7. Juli 2017

Dr. Stelzl: Ich bin ja gern verständnisvoll

Vor mir sitzt Patient G. und wirkt sehr geknickt. Zum einen, da ihn das, was man landläufig einen akuten Hexenschuss nennt, in sich zusammensinken lässt. Obwohl er erst Mitte dreißig ist, könnte er gut und gern als Lehrbuchbildchen für Wirbelsäulenleiden im Greisenalter herhalten. Nachdem ich ihn gründlich untersucht habe, kann ich ihn beruhigen. Keine Hinweise auf einen Bandscheibenvorfall, dafür ein ordentlich blockiertes ISG und ein Hartspann sämtlicher Muskelpartien vom Steißbein bis zum Okziput. Dadurch Schonhaltung und noch mehr Verspannung und dieses seltsame Gangbild. Ich biete ihm eine kleine Infiltration und ein Jaukerl in den Muskel an, was ihm dann doch zu barbarisch erscheint.

Mir soll das recht sein. Ich bin ja sowieso der Meinung, dass man das, was man spritzen kann, auch schlucken kann. Gerade bei jungen Menschen, die über Intelligenz und Compliance verfügen, verzichte ich gern auf Spritzen. Dazu bekommt er noch eine Physiotherapie verschrieben und wegen der hohen Diclofenac-Dosis einen PPI. Aber er wirkt sonst auch irgendwie geknickt. Dabei ist er im Grunde ein fröhlicher Mensch, hat eine tolle Frau und ein wirklich süßes Kleinkind. Auf meine Frage, ob wohl alles in Ordnung sei, druckst er ein bisschen herum. Ich warte.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune