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Alkoholkonsum während eines Flugs verstärkt Sauerstoffmangel und belastet das Herz-Kreislauf-System
Die Gesundheitsrisiken, denen man sich während eines Fluges aussetzt, sind vielen nicht bewusst. Gefährdet sind vor allem Patientinnen und Patienten mit kardiorespiratorischen Erkrankungen. Aber auch völlig Gesunde sollten einige Verhaltensregeln beachten, darunter den Verzicht auf alkoholische Getränke.

Der Kabinendruck in Flugzeugen entspricht in der Regel den Bedingungen einer Höhe von 1.524 Metern (5.000 Fuß) bis 2.438 Metern (8.000 Fuß) – also einer leicht hypobaren, hypoxischen Umgebung. Traditionell galt der Sauerstoffdruck in einer Höhe von 10.000 Fuß als obere Grenze für deutlich negative Effekte der Hypoxie. Allerdings legen neuere Daten nahe, dass sich bereits in Höhen von 6.000 bis 8.000 Fuß relevante physiologische Veränderungen auch bei körperlich fitten Menschen einstellen. Unter anderem kann ein Flug in üblicher Höhe den Lungenarteriendruck steigern.
Der Genuss von Alkohol unter leicht hypoxischen Bedingungen wie bei einem üblichen Linienflug verstärkt den Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut und den Anstieg der Herzfrequenz, warnen Dr. Peter Hodkinson und sein Kollege von der Aerospace Medicine and Physiology Research Group am King’s College in London.
Unterschätztes Risiko für die Gesundheit
Der Alkoholkonsum kurz vor oder während eines Flugs ist ein vermutlich unterschätztes Gesundheitsrisiko. Das betrifft vor allem für Patientinnen und Patienten mit bereits bestehenden kardiorespiratorischen Erkrankungen. Hierzu zählen beispielsweise eine obstruktive Schlafapnoe oder ein adipositasbedingtes Hypoventilationssyndrom (Pickwick-Syndrom). Betroffene sollten also im Rahmen des Aufklärungsgesprächs zur Flugtauglichkeit auch auf diese Risiken hingewiesen werden. Neben Alkohol kann Schlaf in einer leicht sauerstoffarmen Umgebung als zusätzlicher Stressor angesehen werden (siehe Kasten).
Grenzwerte für Kabinendruck anpassen
Grundsätzlich ist der Kabinendruck als Kompromiss zu verstehen. Man wägt ab zwischen dem finanziellen Vorteil einer großen Flughöhe (weniger Treibstoffverbrauch) und dem Vermeiden unerwünschter Folgen einer Hypoxie und anderer Stressoren, die mit großer Höhe einhergehen.
Der Grenzwert für eine tolerierbare Hypoxie wurde früher aus Sicht des Piloten betrachtet. Schließlich ist dieser eine für die Sicherheit an Bord kritische Person. Daher muss er stets leistungsfähig sein. Die Autoren des Editorials jedoch regen an, die Grenzwerte des Kabinendrucks anzupassen. Es sollte die Mehrheit der Fluggäste – also auch solche, die eine Hypoxie gesundheitlich weniger gut vertragen – geschützt werden. Es gelte zudem, die (patho-)physiologischen Herausforderungen eines Linienflugs für die Allgemeinbevölkerung noch besser zu erforschen.
Dr. Susanne Meinrenken
Besser Tomatensaft als Rotwein
Wie eine hyperbare Hypoxie und Alkoholkonsum zusammen auf den schlafenden Körper wirken, zeigt eine Studie. Durchgeführt wurde sie vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln und der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen. Die Forschenden teilten 48 gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren in zwei Gruppen auf. Die einen schliefen unter Normalbedingungen in einem Schlaflabor, die anderen in einer Höhenkammer, die den Kabinendruck auf gut 2.400 m Flughöhe simulierte.
Die Hälfte jeder Gruppe trank vor dem vierstündigen Schlafintervall das Äquivalent von etwa zwei Gläsern Wein bzw. zwei Dosen Bier in Form von Wodka. Danach betrug die mittlere Blutalkoholkonzentration 0,43‰. Nach einer Erholungsphase von zwei Nächten mit jeweils acht Stunden Schlaf wurde die Alkoholzuteilung getauscht.
Auch bei jungen und gesunden Erwachsenen belastete die Kombination aus Alkoholkonsum, niedrigem Luftdruck und Schlaf das Herz-Kreislauf-System erheblich, erläutern die Forschenden. Die Sauerstoffsättigung sank auf durchschnittlich 85 %, kompensatorisch stieg die Herzfrequenz auf 88 bpm.
Die Gruppe, die Alkohol getrunken hatte, aber bei normalem Umgebungsdruck schlief, hatte eine Sauerstoffsättigung von 88% und eine Herzfrequenz von 73 bpm.
Bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die unter Normaldruck und ohne Alkohol im Blut schliefen, betrug die Sauerstoffsättigung nahezu 96%, während die Herzfrequenz bei 64 bpm lag.
Sabine Mattes