ESMO 2019: Osimertinib in der Erstlinie verbessert das Gesamtüberleben beim EGFR-mutierten NSCLC
In der Phase-III-Studie FLAURA (NCT02296125) wurde in einer Auswertung mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Osimertinib versus den Standard-TKI Gefitinib oder Erlotinib das Gesamtüberleben signifikant verbessert (Ramalingam SS et al., Abstract LBA5_PR). Diese praxisverändernden Daten wurden in der Presidential Session 1 beim ESMO 2019 präsentiert.
Osimertinib ist ein Drittgenerations-EGFR-TKI, der irreversibel an die Kinase bindet und auch die häufige Resistenzmutation T790M inhibiert. Mutierte EGFR-Kinasen werden zudem stärker inhibiert als die Wildtyp-EGFR-Kinase, was sich in einem günstigeren Nebenwirkungsprofil gegenüber Standard-EGFR-TKI widerspiegelt. Die Substanz ist darüber hinaus auch bei ZNS-Metastasierung ausgezeichnet wirksam.
FLAURA
Die Phase-III-Studie FLAURA beim EGFR-mutierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) verglich Osimertinib mit den Standard-TKI Gefitinib oder Erlotinib. Die Studie schloss 556 therapienaive Patienten mit nachgewiesenen EGFR-Mutationen ein, entweder mit der Punktmutation L858R oder einer Deletion in Exon 19. Bereits 2018 wurde berichtet, dass die Studie ihren primären Endpunkt einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens erreicht hat (Soria JC et al., N Engl J Med 2018). Zum damaligen Zeitpunkt konnte aber nur ein nicht signifikanter Trend zu besseren Überlebensdaten demonstriert werden, da die Daten mit 25 Prozent der Ereignisse noch nicht reif waren.
Signifikanter OS-Vorteil
Die jetzt vorgestellte finale Analyse des Gesamtüberlebens mit 58 Prozent der Ereignisse konnte hingegen einen signifikanten Überlebensvorteil für den Einsatz des Drittgenerations-TKI in der Erstlinie aufzeigen: Das mediane OS war mit 38,6 versus 31,8 Monaten gegenüber der Standardtherapie mit Gefitinib oder Erlotinib um fast sieben Monate verlängert (HR 0,799; p=0,0462). Nach drei Jahren lebten im Osimertinib-Arm noch mehr als die Hälfte der Patienten (54%), hingegen im Referenzarm nur 44 Prozent.
Der präsentierende Autor Prof. Suresh Ramalingam, Winship Cancer Institute of Emory University, Atlanta, USA, betonte, dass dies die erste Studie sei, die einen Überlebensvorteil gegenüber anderen EGFR-TKI zeigen konnte.
In der Kontrollgruppe wechselten 31 Prozent der Patienten bei Progression in den Osimertinib-Arm. Das repräsentiert ca. 47 Prozent der Patienten im Kontrollarm, die eine Post-Study-Therapie erhielten. Diese Zahlen seien konsistent mit denen, die man in einem Real-World-Setting erwarten würde, denn nur etwa 50 Prozent entwickeln die EGFR-Resistenzmutation T790M und wären damit Kandidaten für Osimertinib.
Ramalingam betonte, dass FLAURA ihre primären und sekundären Studienendpunkte erreicht habe und sich durch ein günstiges Nebenwirkungsprofil auszeichne. Auf Basis dieser Daten solle Osimertinib bevorzugt in der Erstlinie eingesetzt werden.
Die optimale Therapiesequenz einsetzen
ESMO-Kommentatorin Dr. Pilar Garrido, Ramón y Cajal University Hospital, Madrid, hielt fest, dass diese Daten gute Neuigkeiten für die betroffenen Patienten sind. Die Größenordnung des OS-Vorteils sei aber auch relevant für die immer noch andauernde Diskussion über die optimale Therapiesequenz. Immerhin sei Osimertinib der einzige TKI, der auch als Zweitlinientherapie im Falle der Resistenzmutation T790M zugelassen ist. Sie gibt zu bedenken, dass Osimertinib zwar einen Überlebensvorteil in der Erstlinie bietet, aber dass nach einer Progression kein TKI für eine zielgerichtete Therapie mehr zur Verfügung stünde. Die einzige Option wäre dann eine Chemotherapie. Diese Problematik müsse mit den Patienten diskutiert werden.
Für die Patienten sei es aber wichtig, das maximale Chemotherapie-freie Intervall anzustreben, deshalb müsse die optimale Therapiesequenz noch in speziell dafür geplanten Studien ermittelt werden.
„Osimertinib ist der neue Standard in der Erstlinientherapie“
Für medonline.at kommentierte OA Dr. Georg Pall, Universitätsklinik für Innere Medizin V, Innsbruck, die Daten FLAURA-Studie so: “Schon lange besteht im Feld die Frage, welche TKIs für eine optimale Erstlinientherapie eingesetzt werden sollten. Das nun präsentierte mediane Gesamtüberleben mit Osimertinib ist der beste Wert, der jemals für diese Patientengruppe erzielt worden war. Mit den verbesserten zusätzlichen Endpunkten des PFS und der ZNS-Aktivität ist die Frage der Therapiesequenz nun weitestgehend beantwortet, und Osimertinib muss als Standard in der Erstlinientherapie definiert werden.”
Prof. Dr. Solange Peters, PhD, vom Schweizer CHUV Lausanne, die die Studie für medonline.ch kommentierte, ist überzeugt, dass die Gesamtüberlebens-Ergebnisse der FLAURA-Studie sich in einen aktuellen Trend einfügen: „Beim Lungenkrebs muss man mit der besten Therapie beginnen.“ Die Zahl der Patienten, für die Osimertinib als Zweitlinientherapie infrage kommen sei klein, denn nur die Hälfte der Patienten entwickle überhaupt die T790-Mutation, auf die Osimertinib abziele. In der Studie, in der die besten Zentren Patienten behandelt hätten, wären nur 30 Prozent der Patienten aus dem Kontroll-Arm in den Osimertinib-Arm gewechselt. „In einem Real-World-Setting würden wahrscheinlich noch weniger Patienten in Frage kommen.“ Zusätzlich habe Osimertinib das bessere Sicherheitsprofil, da es nicht, wie die anderen TKIs, auch auf den Wildtyp-EGFR abziele. Damit erreiche Osimertinib „39 Monate mit guter Lebensqualität“.
Referenzen
Ramalingam SS et al.: Osimertinib vs comparator EGFR-TKI as first-line treatment for EGFRm advanced NSCLC (FLAURA): Final overall survival analysis. #LBA5_PR
ESMO 2019 Congress
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