Zwielichtige Diabetes-Studien
Eine kleine Gruppe äußerst aktiver Forscher mit Verbindungen zur Industrie mischt kräftig in der wissenschaftlichen Literatur über Diabetesmedikamente mit. Wenige Autoren publizieren einer aktuellen Analyse zufolge verhältnismäßig viele randomisiert-kontrollierte Studien über blutzuckersenkende Medikamente und Angestellte aus der Pharmaindustrie sowie Schreibüros beherrschen die publizierten Studien.
Der Bochumer Endokrinologe Helmut Schatz nahm am 13. Juli in einem Blogeintrag der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) auf einen Beitrag aus dem British Medical Journal vom 1. Juli 2015 Bezug, dem zufolge eine kleine Gruppe äußerst aktiver Forscher mit Verbindungen zur Industrie die Diabetes-Forschung beherrscht.
Die Studie des niederländischen Academisch Medisch Centrum ging Interessenkonflikten im Bereich glukosesenkender Medikamente nach. Insgesamt identifizierte das Team um den Internisten Frits Holleman 3.782 Artikel von 13.592 Autoren.
- Die 110 führendsten Autoren wurden in 1.227 (32,4 %) aller Artikel namentlich angeführt.
- Die Namen der 11 führendsten Autoren wurden in 397 (10,5 %) aller Artikel erwähnt.
- Die 110 führendsten Autoren veröffentlichten 991 RCTs, die 11 führendsten Autoren 354 RCTs.
- Von den 110 führendsten Autoren waren 48 bei Pharmaunternehmen angestellt.
- Von den 991 RCTs wurden 906 kommerziell gefördert.
Interessenskonflikte
Die Analyse hinsichtlich der Interessenkonflikte ergab, dass von 704 Artikeln nur 42 (6 %) als völlig unabhängig gewertet wurden. Bei 439 (44,3 %) der 991 RCTs wurde professionelle Unterstützung durch Medical Writers in Anspruch genommen.
Kriterien für Autorenschaft
Das International Committee of Medical Journal Editors (ICMJE) definierte vor zwei Jahren vier Kriterien für eine Autorenschaft:
- Wesentlicher Beitrag zu Planung, Protokoll, Beschaffung, Analyse oder Interpretation der Daten.
- Manuskriptentwurf oder Revision des Artikels.
- Finale Approbation vor Veröffentlichung.
- Verantwortlichkeit für die Richtigkeit und Vollständigkeit. Dies betrifft jeden einzelnen der Autoren.
Eine retrospektive Analyse ergab, dass diese Kriterien lediglich bei 21 % der Artikel erfüllt waren. Es wurden weiterhin oft Namen von „honorary authors“ ohne wesentlichen Beitrag genannt, umgekehrt wurden Namen von „ghost authors“ weggelassen.
Frits Holleman, Mick Uijldert, Lennart F Donswijk, Edwin A M Gale
Productivity of authors in the field of diabetes: bibliographic analysis of trial publications
British Medical Journal, 351:h2638, Published online 1 July 2015. doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.h2638
Elizabeth Wager
Are profilic authors too much of a good thing?
British Medical Journal, 351:h2782, Published online 1 July 2015. doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.h2782
Helmut Schatz
‘Super-Triaslisten’ beherrschen die Literatur über Diabetesmedikamente
Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, 13. Juli 2015