Dr. Stelzl: Unsere Primärversorgung
Heute ist ein seltsam ruhiger Tag in der Ordination. Gestern hat man uns überrannt, und wir sind am Abend mit hängender Zunge aus der Praxis gewankt. Heute ist es ruhig. Soll mir auch recht sein. Die Zeiten, wo ich wegen eines ruhigen Tages Existenzängste bekommen habe, sind längst vorbei. Eigentlich sind auch die ruhigen Tage zur Seltenheit geworden. Um die kostbare Zeit zu nutzen, räumen wir Medikamente und Verbandmaterialien ein, schauen, dass wir alles qualitätsgesichert auf dem neuesten Stand haben und unterschreiben brav den Putz- und Kontrollplan. Und ich habe danach noch Zeit, ein paar Ärztezeitungen zu überfliegen und die interessanten Artikel durchzulesen.
Heute stechen mir nicht nur Cholesterin, Glinide und Noaks ins Auge, sondern zur Abwechslung auch mal ein Artikel über Meningokokkeninfektionen. Erfrischend anders und zwei DFP-Punkte wert. Dann allerdings bleibt mein Hirn an einem Thema hängen, das sich durch alle Zeitungen und mehrere Ausgaben zieht: die Primärversorgung. Oder besser gesagt, das Fehlen derselben. Wenn man sich die Artikel nämlich ganz unvoreingenommen hineinzieht, muss man zu dem Schluss kommen, dass in unserem schönen Lande Primärversorgung unbekannt und inexistent ist.