Monarthritis: Es muss nicht immer Rheuma sein
Von der septischen Arthritis über die aktivierte Arthrose bis hin zur Gichtattacke: Bei einer Monarthritis ist das differenzialdiagnostische Spektrum gross. Findet sich trotz gründlicher Anamnese und sorgfältiger Untersuchung keine Ursache für das einzelne entzündete Gelenk, kommt die Punktion ins Spiel.
Eine Monarthritis bezeichnet die schmerzhafte und entzündliche Schwellung eines einzelnen Gelenks ohne vorheriges Trauma.
Das betrifft etwa jede dritte Arthritis in Deutschland, schätzt Professor Dr. Jens Kuipers von der Klinik für Internistische Rheumatologie im Rotes Kreuz Krankenhaus in Bremen (1).
Wie eine septische Arthritis abzugrenzen ist
Die Monarthritis kann grundsätzlich in akute (bis zu 6 Wochen) und chronische Formen (> 12 Wochen) unterteilt werden. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die septischen Arthritiden, die vor allem bei Kindern vorkommen.
Aber auch Erwachsene können an infektiösen Arthritiden erkranken. Prof. Kuipers berichtet den Fall eines 61-jährigen Patienten, der sich komplizierter darstellte als zunächst angenommen. Der Mann hatte neun Jahre zuvor eine rheumatoide Arthritis (RA, Rheumafaktor negativ) diagnostiziert bekommen. Er wurde langfristig mit Methotrexat und Prednisolon behandelt und die Erkrankung verlief bisher nicht erosiv.
Der Patient hatte zum Zeitpunkt seiner Vorstellung eine massive Monarthritis am rechten Ellenbogen, die von Husten begleitet wurde. Die Ärzte vermuteten eine septische Arthritis, punktierten das Gelenk und wiesen Enterococcus faecalis in der Synovia nach. Die antibiotische Behandlung mit Ceftriaxon war erfolglos und auch eine Operation brachte keine Besserung. Zusätzlich traten Bauchschmerzen und ein ungewöhnliches perianales Ekzem auf.
«Schlussendlich haben wir Mycobacterium tuberculosis nachgewiesen, unter anderem im Darm», berichtet Prof. Kuipers. Durch eine Ileitis war E. faecalis offenbar in die Blutbahn gelangt und in das Gelenk eingedrungen. Im Ellenbogen fanden sich auch verkäsende Granulome, die auf eine zusätzliche Tuberkulose-Infektion hinwiesen.
Bei chronischem Verlauf auch an Arthrose denken
Bei akuten Monarthritiden können neben einer Gelenkinfektion auch Gicht und andere Kristallarthropathien in Betracht gezogen werden. Eine Gicht kann klinisch oft nicht von einer septischen Arthritis unterschieden werden, betont der Referent. «Es ist oft wirklich die Punktion, die dann Aufklärung bringt. Häufig ist auch beides im Gelenk, die Gicht und zusätzlich der Erreger.»
Aber auch eine aktivierte Arthrose, eine reaktive Arthritis oder entzündlich-rheumatische Erkrankungen können hinter den Gelenkbeschwerden stecken. Möglicherweise ist auch eine innere Verletzung oder ein Trauma, an das sich der Patient nicht erinnert, die Ursache. Seltener können auch ein Hämarthros oder ein Tumor vorliegen.
Chronische Monarthritis bleibt häufig ohne Aufklärung
Bei chronischen Verläufen einer Monarthritis sind rheumatische Erkrankungen und Arthrose häufigere Ursachen. Prof. Kuipers präsentiert Daten aus verschiedenen retrospektiven Fallreihen. In einer grossen Studie aus Südkorea mit 171 Patienten, bei denen Knie-, Hand- oder Sprunggelenke betroffen waren, konnte jedoch nur bei der Hälfte eine definitive Diagnose gestellt werden.
18 Prozent der Fälle waren auf rheumatoide Arthritis, 14 Prozent auf eine periphere Spondyloarthritis zurückzuführen und bei 11 Prozent lag ein Morbus Bechterew als Ursache vor. In einer Fallserie aus London mit 151 Betroffenen blieben 39 Prozent der chronischen Monarthritiden undifferenziert, aber 29 Prozent der Fälle stellten sich letztendlich als Arthrose heraus.
Bei der Diagnosestellung steht die Anamnese im Vordergrund. Gab es ein Trauma, eine vorherige Infektion oder vielleicht einen Zeckenstich? Liegt eine Psoriasis oder eine andere rheumatische Erkrankung vor? Treten die Beschwerden möglicherweise in Schüben auf? Bei Fieber, Nachtschweiss, Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust sollte man zuerst an eine Infektion oder eine Neoplasie denken, erinnert Prof. Kuipers.
Dann ist eine sorgfältige Untersuchung des gesamten Körpers und aller Gelenke erforderlich. Die Labordiagnostik sollte
- Blutsenkung,
- C-reaktives Protein,
- Harnsäure,
- Rheumafaktoren,
- ACPA (Antikörper gegen citrullinierte Proteinantigene) und
- ANA (antinukleäre Antikörper) umfassen, sowie eine
- gezielte Infektserologie und
- Blutkultur.
Je nach Anamnese empfiehlt Prof. Kuipers weitere spezielle Untersuchungen wie ein Differentialblutbild, Leber- und Nierenwerte oder eine Borrelienserologie.
Die Bildgebung kann je nach Bedarf mit Arthrosonografie, Röntgen, MRT und CT erfolgen, möglicherweise auch mit Szintigrafie. Auch eine Gelenkpunktion und Synoviaanalyse haben in den Augen des Experten einen hohen Stellenwert: «Eine Monarthritis sollte, wenn irgend möglich, punktiert werden.»
Gelenkflüssigkeit zuerst mit Urinstix untersuchen
Die Analyse der Gelenkflüssigkeit kann schnell Aufschluss darüber geben, ob es sich um eine septische Arthritis handelt: Je mehr Leukozyten in der Gelenkflüssigkeit, desto wahrscheinlicher ist eine Infektion. Für den ersten Eindruck eignen sich ein Urinstix, auf dessen Leukozytenfeld man ein paar Tropfen Synovialflüssigkeit aufbringt.
Möglich ist zudem eine Erregeranzucht oder eine PCR aus der Synovia heraus, um den Keim zu identifizieren. Bei chronischen Fällen, die nicht gelöst werden können, kann eine Synovialisbiopsie für Histologie und Kultur in Betracht gezogen werden.
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- Deutscher Rheumatologiekongress 2023, 30. August – 2. September 2023, Leipzig