29. Mai 2024Weltnichtrauchertag

Neben Tabak sind auch neue Nikotinprodukte „gefährlich“

Nikotinbeutel werden bei den Jungen immer beliebter. Trotz hoher Gesundheits- und Suchtgefahr unterliegen sie aber hierzulande keinem Werbeverbot, kritisiert die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) anlässlich des Weltnichtrauchertags am 31. Mai den fehlenden Jugendschutz. Auch die WHO prangert die Werbepraktiken der Tabakindustrie an.

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) würden den diesjährigen Weltnichtrauchertag zum Anlass nehmen, „um auf den schädlichen Einfluss von Tabak und Nikotin auf Jugendliche aufmerksam zu machen“, betont die ÖGK in einer Aussendung. Laut Schätzungen der WHO konsumieren bereits mehr als 37 Millionen 13- bis 15-Jährige Tabak wie etwa Zigaretten, Kau- und Schnupftabak. Dazu kommen noch Millionen von Teenagern, die zwar tabakfreie, aber nikotinhaltige Produkte wie E-Zigaretten konsumieren.

Besonders hohe Zahl bei Lehrlingen

In Österreich habe bereits jeder 2. junge Mensch Erfahrungen mit Zigaretten oder anderen Nikotinprodukten gemacht. Insbesondere bei Lehrlingen gebe es eine hohe Zahl: Demnach raucht ein Drittel täglich Zigaretten, rund ein Fünftel konsumiert E-Zigaretten, Wasserpfeifen und andere nikotinhaltige Produkte. Speziell Nikotinbeutel, sogenannte Pouches, die Nikotin in die Mundschleimhaut abgeben, würden sich bei den Jungen „wachsender Beliebtheit“ erfreuen.

In Österreich unterliegen jedoch die Pouches im Gegensatz zu Zigaretten oder anderen tabakhaltigen Produkten derzeit keinem Werbeverbot – eben weil sie keinen Tabak enthalten (siehe auch medonline-Bericht). Daher sprechen der ÖGK zufolge breit angelegte Werbekampagnen im öffentlichen Raum und auf Social Media Jugendliche „gezielt“ an. Mehr noch: Sie vermitteln den Eindruck, die Beutel seien eine leistungssteigernde und weniger schädliche Alternative zur Zigarette.

Dabei gehe von Pouches eine „ebenso hohe Gesundheits- und Suchtgefahr aus wie von anderen Tabak- und Nikotinprodukten“. Bereits nach kurzer Zeit führe das enthaltene „Nervengift“ zu körperlicher und psychischer Abhängigkeit, warnt die ÖGK. Und: Je jünger die Jugendlichen beim ersten Kontakt seien, desto schwieriger sei es, wieder davon loszukommen.

Wege aus der Nikotin-Abhängigkeit

Beim Ausstieg aus der Nikotinsucht bietet die ÖGK Personen „jeden Alters“ Unterstützung an: Über das Rauchfrei Telefon unter 0800 810 013 oder die Rauchfrei App können sich Betroffene unkompliziert, kostenfrei und anonym beraten und begleiten lassen. Das Angebot richtet sich aber auch an Angehörige, die offene Fragen haben.

Zusätzlich finden regelmäßig Kurse zur Nikotinentwöhnung statt – online oder an zahlreichen Standorten österreichweit. Für Schwangere gibt es eigens abgestimmte Vorträge. Im Anschluss daran kann man die individuelle Begleitung durch Gesundheitspsychologinnen und -psychologen des Rauchfrei Telefons nutzen. Alle Infos, aufgezeichnete Webinare und Videos können Interessierte rund um die Uhr hier abrufen.

WHO: E-Zigaretten „fast wie Spielzeug“ vermarktet

Auch ein WHO-Bericht thematisiert die Werbepraktiken in Bezug auf Minderjährige und kritisiert sie scharf. Die Tabakindustrie versuche alle möglichen Tricks, um Kinder so jung wie möglich süchtig zu machen. E-Zigaretten etwa würden in bunten Farben „fast wie Spielzeug“ vermarktet, berichtete die WHO laut APA vergangene Woche in Genf. In Europa sei die Lage besonders bedenklich, sagt der zuständige WHO-Abteilungsleiter Rüdiger Krech.

Neben den eingangs erwähnten Zahlen zum Tabakkonsum sage inzwischen ein Fünftel der 13- bis 15-Jährigen, sie hätten in den vergangenen 30 Tagen E-Zigaretten konsumiert. Unter den 16.000 Geschmacksrichtungen gibt es solche wie „Kaugummi“ oder „Bonbon“, die Werbung benutzt auch Comicfiguren oder bezahlte Influencer. „Die Geschichte wiederholt sich: Die Tabakindustrie versucht, unseren Kindern dasselbe Nikotin in anderer Verpackung zu verkaufen“, zitiert die APA WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Dass Tabakfirmen ihre E-Zigaretten als Produkt bewerben, um von Tabak wegzukommen, ist für ihn nur ein Vorwand: „Wie können sie von Schadensbegrenzung sprechen, wenn sie mit diesen gefährlichen, schnell süchtig machenden Produkten um Kinder werben?“ Zudem würden viele junge Menschen, wenn ihnen das Geld ausgehe, auch auf Tabakprodukte umsteigen, weil E-Zigaretten teils teuer seien.

Die WHO drängt daher die Länder, die Möglichkeiten zum Konsum von Tabak- und anderen Nikotinprodukten bzw. die Werbung dafür stärker einzuschränken. Darunter würden ein Verbot von E-Zigaretten mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, Werbeverbote, höhere Steuern und 100%ige Rauchverbote in Innenräumen gehören.

Pharmig: „Rauchstopp entlastet Gesundheitssystem“

Auf einen ganz anderen Vorteil eines Rauchstopps macht der Verband der pharmazeutischen Industrie (Pharmig) anlässlich des Weltnichtrauchertages aufmerksam: „Wer mit dem Rauchen aufhört oder bestenfalls gar nicht erst damit anfängt, schützt die eigene Gesundheit sowie die seiner Mitmenschen und trägt zudem zur Entlastung des Gesundheitssystems bei“, betont Pharmig-Generalsekretär Mag. Alexander Herzog. Das oberste Ziel müsse dabei immer „der vollständige Rauchstopp“ bleiben.

Denn Rauchen sei einer der größten Risikofaktoren und die Ursache vieler vermeidbarer Folgeerkrankungen. Dabei zähle Krebs zu den bekanntesten. Generell wären rund 40% aller Krebserkrankungen in Europa vermeidbar, verweist die Pharmig auf den Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung. Der EU-Kommission zufolge gibt es in der EU jährlich bis zu 2,6 Mio. neue Krebsdiagnosen, in Österreich sind es bis zu 44.762 Neuerkrankungen.

An den Folgen des Tabakkonsums sterben jährlich rund 14.000 Menschen in Österreich, wie Daten der Statistik Austria zeigen. Nach wie vor raucht rund ein Viertel der österreichischen Bevölkerung täglich oder zumindest gelegentlich. Außerdem: Neben dem Tabakkonsum würden auch Lebensstilfaktoren wie Übergewicht und Alkoholkonsum zur Krebsentstehung beitragen, gibt die Pharmig abschließend zu bedenken – weswegen Präventionsmaßnahmen umso wichtiger seien.