Medizinstudium: Knapp zwei Drittel der 85 geförderten Plätze besetzt
Es werden mehr: 53 der 85 vom Bund geförderten Medizinstudienplätze sind nun fix vergeben – anfangs waren es nur 49. Weitere Angebote folgen. Möglich machen das diverse Quotenauslegungen, wie eine medonline-Recherche ergab. Innenministerium, ÖGK und etliche Bundesländer sehen daher Diskussionsbedarf.
Heuer bot das Wissenschaftsministerium das erste Mal 85 gewidmete Medizinstudienplätze an. Davon gehen 13 an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), 3 an das Innenministerium (BMI), 10 an das Verteidigungsministerium (BMLV) und 59 an die Bundesländer. Die Förderung beträgt rund 1.000 Euro monatlich während des Studiums, mit anschließender Verpflichtung, mehrere Jahre im öffentlichen Gesundheitssystem bzw. bei der Polizei oder dem Bundesheer zu arbeiten.
Interessierte mussten dafür einen Vorvertrag abschließen und beim Medizinaufnahme-Test (MedAT-H) zu den besten 25% der Testteilnehmenden zählen („Subquote“). Doch die Bilanz fiel zunächst mager aus: Nur das Bundesheer und Wien konnten alle gewidmeten Plätze belegen, nämlich 10/10 und 12/12, wie zuerst das Ö1-Morgenjournal am 19.8.2024 berichtete. Das Innenministerium ging leer aus (0/3), ebenso Vorarlberg (0/3) und das Burgenland (0/2).
Nur 6 der 13 Plätze der ÖGK belegt
Für die ÖGK erhalten nur 6 von 13 einen geförderten Studienplatz. Und zwar für 1 Person in Innsbruck, 2 Personen in Wien und 3 Personen in Graz, wie medonline auf Anfrage erfuhr. „Der genaue Grund ist für uns leider nicht nachvollziehbar, da wir keine Info darüber bekommen haben, wie die restlichen Bewerberinnen und Bewerber beim MedAT abgeschnitten haben“, so die ÖGK. Weitere gewidmete Plätze könnten nicht vergeben werden: „Die Zulassung ist Kompetenz der Universitäten. Die ÖGK behält sich vor, einer begrenzten Anzahl an Studierenden mit regulärem Studienplatz einen Dienstvertrag anzubieten.“
Das ist insofern bemerkenswert, da z.B. die Stadt Wien nicht nur den besten 25%, sondern von vornherein auch Studierenden mit regulärer Zulassungsquote (heuer: 71,6% des MedAT; zum Vergleich: Graz 67,3%, Innsbruck 66,8% und Linz 63,5%) einen Dienstvertrag in Aussicht gestellt hat. Studierende könnten also entscheiden, ob sie trotz des regulären Platzes die Förderung möchten – natürlich samt den Verpflichtungen, während und nach der Ausbildung in den Wiener Gemeindespitälern zu arbeiten.
Dass es grundsätzlich genug Interessierte für die Förderplätze gab, zeigt auch die Antwort des Innenministeriums: „Insgesamt gab es für die 3 gewidmeten Medizinstudienplätze des BMI österreichweit 39 Bewerberinnen und Bewerber. Nach den durchgeführten Hearings mit den Bewerberinnen und Bewerbern traten insgesamt 5 Kandidatinnen und Kandidaten des BMI österreichweit zum MedAT an. Leider hat kein/e Kandidat/in des BMI den MedAT bestanden.“
Auf neuerliche Nachfrage bestätigt das BMI, dass auch niemand von den 5 die jeweilige Subquote (in Wien, Innsbruck oder Graz) geschafft hat. Nun wolle man evaluieren, warum. Dennoch: „Das BMI wird sich jedoch auch im nächsten Studienjahr an dem Projekt ‚gewidmete Studienplätze‘ beteiligen.“
Unterschiedliche Subquoten je nach Universitätsstandort
Dazu ist anzumerken, dass sich – neben der unterschiedlichen Zulassungsgrenze – auch die Subquote je nach Universitätsstandort stark unterscheidet: In Wien mit 692 Plätzen für Humanmedizin absolvierten heuer fast 6.000 den MedAT, d.h. allein zum „besten“ Viertel gehören schon fast 1.500 – also mehr als doppelte Anzahl der regulären Plätze. In Linz mit 320 Plätzen traten 1.511 zum MedAT an, d.h. fast alle der besten 25% hatten ohnehin einen regulären Platz bekommen. Auch in Graz und Innsbruck fiel die Differenz zwischen regulärer Quote und Subquote in absoluten Zahlen deutlich geringer als in Wien aus.
Fast alle Plätze konnten Tirol (4/5), Kärnten (3/4) und NÖ (8/11) vergeben. Am anderen Ende der Skala lagen die Steiermark (3/8), OÖ (2/10) und Salzburg (1/4). Die Reaktionen der Länder fielen unterschiedlich aus, Salzburg und Tirol preschten als erste vor. Tirols VP-Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele kündigte im besagten Ö1-Morgenjournal an, auch den 5. Platz zu vergeben – und zwar an jemanden, der den MedAT regulär geschafft hat. Und das Land Salzburg wolle ebenfalls „weiteren 3“ einen Vertrag anbieten, um alle 4 gewidmeten Plätze aufzufüllen.
Ärztinnen und Ärzte für Mangelfächer in der Steiermark
Das Salzburger und Tiroler Beispiel hat nun schon Schule gemacht, wie unsere Recherche zeigt: Demnach haben in der Steiermark 38 Personen im Vorfeld des MedAT einen Vertrag mit dem Land Steiermark abgeschlossen. „Einige haben einen Fixplatz bekommen, einige haben die erforderlichen 75% nicht erreicht“, heißt es aus dem Büro von VP-LR Dr. Karlheinz Kornhäusl. Von den 38 hätten 3 Personen den MedAT mit der entsprechenden Punkteanzahl (also kein Fixplatz, aber mehr als 75%) absolviert.
„Die künftigen Ärztinnen und Ärzte werden in der steirischen Spitalsgesellschaft (KAGes) in Mangelfächern tätig werden. Eine Person hat sich mittlerweile trotz Fixplatz für den Vertrag mit der KAGes entschieden. Dementsprechend stehen wir bei 4 von 8 und weitere Interessierte sind herzlich eingeladen, sich zu melden“, so der Aufruf. Und weiter: „Wir haben in der Steiermark ergänzend diverse Stipendienmodelle, um zusätzlich zu den gewidmeten Studienplätzen, angehende Ärztinnen und Ärzte für die Arbeit in der Steiermark zu binden.“
In Oberösterreich zog LH-Stv. Christine Haberlander (VP) bereits am 16.8.2024 in einer Aussendung eine erste Bilanz. Demnach haben sich 81 Personen beworben, 38 davon das Auswahlverfahren bestanden und einen Vorvertrag abgeschlossen. Von diesen 38 haben 9 den MedAT „mit ausreichender Punkteanzahl“ bestanden, d.h. dass maximal 9 der 10 gewidmeten OÖ-Plätze in Anspruch genommen werden können. 3 der 9 haben abgesagt, 2 schon fest zugesagt, bei den anderen 4 werden noch „individuelle Gespräche“ geführt.
Diese stellten sich als erfolgreich heraus, berichtet das Land OÖ auf neuerliche Anfrage. Insgesamt sind nun 5 Plätze vergeben: „1 Person liegt in der Subquote und bekommt daher den Vertrag. Denjenigen, die Vorverträge hatten, aber den Test direkt bestanden haben, wurde angeboten, ebenso einen Vertrag zu bekommen. Davon haben weitere 4 Personen dieses Angebot in Anspruch genommen.“ Betont wird aber auch nochmals, „dass wir das Programm weiterentwickeln müssen“. Ziel müsse sein, das Modell „noch attraktiver und wirksamer“ zu gestalten.
Noch Plätze in Niederösterreich
Auch in Niederösterreich können zusätzlich zur Subquote noch all jene mit Vorvertrag UND regulärem Studienplatz studieren, informiert das Büro von VP-Finanzlandesrat DI Ludwig Schleritzko: „Im Vorfeld wurde mit rund 30 Anwerbenden ein Vertrag mit dem Träger, der NÖ LGA abgeschlossen. 8 von den 30 Personen haben einen gewidmeten Studienplatz erhalten. All jene Anwerbende, die einen Vorvertrag unterzeichnet haben und einen regulären Studienplatz erhalten haben, können ebenso zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen ihr Studium aufnehmen.“ Welche Quoten bei den 8 von den 11 gewidmeten Studienplätzen erfüllt werden, könne man nicht beantworten: „Die Universitäten haben uns lediglich rückgemeldet, wie viele Anwerbende das Regulativ eines gewidmeten Studienplatzes erfüllt haben.“
Kärnten wolle „ebenfalls keine Chance verstreichen lassen“, gewidmete Studienplätze zu vergeben. Rund 50 Personen hätten einen Vorvertrag abgeschlossen, so das Büro von SP-Landesrätin Dr. Beate Prettner. 3 von 4 Plätzen sind wie berichtet besetzt. Nun soll auch der 4. Platz einer Person (mit der höchsten Punkteanzahl) angeboten werden – man wolle alle 50 Personen anschreiben.
Anpassungen werden notwendig sein
Anders Vorarlberg: 9 Bewerberinnen und Bewerber habe es für die 3 gewidmeten Medizinstudienplätze gegeben, heißt es aus dem Büro von VP-LR Martina Rüscher, MBA, MSc: „2 der 9 Kandidaten erhalten durch Erreichen der ‚normalen Quote‘ einen regulären Studienplatz, 7 von den 9 Bewerberinnen und Bewerber haben den Test nicht bestanden.“ Das bedeute, dass kein gewidmeter Studienplatz für das Studienjahr 2024/25 für Vorarlberg vergeben werden könne.
Danach folgt deutliche Kritik: „Das Bundesmodell zeigt unserer Ansicht nach Verbesserungspotenzial auf und muss im kommenden Jahr entsprechend angepasst werden. Dazu wird aus unserer Sicht ein Diskussionsprozess benötigt, eine abschließende, konkrete Antwort auf mögliche Verbesserungen haben wir noch nicht, aber der Vergabe- bzw. Aufnahmeprozess zeigt, dass das bestehende Modell nicht zum gewünschten Ziel führt.“
Vorarlberg finanziere keine weiteren Stipendienmodelle an Medizin-Unis, sondern konzentriere sich auf attraktive Modelle in der praktischen Ausbildung, wie beispielsweise Lehrpraxismodelle, Karierremodelle während und nach der Facharztausbildung, Stärkung der Ausbildungsqualität im dafür gegründeten Ausbildungszentrum etc. Kurz vor Redaktionsschluss antwortet auch das Büro von SP-LH Hans Peter Doskozil. Leider könne man die 2 gewidmeten Stellen nicht besetzen, man verweist aber auf die burgenländischen Medizinstipendien. Was die gewidmeten Plätze betrifft, plädiert auch das Burgenland für eine Evaluierung (siehe Kasten).
Dem Land Burgenland wurden 2 zur Erfüllung von Aufgaben im öffentlichen Interesse gewidmete Studienplätze an der MedUni Wien zugeteilt. Interessenten dafür mussten im Vorfeld der Aufnahmetests gemeldet werden. Nach einer Clearingphase verblieben 4 Bewerberinnen und Bewerber. Die geringe Interessentenzahl kann aus burgenländischer Sicht darauf zurückgeführt werden, dass von Beginn an ein sehr eingeschränktes Feld an Fachrichtungen zur Verfügung stand. Eine Evaluierung dieser erstmalig durchgeführten Maßnahme könnte für die Zukunft Verbesserungen bringen. Wie dem Land Burgenland von der MedUni Wien am 5. August mitgeteilt wurde, hat keine bzw. keiner dieser 4 Studienwerberinnen bzw. -bewerber, die für das Programm erforderliche Punkteanzahl – über bzw. gleich dem Ergebnis (Gesamtwert) von 75% der angetretenen Studienwerber – erreicht. Daher können die beiden dem Burgenland zustehenden gewidmeten Studienplätze im kommenden Studienjahr leider nicht mit burgenländischen Interessentinnen bzw. Interessenten besetzt werden. Eine Person hat die erforderliche Punktzahl weit genug überschritten, um einen regulären Studienplatz zu erhalten. Auf die weitere Besetzung der 2 gewidmeten Studienplätze hat das Land Burgenland keinen Einfluss. Allerdings bietet das Land Burgenland ein eigenes Medizinstipendium in Höhe von 1.000 Euro pro Monat für Personen aus dem Burgenland an, die den Medizin-Aufnahmetest geschafft haben oder bereits Medizin studieren, wenn sie sich dazu verpflichten, das klinisch-praktische Jahr und die Facharzt- oder allgemeinmedizinische Ausbildung im Burgenland zu absolvieren und danach mindestens 5 Jahre im niedergelassenen Bereich mit Kassenvertrag im Burgenland bzw. in einem burgenländischen Krankenhaus zu praktizieren. Bis zum Ende der Antragsfrist für das Studienjahr 2024/25 haben sich 30 Interessierte gemeldet. Mehr dazu hier und hier.