Wieder Ruhe für Restless Legs
MARBURG – Quälende Unruhe, immer wenn sich der Patient zur Ruhe begibt. Dieses Kardinalsymptom des Restless-Legs-Syndroms kann auch im Zusammenhang mit anderen Krankheiten oder als Nebenwirkung von Medikamenten auftreten. Doch wie lässt sich die genaue Ursache klären? Und wie können Sie Ihrem Patienten helfen, wieder zur Ruhe zu kommen?
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist mit einer Prävalenz von 5 bis 10 % die häufigste neurologisch bedingte Schlafstörung. Frauen trifft es etwa doppelt so oft wie Männer. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr, oft findet sich eine familiäre Häufung. Jede vierte Schwangere zeigt im letzten Trimenon RLS-Symptome. Die Diagnose wird anhand der klinischen Symptomatik gestellt, wobei vier essenzielle Kriterien (s. Kasten) erfüllt sein müssen. Zusätzlich unterstützen weitere Kriterien, wie Familienanamnese und Ansprechen auf die Therapie, die Diagnose, berichten Martina Krenzer von der Neurologie der Universitätsklinik Marburg und Kollegen.
Eisenmangel oder Diabetes im Spiel?
Beim Ausschluss eines RLS als Begleitsyndrom anderer Erkrankungen hilft neben neurologischen und elektrophysiologischen Tests die Labordiagnostik. Hierbei sollte man mindestens Blutbild, Ferritin und Kreatinin bestimmen, möglichst aber auch HbA1c-Wert bzw. Blutzuckerspiegel, B-Vitamine und Folsäure. Ein Eisenmangel kommt auch bei Patienten mit idiopathischem RLS relativ oft vor. Nierenretentionswerte geben Hinweise auf eine Urämie, ein weiterer häufiger Begleiter der „Zappelbeine“. Durch die Bestimmung des HbA1c-Werts (bzw. Blutzuckerspiegels) sowie der Serumspiegel von B-Vitaminen und Folsäure lässt sich eventuell eine (diabetische) Neuropathie aufdecken.
Unter den häufig verordneten Medikamenten können insbesondere das Antidepressivum Mirtazapin sowie Neuroleptika ein Restless-Legs-Syndrom auslösen oder die Symptomatik verschlechtern. Unruhige Beine kommen auch z. B. bei Paresen oder Nervenschädigungen (Myelo-, Radikulopathien) vor. Außerdem können Gelenk-, Muskel- und Gefäßerkrankungen sowie neuropsychiatrische Leiden (Akathisie) ein RLS nachahmen. Differenzialdiagnostisch sollte zudem an schlafbezogene Atmungsstörungen, habituelles Gliederwackeln oder unspezifische Nervosität gedacht werden.
Erste Wahl: Dopaminerge Medikamente
Ist das Restless-Legs-Sydrom mit einer anderen Grunderkrankung assoziiert, sollte man diese, wenn möglich, zunächst behandeln. Bei Verdacht auf eine Medikamentennebenwirkung kann ein Auslassversuch hilfreich sein. Eine spezielle Pharmakotherapie ist indiziert, wenn keine erkennbaren Ursachen für die Symptome vorliegen und andere Erkrankungen (RLS-Mimics) ausgeschlossen sind bzw. bereits behandelt werden. Bei mildem bis moderatem RLS sind L-Dopa plus Decarboxylasehemmer die Mittel der ersten Wahl.
Die Dosierung sollte möglichst niedrig gewählt und die Behandlung am besten intermittierend durchgeführt werden, um einer schnellen Augmentation vorzubeugen. Darunter versteht man eine Verschlechterung der Symptomatik bzw. einen früheren Beginn im Tagesverlauf. Diese Nebenwirkung tritt vor allem unter langfristiger L-Dopa-Therapie relativ häufig auf (seltener unter Dopaminagonisten). Zugelassen für die Indikation RLS ist die Kombination von Levodopa/ Benserazid (100/25 mg oder 200/50 mg). Das Medikament wird nüchtern eine Stunde vor dem Schlafengehen eingenommen. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit kann es in der zweiten Nachthälfte erneut zu Beschwerden kommen. In diesem Fall sollte der Patient abends die Kombination zusätzlich in retardierter Form einnehmen, aber eine L-Dopa-Gesamtdosis von 400 mg pro Tag keinesfalls überschreiten.
Für Patienten mit mittelgradigem bis schwerem RLS beziehungsweise bei Patienten mit Augmentation unter L-Dopa stehen Dopaminagonisten zur Verfügung. Zugelassen für die Behandlung des RLS sind Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin-Pflaster. Bei allen Präparaten empfiehlt sich ein schrittweises Aufdosieren. Die Auswahl der Substanz erfolgt entsprechend dem Nebenwirkungsprofil und der Verträglichkeit.
Bei Kontraindikation: Opiate, Antikonvulsiva
Bei Kontraindikation gegen dopaminerge Medikamente kommt in schweren Fällen ein Therapieversuch mit Opiaten infrage, bisher erfolgt dies allerdings noch off label. Für retardiertes Oxycodon/ Naloxon hat eine placebokontrollierte Doppelblindstudie eine deutliche Besserung von Symptomen und Lebensqualität gezeigt, eine Augmentation trat nicht auf. Ebenfalls noch nicht für die Indikation RLS zugelassen ist die Gabe von Pregabalin oder Gabapentin, die sich in Studien auch als wirksam erwiesen hat.
Martina Krenzer et al., Nervenarzt 2014; 85: 9–18
- Bewegungsdrang der Beine, selten der Arme, sowie unangenehme Sensationen oder Schmerzen in den Beinen, seltener in den Armen oder anderen Körperteilen
- Die Symptome treten ausschließlich oder verstärkt in Ruhe (Liegen oder Sitzen) auf.
- Durch Bewegung (Umhergehen, Dehnen) bessern sich die Symptome praktisch augenblicklich für die Dauer der Aktivität.
- Tageszeitabhängigkeit: Die Symptome treten überwiegend abends oder nachts auf.
Weiterlesen