Roboterassistierte Zystektomie: „Geringe Vorteile, neue Konzepte notwendig“
Die radikale Zystektomie wird in einer offenen Operation (ORC) oder aber roboterassistiert laparoskopisch durchgeführt. Der aktuelle Stand der neueren RARC-Methodik wurde am Marberger Meeting diskutiert.
Was das onkologische Outcome anbelangt, so sind roboterassistierte laparoskopische radikale Zystektomien (RARC) offenen radikalen Zystektomien (ORC) nicht unterlegen, wie mehrere Studien zeigen. RARC sind mit geringerem Blutverlust verbunden, dauern aber länger, sind teurer und haben eine beträchtliche Lernkurve. Wiegen die Vorteile den Mehraufwand auf? – Experten fassten die aktuelle Datenlage zusammen.
RARC – Erfahrungen eines Zentrums
Die RC ist der Goldstandard bei muskelinvasivem (MIBC) und auch bei rezidivierendem nicht-invasivem Blasenkrebs (NMIBC). Prof. Francesco Montorsi schilderte seine Erfahrungen am Ospedale San Raffaele, Mailand:
- Entscheidend ist das Zusammenspiel mit dem Onkologen, der aus den verschiedenen Optionen eine neoadjuvante Therapie festlegen muss. Ein bewährtes Protokoll besteht aus drei Zyklen von Pembrolizumab vor der RC: In einer Studie konnten damit 54 Prozent der MIBC-Patienten auf NMIBC heruntergestuft werden, 42 Prozent erreichten ein komplettes Ansprechen.1
- Die RARC hat sich in den letzten Jahren als effektive Methode erwiesen und wird heute in etwa 60 Prozent der Fälle durchgeführt. Montorsi unterstrich, dass es eine beträchtliche Lernkurve zu durchschreiten galt, die Verkürzung der Operationszeit und Reduktion von Blutverlust und Komplikationen mit sich brachte. Heute gibt es kaum Unterschiede zwischen ORC und RARC in den wesentlichen Ergebnissen.
- Im Zuge der RARC wird eine erweiterte Resektion der Lymphknoten bevorzugt.
- Zur Harnumleitung wird entweder eine Neoblase oder ein Ileum-Conduit angelegt, in manchen Fällen auch eine Harnleiter-Haut-Fistel. Heute kann auch eine Neoblase roboterassistiert hergestellt werden.2
Offen vs. roboterassistiert – aktuelle Studien
Prof. Claudio Jeldres, Universität Sherbrooke, Kanada, verglich die Studienlage zu ORC und RARC:
- Bezüglich des langfristigen onkologischen Ergebnisses, also des (progressionsfreien) Überlebens, zeigen drei Studien keine signifikanten Unterschiede bzw. keine Unterlegenheit der RARC gegenüber der ORC im Beobachtungszeiträumen von drei bis sechs Jahren.3-5
- Die Häufigkeit von Lokalrezidiven nach ORC oder RARC war in aktuellen Studien nicht signifikant verschieden.6,7 Eine rezente Metaanalyse zeigte jedoch einen Trend zugunsten der ORC.8 Eine Studie fand für die ORC zwar Vorteile bzgl. Lokalrezidiven, jedoch Nachteile bzgl. distanter Rezidive und in der Summe keine Unterschiede.4
- Die Metaanalyse ergab keine Unterschiede zwischen ORC und RARC bzgl. der Lebensqualität des Patienten drei Monate nach der Operation und keine Unterschiede bzgl. Komplikationen sowie Länge des Krankenhausaufenthalts.8
- Die Operation dauert mit RARC etwa eine Stunde länger als mit ORC, aber Bluttransfusionen waren bei RARC seltener notwendig.8 Der Blutverlust mit RARC war um 57 Prozent reduziert.
- Die Kosten der RARC sind um bis zu 5.000 Dollar pro Fall höher als die der ORC.
Es gibt also mehrere Studien der Evidenzklasse 1, die zeigen, dass RARC der ORC nicht unterlegen ist. RARC-Operationen dauern länger und sind teurer, aber mit geringerem Blutverlust verbunden.
In der Diskussion stellte Univ.-Prof. Dr. Shahrokh Shariat, Leiter der Universitätsklinik für Urologie, Wien, fest, dass es eigentlich eine Zeitverschwendung sei, den offensichtlich geringen Vorteilen der RARC weiter nachzujagen; vielmehr müsse man zu neuen Konzepten weiterschreiten.
Referenzen
1 Necchi A et al. J Clin Oncol 2018 Oct 20: JCO1801148
2 Cacciamani GE et al. Eur Urol 2019; 76: 381–390
3 Parekh DJ et al. Lancet. 2018; 391: 2525–2536
4 Bochner BH et al. Eur Urol 2018; 74: 465–471
5 Hussein AA et al. J Urol. 2019; 202: 927–935
6 Hanna N Urol Oncol 2018; 36: 88.e1-88.e9
7 Faraj KS et al. Urol Oncol. 2019; 37: 862–869
8 Sathianathen NJ et al. J Urol 2019; 201: 715–720
Quelle
5th Michael J. Marberger Annual Meeting: Frontiers in Urologic Oncology