23. Juni 2015

Neurotoxische Auswirkung von Pyrethroiden

Französische Forscher fanden eine Evidenz für die Neurotoxizität von Pyrethroid-Insektiziden bei Menschen.

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Insektizide beeinflussen womöglich die kognitive Entwicklung von Kindern.

 

Nachdem etliche toxische Verbindungen wie Organochoride, Organophosphate und Carbamat wegen gesundheitlicher Bedenken verboten wurden, stieg in den letzten Jahren die Beliebtheit von Prythroiden, da diese bislang für Mensch und Tier als relativ sicher galten. Pyrethroid-hältige Insektizide zählen mittlerweile zu den am häufigsten eingesetzten Pestiziden. Sie finden Verwendung in der Schädlingsbekämpfung in Wohnräumen, im Public Health-Sektor und in der Landwirtschaft. Auch in vielen Haushaltsprodukten wie Läuse-Shampoos und Mückenschutzmitteln sind Pyrethroide zu finden.

Doch nun ließ eine im Fachmagazin Environment International  publizierte Studie aufhorchen: Französische Forscher fanden eine Evidenz für die Neurotoxizität von Pyrethroid-Insektiziden bei Menschen. Eine Erhöhung der Urin-Werte beider Pyrethroid-Metaboliten (3-PBA und cis-DBCA) wurde bei sechsjährigen Kindern mit einem signifikanten Rückgang der kognitiven Leistungsfähigkeit assoziiert. Der Zusammenhang war insbesondere in Bezug auf das Sprachverständnis und das Arbeitsgedächtnis auffällig.

INSERM-Forscher in Rennes, Frankreich, untersuchten 287 Mutter-Kind-Paare aus der PELAGIE-Kohorte (Perturbateurs Endocriniens: Étude Longitudinale sur les Anomalies de la Grossesse, l’Infertilité et l’Enfance), die im Zeitraum 2002 bis 2006 gegründet wurde, um die Exposition gegenüber Pyrethroid-Insektiziden zu analysieren. Die neurokognitiven Leistungen jedes Kindes aus der Studienpopulation wurde von Psychologen anhand der WISC-Skala beurteilt, die eine Kombination aus dem Sprachverständnis-Index VCI und dem Arbeitsgedächtnis-Index WMI darstellt.

Gleichzeitig wurde die Exposition gegenüber Pyrethroid-Insektiziden durch die Messung der fünf Metaboliten-Levels (3-PBA, 4-F-3-PBA, cis-DCCA, trans-und cis-DCCA DBCA) im Urin der jeweiligen Mutter und ihres Kindes geschätzt. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass eine Erhöhung der Metaboliten 3-PBA und cis-DBCA bei Kindern mit einem signifikanten Abfall der kognitiven Leistungsfähigkeit einherging. Bei den ürbigen drei Metaboliten kam es nicht zu einem so drastischen Rückgang.

In einer Pressemitteilung erklärten die Forscher, dass die Beobachtungen in weiteren Studien reproduziert werden müssen, um endgültige Schlüsse ziehen zu können. Allerdings zeige die Studie eine potenzielle Verantwortlichkeit niedriger Dosen von Deltamethrin und von Pyrethroid-Insektiziden im Allgemeinen.

Die Tatsache, dass Kinder eigentlich täglich Pyrethroiden ausgesetzt sind, sei den Wissenschaftlern zufolge bedenklich. Kinder befänden sich näher am Boden und seien dadurch vermehrt schadstoffhaltigem Staub ausgesetzt. Darüber hinaus hätten sie einen häufigeren Hand-zu-Mund-Kontakt als Erwachsene. Kinder absorbieren Pyrethroide vor allem über das Verdauungssystem, aber auch über die Haut kommt der Organismus mit den Insektiziden in Berührung. Pyrethroide werden rasch in der Leber metabolisiert und vorwiegend über den Urin als Metaboliten innerhalb von 48 Stunden ausgeschieden.

Angesichts dieser Faktoren und aufgrund der Neurotoxizität von Pyrethroiden gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich Verunreinigungen mit diesen Insektiziden negativ auf das Nervensystem und dessen Entwicklung bei Kindern auswirken.

Jean-François Viel, Charline Warembourg, Gaïd Le Maner-Idrissi, Agnès Lacroix, Gwendolina Limon, Florence Rouget, Christine Monfort, Gaël Durand, Sylvaine Cordier, Cécile Chevrier
Pyrethroid insecticide exposure and cognitive developmental disabilities in children: The PELAGIE mother–child cohort
Environment International, Volume 82, September 2015, Pages 69–75, doi:10.1016/j.envint.2015.05.009