23. Jän. 2019

Think positive im neuen Jahr!

Es gibt ja die These, dass Pessimisten eigentlich die glücklicheren Menschen sind. Da sie ohnehin immer das Schlimmste erwarten, können sie kaum jemals enttäuscht werden. Ganz im Gegenteil: Das Leben steckt für sie voller positiver Überraschungen. Außerdem sind Pessimisten auf die unweigerlich auftretenden Widrigkeiten des Lebens meist gut vorbereitet. Sie haben schließlich längst alle Horrorszenarien im Kopf nach vor und wieder zurück durchgespielt. Und wenn irgendetwas nicht klappt, dann gibt es nicht nur einen Plan B, sondern auch noch C bis Y. Ich persönlich bin der Meinung, dass so ein wenig Pessimismus ausgesprochen vernünftig ist. Außerdem bin ich selbst von Natur aus eher pessimistisch gestrickt. Rosa Wölkchen und positives Denken liegen mir so gar nicht.

Ich kann nichts anfangen mit dem Glauben, dass, wenn man nur positiv denkt, sich alles zum Guten wendet. Das klingt mir ein wenig zu sehr nach magischem Wunschdenken. Aber man kann es auch übertreiben. Vor einigen Wochen habe ich mit meinem Tierarzt geplaudert. Da kam die Assistentin herein und fragte: „Gehört dir der BMW mit dem Grazer Kennzeichen vor der Hintertüre draußen?“ „Wieso, ist jemand reingefahren?“ Mein Tierarzt brach in schallendes Gelächter aus und meinte: „Du bist so positiv, es is a Wahnsinn!“ Und da beschloss ich, mich zu ändern und das Leben von der rosigeren Seite zu sehen. Und das nicht erst ab 1.1.19, sondern gleich noch im alten Jahr. Schließlich wissen wir alle, dass Neujahrsvorsätze meist nicht viel taugen und ein gar kurzes Haltbarkeitsdatum haben. Mein neues Motto lautet: „Scherben bringen Glück!“ Und daran klammere ich mich nun. Wie es dazu kam, erfahren Sie sofort.

O wie Optimismus

Im Dezember, die Ordi endlich abgeschlossen, der Kater glücklich bei Muttern untergebracht, der beste aller Ehemänner mehr als urlaubsreif und ich selbst schon eher fällig für die Zwangsjacke als noch für den Urlaub, wuchteten wir uns mit letzter Kraft in unser Auto und fuhren ins wunderschöne Tirol, auf einen wunderschönen Bauernhof in der Nähe von Kitzbühel. Die Reise war bis zu dem Moment angenehm, als wir ein lautes „klock“ hörten und die Windschutzscheibe sprang. Steinschlag. Pech. „Und da brauchst kleben auch nix mehr!“, so die Aussage des ÖÄMTC.

Glücklicherweise hat unser Tiroler Bauer einen Cousin, der eine Autowerkstatt betreibt. Wir bekamen zuerst ein Leihauto und dann eine neue Windschutzscheibe. Und unsere liebe Bäuerin hat einen Bruder, der Schnäpse erzeugt. „Komm jetzt, Ulli. Beruhig dich und setz dich her. Manchmal muss man einfach nur die Festplatte löschen.“ (Sie hatte recht, nach dem „Löschen der Festplatte“ war ich schon viel entspannter.) Die nächsten paar Tage des Urlaubs verliefen ohne Komplikationen. Bis dem besten aller Ehemänner bei einem wunderschönen Abendessen ein Backenzahn in zwei Teile zersprang. Und dann find mal einen Zahnarzt sozusagen fünf Minuten vor Weihnachten! Aber auch da hatten wir Glück.

Ein wirklich netter Kollege in einer sehr schicken Praxis behob das Problem. Dass er für eine Lokalanästhesie gleich viel verlangte, wie meinereine von der GKK für einen kompletten Hausbesuch bekommt, war nebensächlich. Wir waren froh, dass auch diese Scherben wieder heil waren. Die restlichen Urlaubstage ersoffen wir fast im plötzlich monsunartig über uns hereinbrechenden Regen. Aber wir waren glücklich und positiv gestimmt. Immerhin hatten wir ein paar herrliche Schitage gehabt, bevor die Fluten alles Weiß hinweggeputzt hatten, und überhaupt: Wir hatten Urlaub, wir hatten uns, Auto und Zahn waren wiederhergestellt, und keiner hatte sich einen Knochen beim Schifahren gebrochen. Jetzt schreiben wir 2019.

Nach einem sehr hektischen Start ins neue Jahr mit sehr vielen Patienten und sehr viel Arbeit (aber das ist schließlich auch etwas Positives) haben wir nun Wochenende. Es ist der fünfte Jänner und saukalt. Ein eisiger Nordwind bläst. Trotzdem will ich nach dem Mittagessen die Bude ein wenig lüften. Und beim Schließen der abartig überflüssig großen Balkonschiebetür in unserem Vorhaus gibt es ein leises Knirschen und ein kleines Krachen. Der Verriegelungsmechanismus bricht, die Tür lässt sich nicht mehr verschließen. Scherben bringen Glück. Aber sie bringen auch eine verdammte Saukälte. So was muss natürlich im Jänner passieren. Und am Wochenende. Die Hausverwaltung hat keine Notrufnummer mehr, es gibt Notdienste für alles Mögliche für unser Haus, nur nicht für kaputte Fenster und Türen. Wir schieben eine Kiste davor und stopfen Decken dazwischen. Diese versucht das Katertier gerade wieder herauszupopeln. Es kann Stunden mit dem Versuch auszubüchsen verbringen. Ich bleibe positiv und sage zu meinem Liebsten, wie schön unser Leben ist, wie viele Möglichkeiten zum Lernen es uns bietet, was wir an Kreativität und Elastizität dazugewinnen werden. Er kriegt so einen eigenartigen Gesichtsausdruck. Ups, ich glaube, ich sollte ganz schnell flüchten!

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune