Darmkrebsvorsorge – Schutzwirkung bislang unterschätzt
Der protektive Effekt des Darmkrebs-Screenings wurde in einer rezenten Studie auf rund 18% geschätzt.1 Drei Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) sehen das jedoch anders. Laut ihnen wurde die Schutzwirkung des Screenings mittel Koloskopie deutlich unterschätzt und ist somit um einiges größer als in der Studie präsentiert.2
Die NordICC-Studie ist die bislang erste randomisierte Studie, die zur Wirksamkeit von Vorsorge-Darmspiegelungen veröffentlicht wurde.1 Die Ergebnisse der Studie zeigten eine moderate Reduktion der Darmkrebsfälle um nur 18%. Wissenschaftler des DKFZ haben bereits mehrfach auf Schwachstellen im Design der Studie, bei der Auswertung und der Interpretation der Daten hingewiesen.
„Krebs, der sich bereits entwickelt hat, kann man nicht mehr vorbeugen“
Ein bedeutender Faktor, der dazu beiträgt, die Schutzwirkung zu unterschätzen, sind Darmkrebsfälle, die bereits zum Zeitpunkt des Studieneintritts der Probandinnen und Probanden vorhanden waren, jedoch noch keine klinischen Symptome zeigten. In die Risikoberechnungen der NordICC-Studie wurde jedoch eine beträchtliche Anzahl von Darmkrebsfällen, die bereits zum Zeitpunkt des Studieneintritts vorhanden waren, einbezogen. Dieses Phänomen wird als „Prävalenz-Verzerrung“ bezeichnet.
- Bretthauer M et al.: Effect of Colonoscopy Screening on Risks of Colorectal Cancer and Related Death. N Engl J Med 2022; doi:10.1056/NEJMoa2208375.
- Heisser T et al.: Significant underestimation of preventive effects in colorectal cancer screening trial. Gut 2024; 73(3):556–558. doi: 10.1136/gutjnl-2022-329165