürlich brauchen diese Projekte eine gewisse Zeit, bis das Ganze in Gang kommt. Aber der Aufsichtsrat und die Politik haben die Projekte abgesegnet, jetzt geht es an die Realisierung. Wir sprechen für beide Projekte von einem Zeithorizont bis etwa 2030.

Das ist noch eine lange Zeit, aber das heißt, Sie können da auch viel mitgestalten?

Ja, soweit es in meinem Einflussbereich liegt. Ich bin noch relativ neu in dem ganzen Projekt. Aber ich wachse zunehmend hinein.

Luftaufnahme Klinikum Klagenfurt
KABEG

Luftaufnahme Klinikum Klagenfurt

Ebenfalls ein Großprojekt war der Aufbau eines CCC, eines Comprehensive Cancer Centers. Wie läuft das?

Wir sind bereits als onkologisches Zentrum im Rahmen der Deutschen Krebsgesellschaft (Onkozert) zertifiziert und schon wiederholt rezertifiziert. Da sind praktisch alle onkologisch tätigen Abteilungen involviert. Das funktioniert auch gut.

Sie möchten auch die Kooperationen mit der Med Uni Graz und der Uni Klagenfurt vertiefen. Was heißt das konkret?

Die Kooperation mit der Med Uni Graz ist schon ein länger bestehendes Projekt. Für uns wäre es natürlich wünschenswert, dass diese Kooperation weiter ausgebaut wird, um den Standort Klagenfurt weiter aufzuwerten. Es gibt einige Teilprojekte, wo dies ganz gut funktioniert. Wir sind etwa Lehrkrankenhaus für die Med Uni Graz, einzelne Fachabteilungen haben bereits Kooperationen, und wir bieten schon jetzt für die Med Uni Graz spezielle Studienmodule an – meist in den Sommermonaten. Unsere Vision ist, in Klagenfurt einen Standort der Med Uni Graz, vielleicht sogar einen Campus, zu generieren.

Also eine Art Expositur der Med Uni Graz? Sind damit die Pläne einer eigenen medizinischen Universität in Kärnten endgültig ad acta gelegt?

Ja, eine eigene Universität Klagenfurt wird nicht mehr angedacht. Wir haben gesehen, wie schwierig dies an anderen Orten sein kann, wenn man nicht direkt die Anbindung an ein Universitätsklinikum hat. Ich denke, es ist sinnvoller, vorhandene Strukturen zu nutzen. Die Med Uni Graz ist ja sehr nah zu Klagenfurt gelegen und rückt jetzt noch näher, auch durch den Koralmtunnel; da ist die Entfernung durchaus eine sehr, sehr geringe.

Welche Rolle spielt die zunehmende Digitalisierung beim Anschluss des Klinikums Klagenfurt an Unikliniken?

Die Digitalisierung ist natürlich auch bei uns ein Thema. Wir sind in diesem Bereich schon sehr weit fortgeschritten, etwa bei Tumorboards oder bei der bildgebenden Diagnostik. Weiter zunehmen wird meiner Meinung auch der Einfluss der künstlichen Intelligenz, vor allem in Bereichen wie der Bildgebung bis hin zur Pathologie und Diagnostik.

Die Digitalisierung spielt auf jeden Fall eine große Rolle, damit wir den Anforderungen an ein modernes Krankenhaus und in weiterer Folge auch an eine Außenstelle einer medizinischen Universität gerecht werden. Wir sind bereits ein Schwerpunktkrankenhaus mit erweitertem Leistungsspektrum, teilweise mit zentraler Funktion. Für ein Zentralspital fehlt uns nur der Bereich der allogenen Stammzelltransplantation. Die Kooperation mit einer medizinischen Universität würde das Klinikum Klagenfurt auf jeden Fall bereichern und weiter aufwerten.

Ein Anspruch an medizinische Universitäten ist das Angebot von Forschung und Lehre. Welche Aufgaben könnten Sie hier übernehmen oder tun dies bereits?

Im Rahmen unseres Comprehensive Cancer Centers (CCC) werden schon sehr viele klinische Studien betrieben. Es ist auch ein Erfordernis für die Zertifizierung, dass wir einen gewissen Prozentsatz von Patient:innen in klinische Studien einbringen. Wir haben auch ein Koordinationszentrum für klinische Studien, welches sehr professionell arbeitet in der Vorbereitung und Steuerung dieser klinischen Studien. Also diesbezüglich, glaube ich, sind wir schon relativ fit.

Was die universitäre Lehrtätigkeit anbelangt, haben wir vor einigen Jahren begonnen, Studienmodule anzubieten und auch praktische Skills zu vermitteln. Ganz aktuell wird es beispielsweise heuer im Sommer ein Modul zum Thema „Das verletzte Kind“ und „Der vaskuläre Patient im interdisziplinären Kontext“ sowie im Jahr 2025 zum Thema „Künstliche Intelligenz“ und „Robotik“ geben. Das ist natürlich auch ein Instrument, um attraktiver für junge Kolleg:innen zu werden.

Wie stark spüren Sie den Personalmangel?

Einzelne Fächer, allen voran die plastische Chirurgie und die Dermatologie, sind sehr begehrt. Hier gibt es auch Wartezeiten für Ausbildungsplätze. Andere Fächer wiederum kämpfen um Nachwuchs. Besonders dramatisch sind die Engpässe im Bereich der Pathologie. Das Hauptproblem ist, dass die Studierenden wenig direkte Berührungspunkte mit diesen Fächern haben. Wir versuchen hier gegenzusteuern und Schwerpunkte in der Ausbildung zu setzen.

Wie attraktiv ist das Klinikum im Bereich der Onkologie?

Hier verfügen wir als einziges onkologisches Zentrum in Kärnten über eine große Expertise im Haus. Aber natürlich müssen wir daran arbeiten, dass Kolleg:innen nachkommen, damit Kontinuität gegeben ist. Denn wir haben – wie alle anderen Abteilungen in Österreich – in den nächsten Jahren mit Pensionierungen zu rechnen. Damit wir keine Expertise und Erfahrung verlieren, müssen wir den Nachwuchs fördern. Das ist, glaube ich, ganz ein heißes Thema.

Wie kann man junge Menschen für dieses Fach begeistern?

Ich denke, die Onkologie ist ein Fach, wo man trotz aller Herausforderungen sehr viel Empathie einbringen kann und wo auch viel von den Patient:innen zurückkommt. Was auch für die Onkologie spricht, ist der Zugang zu klinischen Studien. In kaum einem anderen Fach kann man in einem solchen Ausmaß in der Evidenzgenerierung dabei sein. Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, dass zunehmend Therapieoptionen zur Verfügung stehen, die die Prognose mancher Krebserkrankungen drastisch verbessern können. Diese Möglichkeiten machen die Onkologie für junge Mediziner:innen sicher attraktiv.

Kommen wir zu den Patient:innen, wie sieht es auf der anderen Seite mit der Versorgungsqualität aus?

Auch wir mussten aufgrund des Pflegemangels Betten sperren. Es sind zwar in letzter Zeit sukzessive wieder Betten freigegeben und geöffnet worden. Wir sind aber noch nicht am selben Stand wie zuvor. Das Problem ist, dass wir gerade im diplomierten Pflegebereich nach wie vor einen Mangel haben.

Und wie sieht es mit Wartezeiten auf CTs aus?

Auch hier hat sich die Situation in der Radiologie mit dem neuen Abteilungsvorstand sowie aufgrund diverser Nachbesetzungen mittlerweile gebessert. Wartezeiten sind natürlich immer ein Thema und lassen sich zum Teil nicht vermeiden, wenn ein Krankenhaus eine Monopolstellung in gewissen Fachdisziplinen hat.

Es ist eine Tatsache, dass die Patient:innen nicht weniger, sondern mehr werden. Was planen Sie, um Patientenströme zielgerichteter zu lenken?

Der Zugang zum Klinikum ist aktuell ein relativ leichter für die Patient:innen – wir behandeln alle, die zu uns kommen. Hier wird man sich überlegen müssen, dass man den niedergelassenen Bereich im Rahmen des Versorgungsauftrages stärker in die Pflicht nimmt, damit nicht jede:r Patient:in sofort ins Klinikum rennt. Auch von den Primärversorgungszentren, die geplant sind, erwarten wir einen gewissen Puffer und einen Lenkungseffekt, damit künftig nur die Menschen zu uns ins Klinikum kommen, die eine spezifische Diagnostik und Therapie brauchen. Ich glaube, dass viele unserer Leistungen im niedergelassenen Bereich oder in solchen Primärversorgungseinheiten angeboten werden können. Damit könnte auch das Klinikum als zentrale Anlaufstelle deutlich entlastet werden.

Und welche Möglichkeiten haben Sie intern im Klinikum?

Wir arbeiten an Konzepten, wie wir diese Megaambulanzen entsprechend restrukturieren und definieren. Die Frage ist, was wirklich unsere Kernaufgabe im Klinikum ist und was nicht. Es geht darum, die Überlastung zu reduzieren und die Arbeitslast zu verteilen.

Gilt die angesprochene Auslagerung an den niedergelassenen Bereich auch für die Onkologie?

Im onkologischen Bereich ist das eher schwieriger umzusetzen als in anderen Fachdisziplinen. Gerade in der Onkologie, wo wir das einzige onkologische Zentrum in Kärnten sind, haben wir die Verantwortung und auch die Aufgabe, diese Patient:innen zu betreuen. Gewisse Leistungen, Therapien und auch diagnostische Maßnahmen finden zentral bei uns im Krebszentrum statt. Dies auszulagern ist eher schwierig.

Anders sieht es bei der Nachsorge aus. Wir haben in Kärnten auch vier onkologische Rehazentren – zwei ambulante in Klagenfurt, ein stationäres in Althofen und eines in Wolfsberg. Hier lernen die Patient:innen dann im Anschluss an die Therapie, mit ihrer Erkrankung umzugehen. Das funktioniert bereits seit einigen Jahren gut.

KABEG/Helge Bauer
KABEG Bauer

Über Univ.-Doz. Dr. Hans-Jürgen Gallowitsch

Univ.-Doz. Dr. Hans-Jürgen Gallowitsch studierte an der
Medizinischen Universität Graz und ist seit 1992, seit dem Start seiner Facharztausbildung für Nuklearmedizin, am Klinikum Klagenfurt tätig. 1997 wurde Gallowitsch zum Ersten Oberarzt an der Abteilung für Nuklearmedizin und Endokrinologie ernannt, 2009 und 2010 wirkte er dort auch als supplierender Leiter. Daneben engagiert sich Gallowitsch in der Österrei­chischen Gesellschaft für Nuklearmedizin und Molekulare Bildgebung, deren Präsident er von 2021 bis 2024 war. Von 2011 bis 2019 war Gallowitsch zusätzlich Vorsitzender der Ethikkommission des Landes Kärnten.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum onko