8. Feb. 2023Marberger Symposium

Therapie des Nierenzellkarzinoms: der Stand der Dinge

Der Einsatz von Immuntherapien ist beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom mittlerweile Standard und hat zu einer signifikanten Verbesserung sowohl des Gesamtüberlebens als auch des progressionsfreien Überlebens geführt. Aktuell werden diese Therapien auch im adjuvanten Setting untersucht – mit gemischten Resultaten.

Mikroskopische Aufnahme eines Nierenzellkarzinoms (RCC). Das Nierenzellkarzinom ist ein Nierenkrebs, der in der Auskleidung des proximalen Konvolut-Tubulus entsteht, einem Teil der sehr kleinen Röhren in der Niere, die Abfallmoleküle vom Blut zum Urin transportieren. RCC ist die häufigste Form von Nierenkrebs bei Erwachsenen und ist für etwa 90-95% der Fälle verantwortlich. Die Erstbehandlung besteht in den meisten Fällen in der teilweisen oder vollständigen Entfernung der betroffenen Niere(n). Wenn der Krebs nicht metastasiert (in andere Organe gestreut) oder tiefer in das Gewebe der Niere eingedrungen ist, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 65-90%, aber diese sinkt erheblich, wenn der Krebs gestreut hat.
istock/OGphoto

Das Jahr 2022 brachte eine Reihe wichtiger Publikationen und Präsentationen zur Therapie des Nierenzellkarzinoms. So weist Univ.-Prof. Dr. Manuela Schmidinger, Leiterin der Nierenzellkarzinomambulanz am AKH Wien, auf ein im Rahmen des ASCO 2022 vorgestelltes Update der Studie KEYNOTE-564 hin, das die Wirksamkeit und Sicherheit des gegen den PD1-Rezeptor gerichteten Antikörpers Pembrolizumab in der adjuvanten Therapie von Tumoren mit mittlerem bis hohem Risiko über einen längeren Beobachtungszeitraum bestätigt. In KEYNOTE-564 wurde nach 24 Monaten eine signifikante Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens um mehr als 30 Prozent beobachtet. Dieser Vorteil blieb bei längerem Follow-up erhalten und zeigt sich tendenziell auch im Hinblick auf das Gesamtüberleben, wobei in beiden Gruppen nach 24 Monaten noch deutlich über 90 Prozent der Patient:innen am Leben waren und Aussagen zur Mortalität daher noch nicht getroffen werden können. In der Studie wurden 20 Prozent frühe Therapieabbrüche beobachtet und weniger als zehn Prozent der Patienten mussten Steroide nehmen.1 Es sei allerdings fraglich, so Schmidinger, ob sich diese ausgezeichnete Verträglichkeit auch in einer nicht selektierten Population zeigt. In einem klinischen Alltagssetting würden erfahrungsgemäß höhere Abbruchraten infolge immunologischer Nebenwirkungen beobachtet, die zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben.

Die Studienergebnisse seien robust, so Schmidinger, für den Einsatz im klinischen Alltag seien jedoch geeignete Patientenselektion und Information über mögliche Toxizitäten erforderlich. Für die Patientenselektion würden jedoch noch Daten benötigt, die über die gewohnte Risikoabschätzung hinausgehen.  Die molekulare Charakterisierung des Tumors könnte hier Bedeutung erlangen. Im Rahmen des ASCO GU wurde ein Score präsentiert, der das Risiko einer Metastasierung anhand der Expression von 22 Genen abschätzt. Ein hoher Score zeigte ein sehr hohes Risiko an, innerhalb von zwei Jahren Metastasen zu entwickeln.2 Schmidinger: „Das ist, was wir für die Zukunft brauchen.“

Zahlreiche weitere im Jahr 2022 auf Kongressen vorgestellte Studien brachten nicht die erhofften Resultate, wobei die Studien zum Teil an Toxizitäten oder Problemen bei der Umsetzung der untersuchten therapeutischen Strategien scheiterten. So zeigte sich, dass die beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom wirksame Kombination von Nivolumab, eines Antikörpers gegen den PD-1 Rezeptor, mit dem gegen CTLA-4 gerichteten Ipilimumab nicht einfach in die adjuvante Situation übertragen werden kann. In der Studie CheckMate 914 konnte gegenüber Placebo keine Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens gezeigt werden. Auch erwies sich die Therapie als schwer umsetzbar, da fast die Hälfte der Patient:innen die Behandlung abbrach.3

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