4. Juli 2023Medizin und ich

Seit Wochen akut

Ich versuche gerade meinen „Backhendl-Dealer“ anzurufen. Es ist dauerbesetzt und eine freundliche Automatenstimme repetiert immer wieder: „Please hold the line!“ Da ich viele Stärken und sicher auch ein paar Tugenden besitze, Geduld aber bestimmt nicht dazu zählt, bin ich bald etwas genervt. Aber ich denke mir: Es ist ein wunderschöner Samstagnachmittag, der Gastgarten ist sicher übervoll. Die Kellner rennen wie aufgezogen und in der Küche jongliert das Personal mit hochrotem Kopf Unmengen Töpfe und Pfannen. Der ganz normale Arbeitswahnsinn im Gastgewerbe halt. Also stelle ich das Handy auf Lautsprecher und hänge mich in die Warteschleife. Ich kann ja inzwischen den grünen Salat waschen, den ich vorhabe, zum Backhendl zu kredenzen. Und tatsächlich, nach weiteren zehn Minuten haben wir nicht nur herrlich knackige Salatblätter, die von jeglicher Erde befreit sind, sondern auch ein Date zur Hendlübergabe. Ein Chardonnay wartet bereits im Kühlschrank und so steht einem gemütlichen Wochenendabend nichts mehr im Wege.

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BB

Am Montag in der Früh – mein Lieblingsarbeitstag übrigens – rausche ich voller Elan die Ordi. Ich bin motiviert und ausgeruht. Eine gefährliche Kombination für meine Mitarbeiter. Denn dann will ich arbeiten wie Wonderwoman auf Kokain. Aber gleich zu Beginn ereilt mich ein kleiner Dämpfer. Wir haben keine e-card. Egal, denke ich mir, dann glauben wir halt den Patienten ihren Versicherungsstatus und erfassen nachher alles, was wir offline getan haben. Aber sch…. das heißt ja auch, keine Rezepte, keine Krankmeldungen, keine chefärztlichen Bewilligungen. „Ruft mal bei der Hotline an und findet raus, ob’s an uns liegt oder an denen“, rufe ich und schnappe mir den ersten Offline-Patienten. Dann stellen wir fest, dass wir auch kein Telefon haben. Und kein Fax. Und das Internet ist auch tot. Grrrrrrrrrrrrrrrrrrr.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune