COVID-19-Impfung: Finale um die Zulassung
Die Pharmaindustrie forscht weltweit mit Hochdruck an Impfstoffen gegen das neuartige Coronavirus. Mehr als zehn Projekte befinden sich derzeit in der entscheidenden Phase mit mehreren tausend Probanden. Nun wurde der mRNA-Impfstoff von Biontech und Pfizer in Großbritannien zugelassen. Wer ist der nächste? Ein Überblick über die vielversprechendsten Impfstoff-Kandidaten.
Großbritannien hat als erstes Land in Europa einen Impfstoff gegen das Coronavirus zugelassen. Bereits in wenigen Tagen soll es erste Impfungen im Vereinigten Königreich geben. Weltweit forschen Pharmafirmen mit Hochdruck an Impfstoffen und Medikamenten gegen das neuartige Coronavirus. Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO befinden sich gegenwärtig rund 50 Impfstoffprojekte in der klinischen Entwicklung.
Mehr als zehn der Projekte sind in der entscheidenden Phase 3 mit mehreren tausend Probanden. In Russland und China wurden Impfstoffe bereits freigegeben, bevor Ergebnisse der entscheidenden Wirksamkeitsstudien vorlagen.
Ein Überblick der Impfstoff-Kandidaten in der späten klinischen Entwicklung:
BIONTECH/PFIZER: Der nun in Großbritannien zugelassene Impfstoff stammt von dem deutschen Biotechunternehmen und seinem US-Partner Pfizer. Die beiden Unternehmen beantragten bei der US-Gesundheitsbehörde FDA und der Europäischen Arzneimittelagentur EMA eine Notfallzulassung. Bei grünem Licht könnte noch in diesem Jahr mit Impfungen in den Regionen begonnen werden. Die Zulassungsstudie mit dem Impfstoff BNT162b2 hatte Ende Juli begonnen. Sie umfasst bis zu 44.000 Teilnehmer. Der Impfstoff basiert auf einem neuen Ansatz, der sogenannten Boten-RNA (mRNA). Ein solcher Impfstoff kann zwar schneller in großem Maßstab hergestellt werden, benötigt aber auch eine stärkere Kühlung, was wiederum die Logistik erschwert. Schon in der kommenden Woche sollen die ersten 800.000 Corona-Impfstoffdosen des deutschen Pharma-Unternehmens in Großbritannien zur Verfügung stehen.
MODERNA: Als zweites Unternehmen veröffentlichte der US-Konzern im November positive Ergebnisse aus seiner zulassungsrelevanten Studie. Demnach zeigt der Impfstoff, der ebenfalls auf dem mRNA-Ansatz basiert, eine Wirksamkeit von 94,1 Prozent beim Schutz vor COVID-19. Moderna hat in den USA bei der Gesundheitsbehörde FDA und bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA eine Notfallgenehmigung beantragt. Darüber hinaus unterstützt die US-Regierung das Projekt mit nahezu einer Milliarde Dollar. Moderna hatte als erstes Unternehmen weltweit Mitte März eine klinische Studie der Phase I mit einem Corona-Impfstoff gestartet. Ende Juli begann die entscheidende Wirksamkeitsstudie der Phase-III mit mehr als 30.000 Teilnehmern.
ASTRAZENECA: Auch der britische Pharmakonzern veröffentlichte schon Studienergebnisse zu seinem Impfstoff-Kandidaten, den er zusammen mit der Universität Oxford entwickelt. Die Zwischenanalyse ergab, dass der Impfstoff eine Wirksamkeit von 90 Prozent zeigt, wenn zunächst eine halbe Dosis verabreicht wurde, gefolgt von einer vollen Dosis mindestens einen Monat später. Im Durchschnitt lag die Wirksamkeit bei 70 Prozent. Das Unternehmen erwägt nun eine komplett neue weltweite Studie zur Wirksamkeit, um zu bestätigen, dass die niedrigere Dosis offenbar zu einem besseren Ergebnis führt. Der Zulassungsprozess könnte sich dadurch verzögern. Großbritannien prüft aber gleichwohl eine Genehmigung. Das Vakzin von AstraZeneca beruht auf einer eher herkömmlichen Herstellungsweise und ist ein sogenannter Vektorimpfstoff, der auf Adenoviren von Affen basiert. Er kann bei Kühlschranktemperatur gelagert werden.
CUREVAC: Der Tübinger Impfstoffentwickler hat im Juni mit der klinischen Erprobung seines Vakzins begonnen. In der Phase-I-Studie, an der mehr als 250 Probanden teilnahmen, wurde der Impfstoff von CureVac in verschiedenen Dosierungen getestet. Er zeigte eine gute Verträglichkeit und eine ausgewogene Immunantwort. Noch vor Jahresende soll nun die entscheidende Wirksamkeitsstudie mit weltweit mehr als 30.000 Probanden starten. Der Bund unterstützt das Projekt mit bis zu 252 Millionen Euro, im Sommer war er mit 300 Mio. Euro bei CureVac eingestiegen.
JOHNSON & JOHNSON: Der US-Pharmakonzern hat die Phase-3-Wirksamkeitsstudie, an der rund 60.000 Menschen teilnehmen sollen, Ende September gestartet. Ergebnisse sollten bis Anfang kommenden Jahres vorliegen. J&J musste seine zulassungsrelevante Studie wegen einer unerklärten Erkrankung bei einem Probanden unterbrechen. Im Oktober fuhr die Untersuchung wieder hoch, nachdem ein Kontrollgremium grünes Licht dafür gegeben hatte.
SINOVAC: Der Impfstoff CoronaVac des chinesischen Biotechunternehmens befindet sich als einer von einer Handvoll chinesischen Impfstoffkandidaten in der klinischen Phase-III. Tests mit Tausenden Freiwilligen laufen in Indonesien, der Türkei und in Brasilien, einem der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder. Nach vorläufigen Studienergebnissen, die Mitte November veröffentlich wurden, erzeugte das Vakzin eine schnelle Immunantwort, das Level an Antikörpern lag aber unter dem von genesenen ehemaligen COVID-19-Patienten. CoronaVac gehört zu jenen Impfstoffen, die im Notfall-Programm der chinesischen Regierung bereits Zehntausenden Menschen vor Abschluss der klinischen Studien verabreicht wurden.
SINOPHARM: Der staatliche chinesische Biotechkonzern testet zwei verschiedene Impfstoffprojekte in Phase-III-Studien. Mitte Juli begann ein breit angelegter Test in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 15.000 Freiwilligen. Auch Argentinien, Peru, Marokko und Bahrain haben Phase-III-Tests mit dem Sinopharm-Kandidaten zugelassen. Das Wall Street Journal hatte berichtet, Sinopharm biete seine Impfstoffe kostenlos chinesischen Studenten an, die für ihr Studium ins Ausland gehen. Mit dem Impfstoff seien bereits rund 480.000 Personen geimpft worden, weitere rund 93.000 hätten die Impfung beantragt.
GAMALEYA-INSTITUT: Das russische Gesundheitsministerium hat den Impfstoff, der im Ausland unter dem Namen "Sputnik V" auf den Markt gebracht werden soll, am 11. August freigegeben - noch bevor die Ergebnisse der Phase III-Studien vorlagen. In zwei kleineren Tests im Juni und Juli haben dem Fachmagazin "Lancet" zufolge alle 76 Teilnehmer Antikörper entwickelt und keine schweren Nebenwirkungen gezeigt. Inzwischen läuft eine große Studie, die 40.000 Teilnehmer umfassen soll. Zwischenergebnissen zufolge zeigte der Impfstoff eine Wirksamkeit von 92 Prozent gegen COVID-19.