21. Okt. 2020Teststrategie neu

COVID-19: Grünes Licht für Schnelltests bei Hausärzten

Die Verordnung ist schon unterschrieben – mit Wirkung vom 22.10.2020. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) stellt mit zwei Hausärzten neue Antigen-Schnelltests zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vor. Oberstes Ziel: Die Leute sollen trotz steigender Infektionszahlen zum Doktor gehen - mit Voranmeldung - und sich dabei sicher fühlen, denn auch Nicht-Corona-Patienten brauchen eine Behandlung. Schutzausrüstung und Tests werden von der Sozialversicherung bezahlt.

BKA/Regina Aigner

Sozialminister Rudolf Anschober


Die Pandemie nehme weiterhin Fahrt auf, leitet Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) die Pressekonferenz am 21.10.2020 ein. Europa sei das „absolute Epizentrum“ der Pandemie und weise ein Drittel aller Corona-Fälle weltweit auf. Tatsächlich zeigt die europäische Corona-Ampel großteils rote Farbe, nur wenige Länder, darunter Norwegen, sind noch überwiegend grün oder haben grüne Landesteile. Österreich mit fast 2.000 Neuinfektionen gehört nicht mehr dazu.

Zur bisherigen Mischung von regionalen und bundesweiten Maßnahmen soll es ab Donnerstag eine neue Testmöglichkeit geben: Ärztinnen und Ärzte können Antigentests entweder über die Bundesländer direkt, über ihre üblichen Kanäle zur Beschaffung zusätzlichen Ordinationsbedarfs oder über die Landesärztekammern beziehen. Über die Bundesbeschaffung GmbH sind bereits mehrere Produkte für abrufberechtige Institutionen wie die Ärztekammern, Apothekerkammern und die Bundesländer zum Preis von etwa 5 bis 7 Euro verfügbar. Zudem wird über den Bund genug Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt. Mit den Schnelltests soll es nach einem Abstrich innerhalb von 10–20 Minuten möglich sein, zu unterscheiden, ob ein symptomatischer Infektpatient Corona-negativ oder positiv ist.

Zeigt der Schnelltest ein positives Ergebnis, gilt der Patient als COVID-19-Verdachtsfall, der an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet werden muss – ein PCR-Test ist zur Validierung durchzuführen. Aber auch bei einem vermuteten falsch negativen Testergebnis könne der Arzt eine PCR veranlassen.

Teilnahme der Hausärzte freiwillig

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Dr. Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM)


Die Teilnahme sei freiwillig, aber „wir sind wirklich schon sehr viele“, zeigt sich Dr. Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM), zuversichtlich und „sehr froh“ über die neue Möglichkeit für die Differentialdiagnostik. „Der Arzt ist ohne Test relativ hilflos“, führt sie aus, aber umgekehrt nütze ein Abstrich-Wattestäbchen ohne Arzt auch nichts.

„Wir wollen es nicht mehr erleben, dass Patienten tagelang zuhause herumdoktern“, sagt Rabady, weil sie sich nicht zum Arzt trauen und dann zum Beispiel einen Mandelabszess entwickeln. Freilich: „Niemand darf einatmen, was ein anderer ausatmet“, veranschaulicht sie die Wichtigkeit von Schutzmaßnahmen wie Abstandsregeln, Mund-Nasen-Schutz (MNS), Lüften, Hygiene, Schutzausrüstung oder entsprechende Terminvergabe: „Wir haben ein Fact Sheet zusammengestellt, das zeigt, wie Praxen durch einfache, aber effiziente Maßnahmen ‚coronafest‘ gemacht werden können.“ In ihrer Landarztpraxis in Niederösterreich gebe es z.B. nach einer Voranmeldung eine zeitliche Trennung von Infektpatienten (Randzeiten) und anderen Patienten.

„Meilenstein“ in der Diagnostik

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Dr. Wolfgang Mückstein, Leiter des Primärversorgungszentrums (PVZ) Medizin-Mariahilf


Dr. Wolfgang Mückstein, Leiter des Primärversorgungszentrums (PVZ) Medizin-Mariahilf, kann hingegen auf eine räumliche Trennung setzen, weil genügend Platz vorhanden sei. „Im Rahmen eines Pilotversuchs haben wir die Antigentests in unserer Ordination bereits seit einigen Wochen im Einsatz“, berichtet Mückstein, „unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der neue Antigentest ein Meilenstein in Diagnostik und im Umgang mit SARS-CoV-2-Infektionen werden kann“. Auch Mückstein zeigt sich zuversichtlich, dass viele Hausärzte mitmachen werden. Es sei ja auch ein „Renommee“ für eine Ordination, Schnelltests anbieten zu können.

Anschober betont, dass die Kosten für die Schnelltests vom Bund übernommen und über die Österreichische Gesundheitskasse abgerechnet werden. Der Vorteil dabei sei, dass der Hausarzt nicht nur den Test durchführen, sondern auch unmittelbar die – je nach Ergebnis – notwendige Krankenbehandlung durchführen könne.

Antigen-Schnelltests auch für Heime, Schulen und Spitalsambulanzen

Die Anwendungsbereiche der Schnelltests sollen neben Hausarztpraxen auch Spitalsambulanzen, Schulen, Alten- und Pflegeheime umfassen. „Wir haben die österreichische Teststrategie um zwei wesentliche Bereiche erweitert: den Einsatz von Antigentests und das Testen im niedergelassenen Bereich“, fasst der Gesundheitsminister abschließend zusammen.

Service:

Empfehlungen für die hausärztliche Primärversorgung – Fact Sheet: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:4ba018dd-f39a-46ef-959f-f5a54515b191/Empfehlungen%20PV%20in%20Pandemie%20-%20Factsheet.pdf

Empfehlungen für die hausärztliche Primärversorgung – ausführliche Informationen: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:82a80ed2-c1d7-4a70-8874-438457e4d6ec/Empfehlungen%20PV%20in%20Pandemie%20-%20ausf%C3%BChrliche%20Version.pdf

Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Durchführung von COVID-19-Tests im niedergelassenen Bereich: https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2020_II_453/BGBLA_2020_II_453.html

Factsheet: Antigen-Tests im Rahmen der Österreichischen Teststrategie SARS-CoV-2