SARS-CoV-2-Dunkelziffer: Dreitägige Studie startet
Ab Donnerstag, dem 12.11. 2020 werden erneut 2.500 zufällig ausgewählte Österreicher für eine Studie im Zusammenhang mit dem Coronavirus getestet. Die Untersuchung soll herausfinden, wie hoch die Dunkelziffer im Land ist. In einer weiteren Testreihe der Coronavirus-Studie wird die Bevölkerung von Ischgl auf Antikörper getestet. Im April hatten 42,4 Prozent der Bewohner Antikörper aufgewiesen. Nun stellt sich die Frage, wie hoch dieser Anteil nach sechs Monaten ist.
So läuft die Studie ab
Durchgeführt wird die dreitägige Dunkelzifferstudie von Statistik Austria. Die Testteilnehmer ab einem Alter von 16 Jahren wurden in einem wissenschaftlichen Verfahren per Zufall aus dem Zentralen Melderegister ausgewählt. Diese haben vom 12. bis 14. November die Möglichkeit, an dem mehrteiligen SARS-CoV-2-Test teilzunehmen. Dabei werden ein PCR-Abstrich, ein Antikörper-Schnelltest sowie eine Blutentnahme zur Antikörpertestung im Labor durchgeführt. Den Auftrag zu den Tests gab das Wissenschaftsministerium in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK) sowie der MedUni Wien, die das Probenmaterial untersucht. Zur Probenabnahme wurden österreichweit für die Studie 53 Teststationen bereitgestellt. Zusätzlich wird der Zustrom der Testpersonen durch die Vergabe von Zeitfenstern reguliert. Die Teilnehmenden werden persönlich über ihr Testergebnis informiert.
Relevante Gesamtergebnisse werden der Öffentlichkeit im Dezember vorgestellt. Der ersten Dunkelziffern-Studie zufolge waren Anfang April in Österreich zwischen 10.200 und 67.400 Personen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert. Der wahrscheinlichste Wert lag bei 28.500 Infizierten, was 0,33 Prozent der Bevölkerung entspricht. Im Mai lag der höchste Wert bei 10.823 Infizierten (0,16 Prozent).
Weitere Antikörpertests in Ischgl
In Ischgl waren im April rund 80 Prozent der Bevölkerung auf Antikörper getestet worden, nun werden die Ischgler abermals auf ihre Immunantwort getestet. Dieses Mal werden nicht nur Antikörper analysiert, sondern bei einigen Probanden auch die zellulare Immunabwehr durch sogenannte T-Zellen. Betreut wird die Studie von Dorothee von Laer, Virologin an der Medizinischen Universität Innsbruck, gemeinsam mit Wegene Borena. Die Basisstudie vom April zeigte, dass "ein erstaunlicher Prozentsatz Antikörper aufwies, und es parallel dazu kaum Neuinfektionen gab", erinnerte sich von Laer. 27 Prozent der Kinder und 45 Prozent der Erwachsenen waren im Frühjahr Corona-positiv. Rund 42 Prozent der Studienteilnehmer wiesen Antikörper auf. Der Anteil der positiv auf Antikörper Getesteten liege damit etwa sechs Mal höher, als die Zahl der zuvor mittels PCR-Test positiv getesteten Personen, erklärte die Studienleiterin bei der Vorstellung der Studienergebnisse im Juni. 85 Prozent hätten die Infektion unbemerkt durchgemacht. Wie auch bei der Basisstudie wurden alle Bewohner von Ischgl über 18 Jahre eingeladen.
Freiwillige Teilnehmer
Die Beteiligung war groß, berichtete die Virologin: "Beim ersten Mal wurden rund 1.400 Personen getestet. Dieses Mal sind Kinder nicht eingeschlossen, und wir haben 900 freiwillige Teilnehmer rekrutiert. Sie zeigte sich vom regen Interesse und der Unterstützung der Ischgler beeindruckt. Die Studie werde "einen entscheidenden Beitrag zur Frage leisten, wie lange eine Immunität anhält", so von Laer. Ischgl sei der ideale Ort für eine solche Studie. "Es gibt nur wenige Orte auf der Welt, wo eine so hohe Prävalenz von Antikörpern vorherrscht". Zudem sei Ischgl seit dem letzten Test großteils "unter sich" geblieben, die Wintersaison hat noch nicht begonnen. "Ideale Bedingungen für eine Folgestudie", befand die Wissenschafterin. Getestet wird bei den Teilnehmern auch diesmal die Immunantwort. Wie bei der Basisstudie werden in der aktuellen Studie zwei verschiedene serologische Tests zum Nachweis von SARS-CoV-2-spezifischen Antikörpern verwendet. Zusätzlich wird die zelluläre Immunantwort in Betracht gezogen. Hierbei wird, so erklärte von Laer, "den Zellen das COVID-19-Virus gezeigt und dann kontrolliert, ob sie dadurch stimuliert, also aktiver, werden". T-Zellen bezeichnet von Laer auch als "Killerzellen", denn sie "spüren Virus-infizierte Zellen auf und räumen diese ab". Zelluläre Immunabwehr könnte eine Erklärung dafür sein, dass manche Menschen nicht an COVID-19 erkranken, obwohl sie Kontakt mit positiv Getesteten gehabt hätten, erklärte sie. Zudem sei auch denkbar, dass eine Immunität besteht, auch wenn keine Antikörper mehr vorhanden sind. Zusätzlich zum Bluttest werden dieses Mal die Teilnehmer dazu angehalten, einen ausführlichen Fragebogen zu ihrer gesundheitlichen und psychischen, aber auch sozioökonomischen Situation zu beantworten.
Die Studie ist auf zwei Monate anberaumt, erste Ergebnisse seien Anfang des nächsten Jahres zu erwarten, sagte von Laer. (APA)