Österreichische Schmerzwochen stehen im Zeichen einer Fortbildungsoffensive

Zum Auftakt der 17. Österreichischen Schmerzwochen sprachen OÄ Dr. Gabriele Grögl-Aringer, Präsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) und Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc., Generalsekretär der ÖSG, über die Defizite in der Versorgung der Schmerzpatienten in Österreich.

Die letzte Gesundheitsbefragung der Statistik Austria habe gezeigt, dass 3,6 Millionen Österreicherinnen und Österreicher im Lauf der vergangenen vier Wochen unter Schmerzen gelitten hätten. Bei mindestens 1,5 Millionen seien diese Schmerzen chronisch, betonte OÄ Dr. Gabriele Grögl-Aringer, Präsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) zu Beginn der 17. Österreichischen Schmerzwochen, die in Kooperation mit der International Association for the Study of Pain (ISAP) und der Europäischen Schmerzföderation (EFIC) stattfinden.
„Bei 350.000 bis 400.000 Menschen haben sich chronische Schmerzen soweit verselbstständigt, dass wir ein eigenständiges Krankheitsbild sehen. In diesem Stadium gehen Schmerzen mit schweren körperlichen, seelischen und sozialen Beeinträchtigungen einher und lassen sich nur noch mit mulitmodalen Ansätzen in speziellen Einrichtungen behandeln“, so Grögl-Aringer. Doch eben hier gebe es Mängel.

Denn während der international der Trend zum multimodalen, interdisziplinären Vorgehen international weiter zunehme, gibt es in Österreich, vom Klinikum Klagenfurt abgesehen, nach wie vor keine Einrichtungen, in denen eigenständige Schmerzerkrankungen behandelt werden können.
„Wir haben in einem detaillierten Strukturkonzept dargestellt, wie eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung beschaffen sein müsste. Das fängt in der niedergelassenen Praxis an, wo aber schmerzmedizinische Leistungen nicht adäquat honoriert werden“, beklagte die ÖSG-Präsidentin. Auch im ambulanten Bereich gebe es mit 48 Schmerzambulanzen, von denen meisten aufgrund von Personal- und Zeitmangel weniger als 35 Wochenstunden geöffnet haben, viele Defizite. „Es ist beschämend, dass sich in Österreich nichts in Richtung Verbesserung der schmerzmedizinischen Versorgung getan hat!“, kritisierte Grögl-Aringer. Auch die hohe Zahl jener Patienten, die am ersten postoperativen Tag hohe Schmerzlevel zu ertragen hat zeige deutlich auf, dass es zu wenige Akutschmerzteams und speziell ausgebildete Ärzte gibt.


OÄ Dr. Gabriele Grögl-Aringer spricht sich für den Ausbau der Schmerzmedizin in allen Versorgungsstufen aus.

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Neues Schmerzdiplom geplant

„In Europa hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Es gibt Länder, in denen es Fachärzte für Schmerz gibt, es gibt ein europäisches Diplom für Schmerz – aber wo steht Österreich?“, fragte Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc., Generalsekräter der ÖSG. Hierzulande biete seit zehn Jahren das Diplom „Spezielle Schmerztherapie“ die Möglichkeit, sich auf dem Gebiet der Schmerztherapie fortzubilden. „Das Schmerzdiplom I ist ein erster kleiner Schritt gewesen. Mit einer neuen Initiative wollen wir einen Schritt weitergehen.“
Gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften wurde das Diplom „Spezielle multimodale Schmerztherapie II“ entwickelt, das sich aus ingesamt 480 Stunden zusammensetzt, von denen 400 Einheiten in der Praxis absolviert werden sollen. Darin abgedeckt seine u.a. Schmerzerfassung, besondere Erfordernissen im Umgang mit chronischen Schmerzkrankheiten bis zu palliativer nuklearmedizinischer Schmerztherapie. Auch Bio-psycho-soziale Therapiekonzepte, spezifische Verfahren der manuellen-physikalischen Schmerztherapie, pharmakologische Ansätze und elektrophysiologische Stimulationstechniken werden enthalten sein. Ebenso finden multimodale Therapiekonzepte breiten Raum im Ausbildungsplan.

„Wie wichtig eine fundierte Aus- und die laufende Weiterbildung gerade in der Schmerzmedizin sind, zeigt nicht zuletzt auch die aktuelle Debatte um den Einsatz von Opioiden“, so der Leiter des Zentrums für Interdisziplinäre Schmerztherapie und Palliativmedizin (ZISOP). „Fakt ist, dass Opioide wichtige und wirksame Schmerzmittel sind, die falsch angewendet aber tatsächlich Schaden anrichten können. „Eine profunde und breit angelegte Ausbildung kann sicherstellen, auch bei diesem wichtigen und vielschichtigen Thema eine treffsichere Abwägung aller Vor- und Nachteile zu finden“, betonte Likar abschließend.

Quelle:
Auftakt-Pressekonferenz der 17. Österreichischen Schmerzwochen der ÖSG, Jänner 2018

Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc. über das neue Schmerzdiplom II, welches bereits dieses Jahr starten und die Ausbildung verbessern soll.

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