30. Nov. 2023Grazer Fortbildungstage

Kinderwunsch – immer erfüllbar?

Die Fortschritte in der Reproduktionsmedizin ermöglichen heute vielen Paaren, ihren Kinderwunsch trotz einer Fertilitätsstörung zu erfüllen. Dabei sollte aber nicht übersehen werden, dass viele Probleme hausgemacht sind: Aus fertilitätsmedizinischer Sicht ist es nicht unbedingt die beste Idee, die Familienplanung in ein immer höheres Alter zu verlagern.

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Jenny Sturm/AdobeStock

Natürliche Fertilität

Häufig liest man, dass bei regelmäßigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr ohne Empfängnisverhütung 85 von 100 Frauen innerhalb eines Jahres schwanger werden (= Pearl-Index 85). „Das stimmt allerdings nur für 22-jährige Frauen“, verweist Priv.-Doz. Dr. Monika Martina Wölfler, Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Medizinische Universität Graz, auf ein von potenziellen Eltern vielfach unterschätztes Problem. „Jenseits von 30 sind es maximal 60% pro Jahr.“ Mit steigendem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft und Geburt aufgrund der Verringerung der Eizellenzahl und der erhöhten Anzahl an Eizellen, die eine verminderte Qualität haben, deutlich ab. Aus den Fertilitätskurven lässt sich statistisch auch berechnen, wann mit der Familienplanung begonnen werden sollte, damit ein Kinderwunsch mit 90%iger Wahrscheinlichkeit in Erfüllung geht: Wenn man ein Kind haben möchte, kann die Frau bis zum Alter von 32 Jahren warten (wenn man sich auch eine IVF als Option vorstellen kann, bis 35). Bei 2 Kindern sollten Paare spätestens mit 27 Jahren aktiv werden und bei 3 Wunschkindern die Realisierung der Familienplanung bereits mit 23 in Angriff nehmen. Die steigende Inanspruchnahme der Reproduktionsmedizin beruht nicht unwesentlich auf der Tatsache, dass die natürliche Fertilität oft massiv überschätzt wird und Ärztinnen und Ärzte ausgleichen sollen, dass die Lebensplanung von Paaren die starke Altersabhängigkeit der Fruchtbarkeit von Frauen übersehen hat.

Abgeschätzt werden kann die Möglichkeit, mit eigenen Eizellen eine Schwangerschaft zu erreichen, durch die Bestimmung der ovariellen Reserve. Die Eizellreserve ist vorgeburtlich am höchsten (7 Millionen Oozyten im 7. Fetalmonat) und nimmt dann stetig ab (über 400.000 im 14. Lebensjahr bis zu 0–1.000 in der Menopause). Für die Messung der aktuellen Eizellreserve gibt es 2 Methoden: das Zählen der antralen Follikel im Ultraschall und die Bestimmung des Anti-Müller-Hormons (AMH) im Serum. Altersspezifische Normogramme helfen, die gemessenen Resultate einordnen zu können. So sollten beispielsweise bei einer 30-jährigen Frau im Median pro Ovar 11 aktive Follikel zu finden sein.

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