5. Juni 2014

Recht: Schwalterschaft für Alkoholkranke?

Der OGH musste sich bereits mehrfach mit den Voraussetzungen der Sachwalterschaft bei Alkoholkranken beschäftigen. Problematisch sind insbesondere jene Fälle, in denen zwar keine gravierenden Störungen des Gedächtnisses sowie kein größerer geistiger Abbau, bedingt durch den Alkoholabusus, feststellbar ist, eine Stabilisierung der Lebenssituation der Betroffenen aber nur durch die kontinuierliche Betreuung durch einen Sachwalter möglich ist. Gesetzliche Voraussetzung für die Bestellung eines Sachwalter ist, dass eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist, nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen. Nach ständiger Rechtsprechung umfassen die Begriffe „Psychische Krankheit“ und „Geistige Behinderung“ jede geistige Störung, die die gehörige Besorgung der eigenen Angelegenheiten hindert. Die Gerichte sind daher auch dann, wenn eine Geisteskrankheit oder Geistesschwäche medizinisch nicht einwandfrei feststellbar ist, berechtigt, aufgrund des durch Sachverständigengutachten ermittelten Zustandsbildes der betroffenen Person eine Geistesstörung anzunehmen, die diese unfähig macht, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Der Missbrauch von Alkohol allein ist nach Ansicht des OGH allerdings noch kein Grund für eine Sachwalterbestellung, sofern damit nicht eine psychische Krankheit oder geistige Behinderung zum Ausdruck kommt oder dessen Folge ist. Dass alkoholkranken Personen in gewissem Maße die Einsicht in ihre Suchterkrankung und insofern die Kritikfähigkeit fehlt, sei für derartige Krankheitsfälle wohl eine geradezu typische Begleiterscheinung und per se ebenfalls keine geistige oder psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert.

Autor: Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner

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