Dr. Pichlbauer: Der Confirmation-Bias

Der Confirmation-Bias bezeichnet jene Verzerrung, die durch die Neigung entsteht, Informationen so auszuwählen und zu interpretieren, dass sie die eigenen Erwartungen erfüllen. Wenn amtierende (Standes-)Politiker über unser Gesundheitssystem sprechen, ist dieser Bias omnipräsent.

Benchmark-Analysen

Wie aber misst man die Qualität eines Gesundheitssystems? Viele gescheite Leute machen sich darüber Gedanken. Und weil es keine Möglichkeit zu empirischen Versuchen gibt, bedienen sie sich der Benchmark-Analysen, die über internationale Organisationen wie der OECD abgewickelt werden. Alle Länder, so auch wir, haben sich sogar zu diesem Benchmarking verpflichtet. Langsam sickert durch, dass unser Gesundheitswesen (das Prävention, Kuration, Rehabilitation, Pflege und Palliation umfasst, also mehr ist als nur ärztliche Leistungserbringung), heillos fragmentiert ist und deshalb davon ausgegangen werden muss, dass die Gesundheitsergebnisse schlechter und die Gesamtkosten höher ausfallen, als dies in einem koordinierten System der Fall wäre. Ein Indikator, der geschaffen wurde, um Gesundheitsergebnisse zu messen, sind die Healthy Life Years (HLY): die verbleibenden Lebensjahre ohne funktionelle Beeinträchtigung. Und da sind wir im OECD-Vergleich eher mau. Und ist das schlecht? Nein, denn, diese Zahl ist schlicht falsch! Klar! Denn wir haben das beste Gesundheitssystem.

Alles falsch!?

Gut, laut OECD erhalten nur 50 % der Diabetiker und Hypertoniker die Medikamente, die sie brauchen – aber das sind auch falsche Zahlen. Dass Diabetiker 2,5-mal häufiger stationär aufgenommen werden als im EUSchnitt, ist auch falsch. Dass nach Angaben des Hauptverbands nur 10 % der COPD-Patienten eine entsprechende Therapie erhalten, ist nicht aussagekräftig, und die gegenüber anderen OECD-Ländern massiv erhöhte Krankenhaushäufigkeit dieser Patienten ist falsch. Dass wir mit 450.000 amtlich anerkannten Pflegefällen zu den pflegebedürftigsten Staaten Europas gehören, mag zwar stimmen, heißt aber nicht, dass wir weniger HLY haben – weil nicht sein kann, was nicht sein darf – siehe oben!

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune