Wann ist die Übergabe der Patientinnen- und Patientenkartei heikel?
Es bleibt dabei: Die Verfügungsgewalt eines Arztes oder einer Ärztin über die Patientinnen- und Patientenkartei ist beschränkt. Das musste zuletzt ein Arzt für Allgemeinmedizin zur Kenntnis nehmen, der im Zuge seiner Pensionierung seine Patientinnen- und Patientenkartei an eine Kollegin weitergab, die ca. 350 Meter von seinem bisherigen Standort eine Ordination führte.
In Folge wurden die Patientinnen und Patienten durch Aushang informiert und die Daten an die Ärztin übertragen. Nur in jenen Fällen, in denen ein ausdrücklicher Widerspruch der Patientinnen und Patienten vorlag, wurde eine Datenübermittlung nicht vorgenommen. Der pensionierte Mediziner hat die Dokumentation von rund 15.400 Patientinnen und Patienten in elektronischer Form an seine Kollegin übergeben, die jedoch weder Kassenplanstellen- noch Ordinationsstättennachfolgerin war. Die Kassenplanstelle wurde an einen anderen Arzt übergeben.
Dass der Umgang mit den Patientinnen- und Patientendaten heikel ist, war den Beteiligten bewusst: Die übernehmende Ärztin nutzte die Kartei nur mit vorheriger Einwilligung der betroffenen Patientinnen und Patienten.
Die Transaktion kam vor die Datenschutzbehörde. Dort wurde festgehalten, dass der Allgemeinmediziner durch Weitergabe der Patientinnen- und Patientenkartei die betroffenen Patientinnen und Patienten in ihrem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt hat. Die Patientinnen- und Patientenkartei dürfe nur an die gesetzlich zuständige Kassenplanstellennachfolgerin übergeben werden.
Der VwGH bestätigte jenen Punkt, dass die übernehmende Ärztin weder die Kassenplanstellennachfolgerin noch die Ordinationsstättennachfolgerin war. Dadurch fehle ihr die Berechtigung, die Patientinnen- und Patientenkartei rechtswirksam von ihrem Vorgänger zu übernehmen. Daher musste die übernehmende Ärztin die Daten löschen und wurde auch dazu verpflichtet, die Patientinnen- und Patientenkartei wieder an den übergebenden Arzt zu übermitteln.
Wieder einmal ist festzuhalten: Die Übergabe einer Patientinnen- und Patientenkartei ist nur bei Ordinationsübernahmen erlaubt. Wer mit der übergebenden Praxis nichts zu tun hat, scheidet als Übernehmerin oder Übernehmer aus.