Wundern, wie kalt es warm wird

Die letzten zwölf Monate waren also die jeweils wärmsten in Österreich seit Beginn der Messungen. Und das ist immerhin seit 1767 (das sind eh nur 252 Jahre). Blondierte Fake-News-Erfinder und mit Kühnengruß Bier bestellende Zahntechniker leugnen die Existenz der globalen Erwärmung trotz wissenschaftlicher Eindeutigkeit nach wie vor. So wie Letzterer auch Fotos mit Identitären verleugnet, deren Identität dann gerichtlich bestätigt wird. Und wenn uns dann noch eine 16 Jahre junge Frau – und mit ihr unzählige Menschen europaweit – auf die Dramatik der globalen Überwärmung hinweisen, dann sind unsere wichtigsten Fragen natürlich: „Ja, dürfen sie denn das? Mitten in der Schulzeit?“ Und schon haben wir das Thema wieder in eine andere Richtung gelenkt – weg von unangenehmen Wahrheiten hin zu kontrollierbarer Engstirnigkeit.

Worum es wirklich geht

Und während ein Parlamentarier seine ganze Primitivität verbal-phallisch deutlich macht und Generationen von Menschen um ihre Zukunft und diejenige unseres Planeten bangen, wundern wir uns, was alles möglich ist in diesem Land – so wie es uns ja angekündigt worden ist. Wir schauen lachend auf die Brexit-Briten, brüsten uns mit rassistischem 1,50-Euro-Prekariat und ignorieren unser Erd-Bebrüten. Als Palliativmediziner hört man von zahlreichen „ungelebten“ Zukunftsträumen, die „sich letztendlich leider nicht mehr ausgegangen sind“. Weil das Leben zu kurz war? Ja, vielleicht auch das. Aber vor allem, weil das Wichtige immer wieder in ferne Zukunft geschoben worden war. Und nun gibt es junge Menschen, die uns zeigen, worum es wirklich geht – nämlich um die Zukunft unseres Lebensraumes! Und dies nicht nur für die nächsten paar Jahre, in denen Platz für die SUVs und neue Pisten aller Art geschaffen wird, sondern es geht um nicht weniger als die Zukunft der Menschen! Lange Zeit stieg der Intelligenzquotient der Menschen in Industrienationen. Seit einigen Jahren sinkt er (nicht nur in der Politik). Anstatt über ein paar versäumte Schulstunden zu diskutieren, sollten wir die wirklichen Übel beim Schopf packen – Gelegenheiten gibt es genug. Menschlichkeit wählen – und so ernsthaft wie 16-Jährige lebendige Zukunft gestalten. Noch ist es nicht ganz zu spät. Aber doch spät genug.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune