Metformin: Alt und immer noch überraschend
Ungeachtet der zahlreichen Neuentwicklungen in der Diabetologie hat das mittlerweile 60 Jahre alte Metformin nach wie vor einen festen Platz als First Line Therapie beim Typ-2-Diabetes, inklusive einer Empfehlung in den Leitlinien von EADS, ADA und ÖDG. Darüber hinaus ist der Wirkmechanismus von Metformin alles andere als trivial und die Substanz daher nach wie vor ein spannendes Objekt für die medizinische Forschung, wie Dr. Claudia Ress von der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin im Rahmen der diesjährigen ÖDG Tagung ausführte. Das Biguanid Metformin reduziert die Glukoneogenese in der Leber und damit den Nüchternzucker. Darüber hinaus bewirkt Metformin aber auch eine Verbesserung der Insulinsensitivität, die sich günstig auf die postprandialen Glukosewerte auswirkt. Die dahinterstehenden Mechanismen werden nach wie vor erst zum Teil verstanden. Neuere Forschungen haben, so Ress, gezeigt, dass Metformin auch die GLP-1 Ausschüttung erhöht und damit unter anderem zu einer Verzögerung der Magenentleerung und einer Hemmung des Hunger- und Durstgefühls beiträgt. Auch Veränderungen des Darm-Mikrobioms durch Metformin werden diskutiert.1
Hat Metformin eine Zukunft in der Onkologie?
Doch Metformin hat auch pleiotrope Effekte, die bei weitem noch nicht vollständig verstanden werden. Ress erwähnt in diesem Zusammenhang ein wachsendes Interesse der Onkologie an der Substanz. Diesbezüglich ist die Datenlage jedoch heterogen. Jedenfalls zeigen Diabetes-Patienten unter Metformin eine reduzierte Mortalität infolge bestimmter Tumoren. In einer Metaanalyse wurde für Typ-2-Diabetiker unter Metformin im Vergleich zu Typ-2-Diabetikern unter anderen Therapien eine signifikante Reduktion der Krebs-Mortalität um 31 Prozent gefunden.2 Hinsichtlich eines Einsatzes von Metformin in der Onkologie müssen jedoch prospektive Studien abgewartet werden.
EMA lockert Empfehlungen im Fall von Niereninsuffizienz
Was die Niereninsuffizienz als klassische Kontraindikation für Metformin angeht, hat die europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit einer neuen Empfehlung vorsichtige Entwarnung gegeben. Hintergrund des Metformin-Verbots für niereninsuffiziente Patienten war die Gefahr der Entwicklung einer oft lebensbedrohlichen Metformin-assoziierten Laktatazidose (MALA) infolge reduzierter Ausscheidung von Metformin. Die EMA hat nun die strenge Kontraindikation aufgehoben, fordert jedoch Dosisanpassungen bei Patienten mit reduzierter GFR. So können bei einer GFR zwischen 30 und 44 ml/min bis zu 1000mg Metformin am Tag, verteilt auf zwei bis drei Dosen eingesetzt werden. Bei GFR unter 30 ml/min bleibt die Kontraindikation aufrecht.
Referenzen:
1 McCreight LJ, Bailey CJ, Pearson ER (2016) Metformin and the gastrointestinal tract. Diabetologia 59: 426-435.
2 Decensi A, Puntoni M, Goodwin P, et al (2010) Metformin and cancer risk in diabetic patients: A systematic review and meta-analysis. Cancer Prev Res (Phila) 3: 1451-1461.