14. Aug. 2024Starker Impf-Anstieg bei jungen Erwachsenen

Gratis-HPV-Impfung bis 30 „boostert“ Impfquote

Die bis zum 30. Geburtstag angebotene kostenlose HPV-Impfung macht sich bezahlt: Im Juli ließen sich im Vergleich zum Vorjahr 3-mal so viele gegen HPV impfen, freut sich das Gesundheitsministerium, bei den 21- bis 30-Jährigen sogar 12-mal so viele. Die Ärztekammer Wien spricht von einem „Booster“ für die Impfquote und fordert einen „Automatismus“ wie in Deutschland.

Take Home Messages

  • Durch die Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung bis zum 30. Lebensjahr konnte die Impfquote im Juli 2024 deutlich gesteigert werden.
  • Die Ärztekammer Wien fordert, dass in Österreich empfohlene Impfungen automatisch ins kostenlose Impfprogramm aufgenommen werden, wie es in Deutschland der Fall ist. Dieser „Automatismus“ soll sicherstellen, dass alle wichtigen Impfungen rechtzeitig und flächendeckend zur Verfügung stehen, um die Bevölkerung effektiv zu schützen.
  • hpv-impfung
    Foto: Tobias Arhelger/AdobeStock

    Insgesamt ließen sich im Juli 2024 seit der Ausweitung der Gratisimpfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) für alle bis 30 Jahre rund 22.500 Personen impfen. Zum Vergleich: Im Juli des Vorjahres waren es nur 7.500. Damit hat sich die Zahl der Impfungen verdreifacht. Den größten Zuwachs verzeichnete die Altersgruppe 21–30 Jahre. Hier gab es einen Anstieg von 1.400 auf knapp 17.000 Impfungen – also mehr als das 12-Fache gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

    „Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, wie viel Leid eine Krebserkrankung verursacht“, erklärt Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) in einer Aussendung, warum ihm das Anheben des Alters für die kostenlose HPV-Impfung ein „Herzensanliegen“ war (Rauch hatte Darmkrebs, Anm. d. Red.). Er habe sich in den Verhandlungen mit Ländern und Sozialversicherung „sehr für diese wichtige Präventionsmaßnahme“ eingesetzt. Sie sei die einzige Impfung, die gegen Krebs schütze.

    Ziel: Gebärmutterhalskrebs „ausrotten“

    Und er schließt gleich einen Appell an die jungen Erwachsenen an, die Impfung nachzuholen: „Nutzt diese Chance. So können wir Gebärmutterhalskrebs in Österreich ausrotten.“ Jährlich erkranken Rauch zufolge 400–500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, fast die Hälfte stirbt daran. Dazu kommt, dass humane Papillomaviren auch Krebserkrankungen im mittleren Rachenraum und an den Geschlechtsorganen verursachen können.

    Demnach können Männer ebenfalls an durch HPV ausgelösten Krebsformen erkranken, sind aber vor allem Überträger und Verteiler der omnipräsenten Viren. Zumindest 4 von 5 Frauen und Männer infizieren sich im Laufe ihres Lebens, informiert das Ministerium. Daher sei es besonders erfreulich, dass neben 12.300 Frauen mehr als 5.000 Männer die Impfung in Anspruch genommen haben.

    Werbung für HPV-Impfung bei den Stellungskommissionen

    Rauch kündigt für den Herbst eine neue HPV-Impfkampagne an. Es brauche Aufklärung und Information, um hohe Durchimpfungsraten zu erreichen. Was ihn ebenfalls besonders freue: Bei den Stellungskommissionen wird die HPV-Impfung aktiv beworben, alle jungen Männer werden über die Impfung informiert.

    Der Gesundheitssprecher der Grünen, Ralph Schallmeiner, spricht in einer Aussendung von einem „riesigen Erfolg für die Prävention“. Die Ausweitung der Kostenfreiheit sei eine richtige und wichtige Entscheidung gewesen. Auch die von Rauch angekündigte Herbstkampagne begrüßt Schallmeiner. Jedoch sieht er vor allem noch Aufholbedarf beim männlichen Geschlecht.

    „Während Frauen und Mädchen das Gratisangebot der Impfung gegen von HP-Viren übertragene und ausgelöste Erkrankungen deutlich stärker annehmen, hinkt die Impfbereitschaft vor allem bei Männern und Burschen noch hinterher“, kommentiert Schallmeiner den Umstand, dass sich fast zweieinhalb so viele Frauen wie Männer zwischen 21 und 19 impfen ließen (die genauen Zahlen: 12.334 vs. 5.082).

    Appell an Eltern und an Teenager ab 14

    Insgesamt wäre eine „deutliche Steigerung der Durchimpfungsrate bei allen Geschlechtern“ wichtig. Schallmeiner richtet ebenfalls einen Appell an die Zielgruppen: „Liebe Eltern, meldet eure Kinder zur Gratisimpfaktion in der Schule an. Liebe Teenager, ab 14 könnt ihr selbst entscheiden, euch impfen zu lassen. In jedem Fall aber: Redet mit euren Ärztinnen und Ärzten, lasst euch über dieses wichtige Angebot informieren und nutzt es.“

    Von einem „vollen Erfolg“ der Forderung nach Anhebung des Gratisalters spricht die Ärztekammer Wien. Die Standesvertretung habe in den vergangenen Monaten mehrfach gefordert, die HPV-Impfung bis zum 30. Lebensjahr kostenfrei zugänglich zu machen. Die erzielte Einigung habe sich „rasch als Booster für die Impfquote herausgestellt“, heißt es in einer Aussendung.

    „Vehement“ für Kostenfreiheit eingesetzt

    Die HPV-Impfung schütze vor Gebärmutterhalskrebs und reduziere somit das Leid der Betroffenen und deren Familien, betont Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für Wien. „Deshalb war es mir so wichtig, sich so vehement für die Kostenfreiheit dieser wichtigen Impfung einzusetzen und die Politik zu einer vernünftigen Einigung zu bewegen“, zeigt sie sich erfreut über die Verdreifachung der Impfzahlen.

    Nun müsse der nächste wichtige Schritt sein, nach deutschem Vorbild die vom Nationalen Impfgremium (NIG) empfohlenen Impfungen „automatisch“ ins kostenlose Impfprogramm zu übernehmen und die gesetzliche Finanzierung zu sichern. „Dass Österreichs Säuglinge dieses Jahr keine RSV-Immunisierung bekommen, wäre mit so einer Regelung nicht passiert!“, bringt Kamaleyan-Schmied als Beispiel.

    Zur Erinnerung: Ende Juli wurde bekannt, dass in Österreich die Beschaffung von monoklonalen Antikörpern gegen RSV für Säuglinge „verschlafen“ worden sei. „Grund dafür war offenbar, dass sich das Gesundheits- und das Finanzministerium nicht über die Finanzierung einigen konnten“, kritisierte damals Kamaleyan-Schmied in einer gemeinsamen Aussendung mit Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer.

    Grippe-Impfung: „Verteilung ordentlich organisieren“

    Nun erneuert Kamaleyan-Schmied die Forderung nach einem „Automatismus“, vom NIG empfohlene Impfungen kostenfrei anzubieten: Der Erfolg der Gratis-HPV-Impfung zeige, „dass auch die bereits im Kinderimpfprogramm etablierte Pneumokokken-Impfung auch für Erwachsene kostenlos angeboten werden sollte“. Zudem müsse die Pertussis- und RSV-Impfung nicht nur für Säuglinge, sondern auch für Schwangere kostenlos verfügbar sein.

    Abschließend nutzt die Kurienobfrau die Gelegenheit, auf eine deutlich bessere Vorbereitung der Grippe-Impfaktion als in der letzten Saison zu drängen: Bund und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) seien „in der Pflicht, den entsprechenden Impfstoff diesmal ausreichend zur Verfügung zu stellen und die Verteilung an die Ärztinnen und Ärzte ordentlich zu organisieren“. Nur wenn die Abwicklung gelinge, könne man die Impfbereitschaft in der Bevölkerung steigern.