Wie man sich gegen wahrheitswidrige Bewertungen wehrt
Die Entscheidung ist bemerkenswert: Bewertungsportale und im Speziellen der Tech-Gigant Google wurden vom Oberlandesgericht (OLG) Wien auf ihre inhaltliche Verantwortung hingewiesen – und zwar mit Nachdruck (OLG Wien 17 Bs 119/23h).
Ein verärgerter Familienvater, der für die Behandlung seines von Schmerzen geplagten Sohnes bei einer Kinderärztin keinen Termin bekam, verfasste eine stark negative Rezension gegen die Medizinerin. Die Ärztin forderte daraufhin Google wiederholt auf, die negative Bewertung zu löschen, weil sie nicht wahr sei. Zumindest wollte die Kinderärztin den Namen und die E-Mail-Adresse des Verfassers erfahren, um rechtliche Schritte gegen diesen einleiten zu können. Google reagierte nicht, woraufhin die Medizinerin vor Gericht zog.
„Menschlich miserabel!!!“
Im Speziellen ging es in der Bewertung um ein Terminansuchen des Vaters, dem die Ordination mangels freier Kapazitäten nicht nachkommen konnte. Das Patientenkontingent der Ordination war zum Zeitpunkt der Telefonate zur Gänze erschöpft, wie das Erstgericht feststellte. Daraufhin bewertete der Nutzer im November 2021 die Arztpraxis mit einem von fünf möglichen Sternen und dem einleitenden Satz: „Leider muss ich einen Stern geben, keiner ging nicht.“
Weiters schrieb er, die menschliche Kompetenz sei „MISERABEL!!!“, weil seiner Ansicht nach doch noch Termine frei gewesen wären. Für das Erstgericht war Google nur Host-Provider und nicht Medieninhaber und wies daher den Antrag auf Entschädigungszahlung ab. Die Wertung „menschlich miserabel“ erfülle allerdings den Straftatbestand der üblen Nachrede, weswegen das Gericht den Plattformbetreiber zur Löschung der Rezension beauftragte.
Entschädigung: 2000 Euro
Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner beriefen gegen dieses Urteil. Die Berufung war erfolgreich. Das OLG Wien erkannte, dass der Plattformbetreiber nicht nur Host-Provider, sondern auch Medieninhaber sei, und entschied, dass durch die auf der Plattform veröffentlichte Rezension der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt sei und der Medizinerin eine Entschädigung in Höhe von 2000 Euro zu leisten sei. Zusätzlich wurde die Löschung des negativen Bewertungseintrags angeordnet.