Membranlipide organisieren Zelleigenschaften
Das Labor von Giulio Superti-Furga am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entdeckte ein grundlegendes Organisationsprinzip, das hinter der Regulation biologischer Materie steckt. Demnach lassen sich die Lipid-Lipid Co-Regulationen in der Zellmembran als ringförmiges Netzwerk darstellen.
Wiener Forscher um den CeMM-Leiter Giulio Superti-Furga sowie die Mitarbeiter Marielle Köberlin, Berend Snijder, Leonhard Heinz und die Co-Autoren schlagen einen über verschiedene Zellarten und Lebewesen hinweg konservierten “Code” für die Organisation von Lipiden und deren Veränderung im Rahmen von Stoffwechselprozessen vor. In den Fachzeitschriften “Cell” und “Cell Reports” publizierten sie zwei Studien zur Regulation von Lipiden an der Zelloberfläche: Diese besteht aus einer Lipid-Membran und den Membran-Proteinen. Letztere sind beispielsweise Rezeptoren, welche Signale von außen aufnehmen und als solche anschließend in den Zellkern weiterleiten.
In einer der Studien dienten Makrophagen als “Modell”. Die Forscher sind in der Lage, die Mengen von 245 verschiedenen Lipiden an der Zellmembran genau zu bestimmen. Sie untersuchten deren Zusammensetzung und ihre Veränderung im Zuge von Stoffwechselprozessen anhand der Auswirkungen des Ausschaltens von neun Enzymen, die dabei eine Rolle spielen. Dabei stellte sich heraus, dass es offenbar ein Netzwerk an Co-regulierten Lipiden in und an der Zelloberfläche der Makrophagen gibt. Wenn man dieses visualisiere, zeige sich eine Interdependenz zwischen Hunderten verschiedenen Lipiden der Zellmembran. Superti-Furga zufolge handelt es sich beinahe um ein fast perfektes ringförmiges Netzwerk, einen übergeordneten ‘”Code”.
Noch ist die Funktion von rund 90 Prozent der Lipide der Zellmembranen unbekannt. Die Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass man deren wahrscheinliche Funktion vorhersagen kann. So könne man etwa voraussagen, welche Zellmembran-Bestandteile bei Entzündungen oder der Unterdrückung entzündlicher Prozesses eine Rolle spielen. Darüber hinaus lasse sich eruieren, welche Membranbestandteile bei solchen Abläufen hinaufreguliert und welche gebremst werden.
Eine am 30. Juni im Fachjournal Cell Reports erschienene Arbeit stellte an Makrophagen dar, dass das Enzym SMPDL3B bei Aktivierung eine Entzündungsreaktion bremst. Dies erfolgt den Forschern um Leonhard X. Heinz zufolge über die Veränderung der “Flüssigkeit” der Zellmembran. Mäuse ohne das Enzym zeigten hingegen auf entsprechende Reize verstärkte Entzündungszeichen. Die Abläufe sind jedenfalls wichtig für die angeborene Immunantwort.
Marielle S. Köberlin, Berend Snijder, Leonhard X. Heinz, Christoph L. Baumann, Astrid Fauster, Gregory I. Vladimer, Anne-Claude Gavin, Giulio Superti-Furga
A Conserved Circular Network of Coregulated Lipids Modulates Innate Immune Responses
Cell 162, July 2, 2015: 1-14. DOI: 10.1016/j.cell.2014.05.051
Leonhard X. Heinz, Christoph L. Baumann, Marielle S. Köberlin, Berend Snijder, Riem Gawish, Guanghou Shui, Omar Sharif, Irene M. Aspalter, André C. Müller, Richard K. Kandasamy, Florian P. Breitwieser, Andreas Pichlmair, Manuela Bruckner, Manuele Rebsamen, Stephan Blüml, Thomas Karonitsch, Astrid Fauster, Jacques Colinge, Keiryn L. Bennett, Sylvia Knapp, Markus R. Wenk, Giulio Superti-Furga
The Lipid-Modifying Enzyme SMPDL3B Negatively Regulates Innate Immunity
Cell Reports 11, June 30, 2015: 1–10. DOI: 10.1016/j.celrep.2015.05.006
Quelle: APA