Fehlermanagement in der Arztpraxis
Qualitätsmanagement hilft Fehler zu vermeiden, die auf systemische Ursachen zurückzuführen sind. Sollte tatsächlich ärztlicherseits oder von Mitarbeitern ein Fehler begangen worden sein, so gibt es klare Richtlinien, wie vorzugehen ist. Die Information der betroffenen Personen steht an erster Stelle.

Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Fehlermanagement muss betont werden, dass gerade Ärztinnen und Ärzte in ihrer Tätigkeit danach streben, Sinnvolles zu tun, und (Behandlungs-)Erfolge erzielen wollen. Dennoch können unerwünschte Ereignisse eintreten, das Risiko dafür kann durch Qualitätsmanagement allerdings weitgehend minimiert werden.
Das Quintett aus Verantwortung, Befugnis, Ressourcen, Information und Kompetenz gibt dazu eine Orientierung. In der Praxis bedeutet es, dass jeder, der Verantwortung trägt, auch die nötigen Befugnisse, Ressourcen, Informationen und Kompetenzen haben muss, um dem jeweiligen Verantwortungsbereich gerecht zu werden. Die flache Hierarchie und die kurzen Informationswege in der Ordination sind da sicher von Vorteil – sowohl bei der Prävention als auch im Umgang mit Fehlern. Schon bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen sollten Sie also darlegen, wann was zu melden ist.
Wie soll der oder die Enzelne agieren, wenn er etwa organisatorische Probleme erkennt oder eine Leistung an der Patientin nicht wie geplant erbracht werden kann? Ermutigen Sie alle in ihrem Team, stets offen über Beinahe-Fehler genauso wie über begangene oder entdeckte Fehler zu sprechen. Voraussetzung dafür ist eine Kultur des Feedback-Gebens und -Nehmens!
Jegliche Über- oder Unterforderung wie die Übernahme von Aufgaben, die nicht den Kompetenzen entsprechen, sind zu vermeiden. Dort, wo oft „menschliches Versagen“ als Fehlerursache angeführt wird, steckt die Wurzel meist im System bzw. in einer unpassenden Aufgabenzuteilung oder -übernahme. Verwechslungen von Proben oder Patientenakten können durch eine klare Ablauf-Regelung vermieden werden, wie ein aktuelles Beispiel aus dem Ambulanz-Bereich zeigt (vgl. www.cirsmedical.at).
Fehlerkultur hat in der Heilkunst lange Tradition
Fehlermanagement-Systeme aus der Luftfahrt werden gerne als Vorbild für das Gesundheitswesen angeführt. Dabei hat die Heilkunde selbst lange Erfahrung mit der Fehler-Vermeidung: Ein klassisches Beispiel dafür ist der Bedside-Test, der trotz mehrerer Kontrollen standardmäßig vor jeder Bluttransfusion durchgeführt wird. Checklisten oder ein offenes Ansprechen von Auffälligkeiten über Hierarchien hinweg gelten in beiden Bereichen als wirksame Maßnahmen zur Fehlervermeidung.
Dass ausreichende Ressourcen in engem Zusammenhang mit einem Fehlermanagement stehen, wird im Gesundheitswesen jedoch gerne übersehen. So schieben Patientinnen und Patienten etwa lange Wartezeiten auf Facharzt-Termine oder Spezialuntersuchungen – mit den möglichen Folgen einer Befund-Verzögerung – nicht der vom Gesetzgeber zu verantwortenden massiven Unterfinanzierung des Kassensystems, sondern den Leistungserbringern zu: Ärztinnen und Ärzte werden dann womöglich als „Fehler-behaftet“ gesehen.
Vorgangsweise bei Fehlern
Wie nun bei einem echten, in der Praxis verursachten Fehler vorzugehen ist, ist in der Qualitätssicherungsverordnung der Österreichischen Ärztekammer beschrieben. Da heißt es etwa, dass Betroffene über den Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und über die Inanspruchnahme einer Beratungsleistung zu informieren sind (§23, Unerwünschte Ereignisse/Patientensicherheit). Denken Sie hier an die notwendige Offenheit: Patienten tolerieren Fehler mitunter überraschend gut, solange sie vorab ausreichend informiert wurden, der Sachverhalt empathisch mitgeteilt wird und ihnen Unterstützung bei allen weiteren Schritten zugesichert wird.
Betroffene können demnach noch vor dem Gerichtsweg Patientenanwaltschaften oder beispielsweise den Patientenombudsmann der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien kontaktieren, ebenso die Schiedsstelle der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien. Versicherungsleistungen können übrigens in der Regel schon nach dem Entscheid einer Schiedsstelle ausbezahlt werden.
Unterstützendes Netzwerk
Neben den betroffenen Patienten benötigen nach einem Fehler unbedingt auch involvierte Mitarbeiter bzw. der Arzt oder die Ärztin selbst Hilfe – nicht nur auf rechtlicher Ebene. Während im Spital dafür Vorgesetzte sowie Supervisionsangebote zur Verfügung stehen, bieten im niedergelassenen Bereich im Fall der Fälle die Bezirksärztevertretung oder die Fachgruppenobleute Unterstützung an. Dies kann auch die Empfehlung einer psychologischen/psychotherapeutischen Leistung sein, denn ein verursachter Fehler bedeutet eine emotionale Belastung durch massive Schuldgefühle und zieht meist Leistungseinbußen, möglicherweise sogar einen Bruch in der Biografie nach sich.
Unser Gastautor Dr. Friedrich Hartl ist Referatsleiter Qualitätsmanagement und ÖQMED in der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien.
Weitere Infos zum ärztlichen Qualitätsmanagement: https://www.oeqmed.at/
Weiterlesen