17. Dez. 2019Frontiers in Urologic Oncology

Oligometastasiertes Prostatakarzinom: Was lokale Therapien bringen

Konferenzsprecher
Foto: Barbara Krobath

Wenn bei einem Patienten mit Prostatakarzinom (PCa) bereits bei der Diagnose lokale Metastasen vorliegen, stellt sich die Frage, ob eine Therapie des Primärtumors sinnvoll ist. Ausgehend von einem Fallbeispiel, bewertete Prof. Quoc-Dien Trinh, Brigham and Women’s Hospital, Boston, die heute verfügbaren Optionen.

Oligometastasiertes PCa: Bestrahlung oder Operation?

Trinh stellt in seinem Vortrag einen Patienten vor, der sich mit hohem PSA-Wert präsentierte, dann aber für zwei Jahre weitere Kontrollen versäumte. Nach dieser Zeit lag der PSA bei 39; eine Biopsie sowie MRI ergaben die Diagnose PCa und Verdacht auf metastatische Lymphknoten im Becken. Ein PET-Scan bestätigte den begrenzten Lymphknotenbefall; Knochenmetastasen lagen nicht vor.

Für solch einen Patienten wird nach den aktuellen NCCN-Guidelines eine externe Strahlentherapie (EBRT) kombiniert mit Androgendeprivation (ADT) empfohlen, jedoch kein chirurgischer Eingriff. In der Tat ergab eine retrospektive Analyse von mehr als 15.000 PCa-Patienten, die schon bei der Diagnose Metastasierung zeigten (mPCa), einen Überlebensvorteil durch lokale Therapie mittels EBRT oder radikaler Prostatektomie (RPE).1 Auch die kontrollierte Phase-III-Studie STAMPEDE ergab, dass mPCa-Patienten, die keine hohe Metastasen-Last aufweisen, von der EBRT profitieren.2 Eine lokale Bestrahlung der Prostata sollte daher die Standardoption bei neu diagnostiziertem lokal fortgeschrittenem mPCa sein.

Aber auch die RPE beim Hochrisiko-mPCa ist eine sichere Möglichkeit, wenn eine lokale Resektion möglich ist und von Experten bei ausgewählten Patienten durchgeführt wird; auch hier werden akzeptable onkologische Ergebnisse erzielt.3,4 Randomisierte kontrollierte Studien (RCT) dazu liegen jedoch nicht vor.

Neoadjuvante ADT vor Prostatektomie beim Hochrisiko-mPCa

Historische Daten zeigen, dass ADT zwar das Tumorvolumen reduziert, jedoch ein biochemisches Rezidiv (BCR) nicht verhindert. Deshalb wurde ADT bisher nicht für ein Downstaging empfohlen. Doch nun gibt es eine Reihe neuer Medikamente und eine Neubewertung der neoadjuvanten ADT wird notwendig.

Eine retrospektive Studie ergab einen möglichen Nutzen neoadjuvanter ADT: Nach drei Jahren hatten 70 Prozent der Patienten kein BCR; von den Patienten, die nach RPE Resttumore mit einem Durchmesser ≤0,5cm aufwiesen, hatte keiner ein Rezidiv.5 Bei Patienten, die in einer rezenten Phase-II-Studie Enzalutamid, Leuprolid und Abirateron/Prednison gefolgt von RPE erhielten, zeigte sich in 30 Prozent der Fälle ein vollständiges Ansprechen; eine langfristige Nachverfolgung steht noch aus.6 Eine Reihe weiterer Studien in diesem Feld ist unterwegs.

Der oben vorgestellte Patient wurde in eine zur Zeit noch laufende klinische Studie mit neoadjuvanter ADT gefolgt von RPE eingeschlossen. Er war nach RPE und Entfernung der Lymphknoten im Becken gemäß Pathologie frei von Tumor und Metastasen. Auch nach über einem Jahr trat kein BCR auf; er ist normal aktiv und nicht inkontinent.

Fazit

  • Eine externe Strahlentherapie (EBRT) ist heute der Behandlungsstandard für das oligometastasierte Prostatakarzinom.
  • Der Einsatz der lokalen chirurgischen Behandlung beim Hochrisiko-Prostatakarzinom wird durch einige Evidenz vom Grad 2 gestützt, doch Grad-1-Evidenz fehlt.
  • Es ist zu früh, um zu beurteilen, ob es ein Comeback der neoadjuvanten ADT geben wird.

Referenzen
1 Löppenberg B et al. Eur Urol 2017; 72: 14–19
2 Parker CC et al. Lancet 2018; 392: 2353–2366
3 Sooriakumaran P et al. Eur Urol 2016; 69: 788–94
4 Gandaglia G et al. Eur Urol 2017; 72: 289–292
5 McKay RR et al. Prostate Cancer Prostatic Dis 2018; 21: 364–372
6 McKay RR et al. J Clin Oncol 2019; 37: 923–931

Quelle 
5th Michael J. Marberger Annual Meeting: Frontiers in Urologic Oncology