Welche Software passt für eine Gruppenpraxis?
In diesem Beitrag werde ich mich eingehend mit medizinischer Software beschäftigen. Was muss ein Programm können? Was erleichtert mir den Ordinationsalltag?
Das Kernstück einer Ordination ist die Software. Ich werde daher heute im Detail auf das Programm eingehen, für das wir uns für unsere orthopädische Gruppenpraxis letztlich entschieden haben. Die vielen Schritte und Abbildungen mögen nach „zu viel des Guten“ aussehen, aber ich kann Ihnen versichern: Wenn Sie Ihre Software nach Ihren Bedürfnissen gestalten, wird sich der Aufwand lohnen.
Die Auswahl der Software für die Ordination
Eines vorweg: Es gibt nicht „die beste“ Software. Der Markt an Anbietern in Österreich ist überschaubar. Als Mitentwickler der Software www.wahlarzt.com hatte ich von Beginn an eine klare Vorstellung, was die Software können muss:
- Automatische Erstellung von Befunden direkt aus der Dokumentation
- Erstellung von Vorlagen für Überweisungen und Verordnungen
- Erstellung von Vorlagen für Rezepte
- Abbildung des Workflows von typischen Abläufen in der Software
- Lagerverwaltung
- Verwaltung mehrerer Ärztinnen und Ärzte in der Kassenordination
- Privatordination mit Trennung der Verrechnung von der Kassenordination, aber gemeinsamer medizinischer Dokumentation
- Abbildung des gesamten Reinigungs- und Sterilisationsprozesses für den Operationsbereich
- Untersuchungsvorlagen und Kurzbezeichnungen (Autokorrektur)
- Lückentexte für Operationsberichte
In unserer Ordination fiel die Entscheidung auf die Software von Dr. Wienzl Informationssysteme www.wis.at. Die laufende Betreuung ist sehr zufriedenstellend, für viele Tipps bei meinen Adaptierungen der Software bin ich Herrn DI Stefan Kügler sehr dankbar. Ich rate dringend dazu, sich mit der Softwarelösung deutlich vor Ordinationsbeginn auseinanderzusetzen, da die individuelle Adaptierung der Software jedenfalls Zeit benötigt.
Wie sieht die Software bei der Bedienung aus?
Rechts abgebildet finden Sie eine Abbildung des „Quickboards“ der Ordination. Es ist das komplexeste in der Ordination. Einfachere Quickboards für die Anmeldung, die Tagesklinik, den Operationsbereich und den Bereich der Therapie erleichtern die Arbeitsabläufe. Anhand einiger konkreter Beispiele möchte ich darstellen, was sich hinter diesen einzelnen Schaltern verbirgt und wie einfach sich dadurch die ausführliche Dokumentation in der Ordination gestalten kann.
Schalter Briefe
Dieser Schalter öffnet ein Fenster, in dem bereits die Auswahl des Drucks eines Befundes für die Patientin bzw. den Patienten sowie für die Hausärztin oder den Hausarzt ausgewählt ist. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, durch Anhaken der Box „Röntgen bei Facharzt“ einen Zusatztext im Befund anzubringen, beispielsweise:
„Beachten Sie, dass die Röntgenuntersuchungen oder Magnetresonanzuntersuchungen bei einem Facharzt für Radiologie durchgeführt werden. Die entsprechende Zuweisung erhalten Sie heute in unserer Ordination.“ Auf die möglichen Inhalte unterschiedlicher Befunde bin ich bereits in diesem Artikel eingegangen.
Schalter Gelenke
Dieser Schalter öffnet das Auswahlfeld für die Infiltration großer Gelenke mit allen Variationen. Dadurch ist eine ausführliche Dokumentation möglich, ohne ein einziges Wort zu schreiben.
Schalter Kniegelenk rechts
Bei Auswahl dieses Schalters entsteht nachfolgender Eintrag in der Kartei. Somit sind Behandlung und Leistung passend dokumentiert.
Schalter Überweisung
Mit diesem Schalter wird die Auswahl für alle Überweisungen geöffnet.
Durch Auswahl einer Box gelangt man in weitere Auswahlmenüs.
Schalter Abklärung Wirbelsäule
Mit diesen Auswahlfeldern ist es sehr einfach möglich, unterschiedliche Röntgenaufnahmen der gesamten Wirbelsäule oder Teile der Wirbelsäule anzufordern, ohne dazu viel Text schreiben zu müssen. Gleiches gilt für notwendige Zuweisung zu einer MRI-Untersuchung.
Schalter Indikation
Eine stufenweise Aufklärung, wie ich sie nur unbedingt anraten kann, findet ihre Abbildung ebenfalls in der Software. Mit diesem Schalter öffnet sich ein Auswahlfenster, in dem festgelegt wird, wo die Operation stattfinden soll und ob der Eingriff in örtlicher Betäubung oder in Narkose erfolgen soll:
- Röntgen gezielte Infiltration der Wirbelsäule
- Operation in der Ordination, Lokalanästhesie
- Operation in der Ordination, Narkose
- Operation im jeweiligen Krankenhaus usw.
Beispiel aus der Praxis
Um das nun nicht in so trockener Form stehenlassen zu müssen, möchte ich mit Ihnen nun anhand eines Beispiels die einzelnen Schritte durchgehen.
Wir planen heute also einen Eingriff am Kniegelenk in Narkose an einem fiktiven Patienten namens Herrn Maier in der Ordination. Das nachfolgende Eingabefeld wird befüllt.
Danach wird der Patient auf die To-do-Liste gesetzt, die vom Backoffice abgearbeitet wird. Durch ein Kürzel wird der Eintrag der geplanten Operation in die Liste übernommen.
Diese Liste wird vom Backoffice bearbeitet. Wenn es die Zeit erlaubt, erfolgt die Planung der Operation samt Aufklärungstermin und aller nötigen Kontrolltermine (Verbandwechsel, Nahtentfernung, Abschlusskontrolle) im Rahmen des Ordinationsbesuches, andernfalls wird der Patient telefonisch kontaktiert und die Liste kontinuierlich abgearbeitet.
Die nachfolgende Darstellung zeigt die To-do-Liste, die Ärzte sind farblich markiert.
In einem zusätzlichen Feld können auch noch nötige Befunde und Zuweisungen ausgewählt werden. Danach erfolgt der Druck der Checkliste für die Operation und der Druck für die Anästhesievorbereitung, die Sie in diesem Artikel finden.
Der Patient erhält – zusätzlich zum Befundbericht – eine grundsätzliche Information über den Ablauf der Operation.
Warum das Ganze?
Mir ist bewusst, dass ich mit diesen Beispielen sehr tief in die Materie der Software vorgedrungen bin. Ich bin aber überzeugt davon, dass viele Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeiten der Software nur sehr bruchteilhaft ausnutzen. Das führt einerseits dazu, dass Möglichkeiten ungenutzt bleiben, aber wesentlich mehr „Handgriffe“ zur Erreichung der Dokumentation erforderlich sind als eigentlich nötig. Das verursacht wiederkehrende Kosten (nämlich Zeit von Mitarbeitenden), aber auch ärztliche Arbeitszeit, was wiederum den Gewinn unnötigerweise reduziert.
Ich gebe zu, dass die Analyse der Ordinationsabläufe und auch die entsprechende Abbildung in der Software einen erheblichen Zeitaufwand bedeutet.
Allerdings: Dieser Arbeitsaufwand fällt nur einmal im Berufsleben an und nicht täglich bei den einzelnen Patientinnen und Patienten.
Daher abschließend die dringende Empfehlung: Nehmen Sie sich Zeit, sich mit Ihrer Software auseinanderzusetzen, nehmen Sie sich Zeit, wiederkehrende Abläufe in Ihrer Ordination zu identifizieren, und nehmen Sie sich Zeit, diese Abläufe in der Software abzubilden.
Was erwartet Sie im nächsten Teil der Serie?
Im nächsten Kapitel werden wir uns noch etwas mit der Thematik der Software auseinandersetzen, aber auch mit Grundsätzen der Organisation einer Ordination.