7. März 2018

Impfen ist Sache des Arztes

Gesundheitsministerin Mag. Beate Hartinger-Klein im Gespräch mit Pharmaceutical Tribune über Medikationsmanagement, Impfen in Apotheken und die Zusammenlegung der Krankenkassen. (Pharmaceutical Tribune 04/2018)

Frau Bundesminister, im Regierungsprogramm ist Medikationsmanagement bei Patienten vorgesehen, die mehr als sechs Wirkstoffe erhalten. Wie stellen Sie sich das vor? Und wer soll das machen – Arzt oder Apotheker?

„Im niedergelassenen Bereich ermöglicht die E-Medikation eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker.“ Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein
„Im niedergelassenen Bereich ermöglicht die E-Medikation eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker.“
Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein

Im Spital gibt es hierfür den Pharmakologen. Im niedergelassenen Bereich ermöglicht die E-Medikation eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker. Viele Apotheker haben eigene Pharmakologen, um sich das Medikationsmanagement bei Polypragmasie genauer anzusehen. Im Pflegeheim ist das natürlich auch ein Thema.

Ein weiteres Vorhaben laut Regierungsprogramm ist es, die klinische Pharmazie in den PVEs zu verankern. Wie sehen hier Ihre Pläne konkret aus?

Hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Man kann beispielsweise einen Pharmakologen ähnlich wie in Krankenhäusern hinzunehmen oder Apotheker, wie das beispielsweise im PVE in Enns der Fall ist. Man muss sich anschauen, was für die jeweilige Region sinnvoll ist – das gilt für die gesamte Primärversorgung. Ich bin hier sehr für Vielfalt und Flexibilität. Sei es, dass man Kassenärzte gemeinsam mit anderen Berufsgruppen in einem PVE zusammenfasst, oder sei es, dass man Netzwerke bildet.

Das Regierungsprogramm sieht auch eine mobile Apotheke im ländlichen Bereich vor. Was kann man sich darunter vorstellen?

Es ist der Ansatz der Apothekerkammer, dass man regional für das Versorgungsgebiet die Möglichkeit schafft, Medikamente auch zuzustellen.

Als Ersatz für die ärztlichen Hausapotheken?

Nein, das ist nur als Ergänzung gedacht.

Im Nationalrat haben die NEOs einen Entschließungsantrag eingereicht, das Impfen in der Apotheke zu ermöglichen. In der Schweiz wird das ja bereits erfolgreich praktiziert. Wie stehen Sie dazu?

Impfen ist Sache des Arztes. Aber den Prozess muss man vereinfachen, damit der Patient nicht zuerst beim Arzt die Information einholen muss, welchen Impfstoff er braucht, diesen dann in der Apotheke besorgen und kühl aufbewahren muss und am Ende wieder den Arzt aufsuchen muss, um sich impfen zu lassen.

Die verpflichtende Impfung von Mitarbeitern im Spital ist gerade ein aktuelles Thema. Ihre Vorgängerin hat sich immer strikt gegen eine Impfpflicht ausgesprochen. Wie stehen Sie dazu?

Gemäß Regierungsprogramm ist vorgesehen, die Impfungen vor allem für Mitarbeiter im Gesundheitsbereich zu forcieren. Man kann niemanden zu Impfungen zwingen, doch gerade das Gesundheitspersonal weiß sehr wohl um den Nutzen von Impfungen – zum eigenen Wohl und als Schutz für die betreuten Patienten.

Eine Impfpflicht, zum Beispiel für Mitarbeiter in bestimmten sensiblen Bereichen, streben Sie nicht an?

Das ist Sache der Länder. Ich kann mir das aber in wirklich heiklen Bereichen sehr wohl vorstellen.

Vor kurzem startete das von der Ärztekammer initiierte Volksbegehren DON’T SMOKE. Sie sind in einer Regierung, die dagegen ist. Sehen Sie das Verhältnis zwischen Ärztekammer und Politik, das ja sehr lange getrübt war, jetzt wieder gefährdet?

Nein, überhaupt nicht.

Und wie sehen Sie sich in dieser Rolle in der Regierung mit dieser Problematik?

Ich habe es in der Öffentlichkeit ja schon gesagt: Ich habe zu akzeptieren, was die Mehrheit im Parlament entscheidet. Als Gesundheitsministerin habe ich natürlich keine Freude damit.

Werden Sie persönlich das Volksbegehren unterschreiben?

Nein.

Gerade haben die Krankenkassen ihr Jahresergebnis für 2017 präsentiert. Dabei zeigt sich nur noch ein sehr geringer Überschuss, trotz sehr guter Konjunktur und Beschäftigung. Rutschen die Kassen in ein neues Finanzierungsproblem?

Das glaube ich nicht.

Wie viel wird man denn durch die Zusammenlegung der Kassen lukrieren können?

In den ersten Jahren wahrscheinlich nichts, langfristig aber schon. Die Pensionsversicherung zum Beispiel erbringt nach der Zusammenlegung um zwanzig Prozent mehr Leistungen mit dem gleichen Personal. Ich bin überzeugt, dass hier Potenzial vorhanden ist, man wird es nur nicht gleich zu Beginn lukrieren können.

Wie soll die AUVA die verlangten 500 Millionen Einsparungen schaffen?

Da gibt es Möglichkeiten. Das soll sich die AUVA überlegen.

In der AUVA sagt man, man könne 100 Millionen schaffen, das restliche Volumen wäre nur zu erreichen, wenn Leistungen verlagert werden.

Das Ziel ist im Regierungsprogramm festgeschrieben. Sollte dieses nicht erreicht werden, so sind die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Sie halten das für machbar?

Ich wüsste, wie es geht.

Und warum sagen Sie es der AUVA nicht?

(Lacht.) Die sollen auch lernen.

Frau Minister, vielen Dank für das Gespräch!