So putzen Sie Ihre Praxis vor der Pension für eine Übernahme heraus

Ordinationen müssen vor einer Übergabe attraktiv gestaltet sein. Nur wer investiert und über eine lebendige Praxis verfügt, darf eine nennenswerte Ablöse erwarten. Und findet auch leichter eine/n Nachfolger:in.

Bevor man sich als Arzt/Ärztin in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet, muss man sich noch einige Gedanken machen.

Die Ablöse für die Ordination ist für viele Übergeberinnen und Übergeber elementarer Bestandteil ihrer Vorsorgepläne. Nicht selten dient sie dazu, die Lücke zwischen aktivem Einkommen und Pensionsbezug zu schließen. Allerdings versäumen es viele Praxisinhaber:innen, die Ordination für eine Übernahme „herauszuputzen“. Im Gegenteil: Der nahende Ruhestand ist oft Grund, jegliche Investitionstätigkeit in die Ordination praktisch einzustellen. Das Ergebnis ist in vielen Ordinationsbilanzen nachzuvollziehen. In den Jahren vor der Übergabe lassen sich in vielen Ordinationen Ertragsprobleme feststellen. Hauptgrund: Viele Inhaber:innen weigern sich, weiter in ihre Ordination zu investieren. Sie sind der Ansicht, dass es sich nicht mehr rentiere. Ein Fehlschluss: Je besser eine Ordination in Schuss, umso höher die Ablöse und umso mehr Interessent:innen. In den kommenden Jahren werden viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in den Ruhestand treten. Die meisten davon werden Nachfolger:innen suchen und die Ordination verwerten wollen.

Ordination attraktivieren wie bei einer Immobilie

Wie bei einer Immobilie ist ein attraktiver Gesamtzustand der Ordination von großem Vorteil. Zudem werden die Sachinvestitionen über den Bilanzwert wieder in die Kassen gespült. Noch wichtiger: Die schwindende Umsatz- und Ertragskraft der Ordination, über die viele Mediziner:innen am Ende einer Berufskarriere klagen, kann wieder hochgeschraubt werden. Es wird wieder mehr Geld verdient. Ordinationsübergaben sind ein heikles Thema. Sie sind – ganz föderalistisch, aber nicht ganz nachvollziehbar – von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Wo der/die wiener oder oberösterreichische Kolleg:in mit durchaus nennenswerten Beträgen kalkulieren darf, muss sich der/die kärntner oder steirische Niedergelassene mit einer reinen Sachwertablöse des Abschreibungsverzeichnisses zufriedengeben. Bei Kassenordinationen können Übergeber:innen nur mit jenen Kandidat:innen verhandeln, die Kasse und Kammer nach dem Punktesystem vorschlagen. In der Regel besteht aber allseits großes Interesse, dass sich Übergeber:in und Übernehmer:in auf Basis der geltenden Länderregeln einigen. Ein Hinweis: Es besteht keine Verpflichtung des erstgereihten Kandidat:innen, die Ordination des Vorgängers/der Vorgängerin zu übernehmen. Dies wird nur dann passieren, wenn er oder sie sich einen Startvorteil erwartet. Es lohnt um so mehr, die eigene Ordination in Schuss zu halten.

Nach 15 bis 20 Jahren ist Praxis abgenutzt

Ausstattung und Auftritt einer Ordination sind nach 15 oder 20 Jahren abgenutzt und veraltet. Die Auswirkungen auf die Patient:innen sind unmittelbar spürbar. Sie „suchen Signale der Modernität“, wie Verena Flatischler auf ihrer Website informiert. Auch in Ordinationen funktionieren alte Marketing-Regeln: Der Imagetransfer wirkt überall. Das Ambiente der Praxis wird auf die Kompetenz des Inhabers oder Inhaberin übertragen. Geht es um Praxiseinrichtungen, gilt es, eingefräste Meinungsbilder zu überwinden: Denn Weiß firmiert nicht mehr als die universelle Farbe aller Gesundheitseinrichtungen. Die Farbe der Reinheit bleibt auf die Funktionsräume beschränkt: Erst im Behandlungsraum weicht die farbige Umgebung dem geschäftsmäßigen Weiß, das durch Farbtupfer in Form von Bildern abwechslungsreich gestaltet werden kann.

Frischen Wind nach außen spürbar machen

Ein immenser Modernitätseffekt wird auch durch Neuerungen in der Lichtgestaltung erzielt – und zwar ohne das Budget zu sprengen. Der Einsatz von Lampen und Lustern sollte nicht durch die Nähe einer Steckdose bestimmt werden. Licht gliedert den Raum. Eine gut komponierte Beleuchtung berücksichtigt unterschiedliche Raumzonen und erfüllt je nach Anforderungsprofil mehrere Aufgaben. Wer seine Ordination mit moderatem finanziellen Einsatz in ein besseres Licht tauchen will, wird von einer professionellen Lichtberatung profitieren. Darüber hinaus sorgt ein Corporate Design dafür, dass der frische Wind nach außen spürbar wird. Die Einschaltung eines professionellen Grafikers macht auch dabei Sinn. Das Leitbild, die überarbeitete Ausrichtung und Praxisstrategie werden in einem neuen Logo und Außenauftritt sichtbar. Eine klare visuelle Linie unterstreicht das moderne Image der Praxis, das in Drucksorten (Visitenkarten, Briefpapier, Kuverts, Schild, Praxisbeschriftung) umgesetzt wird. Auch wenn das neue Design einem/einer Nachfolger:in nichts helfen wird – es sorgt für frischen Wind. Flatischler verweist in ihren Überlegungen auch auf das kollegiale Netzwerk: „Zuweiser und berufliche Weggefährten sind wichtige Multiplikatoren.“ Sie sollten speziell im Zusammenhang einer anstehenden Übergabe angesprochen werden. Kolleg:innen sind als Multiplikatoren wichtig – und erreichen potenzielle Interessent:innen.

Kurze Schulungen außer Haus für das Team

Der neue Schub muss auch im Mitarbeiter:innenteam gelebt werden. Patient:innenbetreuung und Servicegedanke verlangen nach Jahrzehnten des Miteinanders eine frische Motivation. Kurze Schulungen außer Haus sorgen dafür, dass die Neuerungen auch als solche erlebt und umgesetzt werden. Zudem wird ein „Leitfaden“ erarbeitet, in dem der Umgang mit Patient:innen festgelegt wird. Abläufe und Prozesse im Praxisalltag werden vereinheitlicht und in Qualitätsstandards dargelegt. Beratungsgespräche werden in Form von Rollenspielen geübt.

Rasch spürbare Effekte und unproblematische Einigung

Dies erhöht die Motivation der Mitarbeiter:inn, die sich in den nächsten Wochen im positiven Feedback der Patient:innen widerspiegeln wird. Beraterin Flatischler berichtet von einer begleiteten Ordination, die drei Jahre nach einem Change-Prozess die Investitionskosten durch deutlich gesteigerte Gewinne eingespielt hat. Außerdem habe sich die Zahl an selbstzahlenden Neupatient:innen stark erhöht. Besonders wichtig: Die gesteigerte Attraktivität der Praxis machte eine unproblematische Einigung mit einem Nachfolger möglich: Die Investitionen wurden entsprechend der Bilanz abgelöst und eine Zahl für den „ideellen Praxiswert“ gefunden. Nach einer zweijährigen Übergangszeit ist der Übergeber aus der Ordination ausgeschieden.

Das Kux-Lehner-Bewertungsverfahren

Das Bewertungsverfahren nach Kux-Lehner wird in zahlreichen Varianten bei Ordinationsbewertungen österreichweit angewandt. Hierbei setzt sich der Wert einer Ordination aus dem Substanzwert und aus dem Ertragswert zusammen. Der Substanzwert geht vom Anlageverzeichnis der Ordination aus und versucht einen Zeitwert aller Einrichtungsgegenstände und aller medizinischen Geräte zu eruieren – freilich mit Abschreibungen. Beim Ertragswert wird ausgehend von den Ergebnissen der letzten drei Jahre ein mögliches Zukunftsergebnis für den/die Käufer:in ermittelt. Ein auf Basis des Kux- Lehner-Gutachtens berechnete Ordinationswert beläuft sich üblicherweise auf den halben Jahresumsatz. Ist eine Hausapotheke angeschlossen, erhöht sich der Ordinationswert noch einmal um zirka 15 bis 20 Prozent.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune