25 Millionen Euro für den Nachwuchs
Nationaler Schulterschluss im Sinne der Lehrpraxen: Bund, Länder, Sozialversicherungen und Ärzteschaft konnten sich doch noch auf ein gemeinsames Finanzierungsmodell einigen. MT hat die Details. (Medical Tribune 08/18)
„Die Finanzierung der Lehrpraxen ist gesichert.“ Was die Medical Tribune bereits Ende Jänner verkündet hatte, wurde jetzt offiziell bekannt gegeben: Nachdem sich Bund, Länder, Sozialversicherungsträger und Vertreter der Ärzteschaft einigen konnten, ist die Finanzierung der Lehrpraxen für angehende Allgemeinmediziner zumindest einmal bis zum Jahr 2020 gesichert. Gesundheitsministerin Beate Hartinger- Klein sprach bei der Bekanntgabe der Einigung von „einem Meilenstein“, mit dem – wie im Regierungsprogramm vereinbart – die Allgemeinmedizin gefördert werde. Am Ende seiner Ausbildung muss jeder Allgemeinmediziner im Anschluss an den Spitalsturnus in Zukunft ein halbes Jahr lang Praxisluft schnuppern. „Durch die hohen Anforderungen an den Lehrpraxis-Inhaber wird eine Qualitätssicherung dieses Ausbildungsschrittes gewährleistet“, sagt die Ministerin. „Gleichzeitig wird aber auch dem Grundsatz der freien Berufe Rechnung getragen, wonach Berufsangehörige ihren Nachwuchs selbst ausbilden.“
Schönste Zeit der Ausbildung
Seit mehr als zweieinhalb Jahren ist die Ausbildungsreform, die erstmals eine verpflichtende Lehrpraxis für alle angehenden Allgemeinmediziner vorsieht, in Kraft. Deren Finanzierung war jedoch bis dato ungeklärt. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Dr. Thomas Szekeres, zeigt sich erfreut, dass mit der neuen Regelung eine lange gehegte Forderung der Standesvertretung erfüllt wurde. „Eine Ausbildung nur im Spital ist zu wenig – das Lernen draußen in der Praxis ist ein essentieller Bestandteil der Ausbildung unserer Jungmediziner.“ Diese werde oft als schönste Zeit der Ausbildung erlebt, was wiederum manchmal den Ausschlag für die spätere Entscheidung, sich als Allgemeinmediziner niederzulassen, geben kann. Dem pflichtet Dr. Johannes Steinhart bei. „Die Lehrpraxis ist der Hebel, um mehr Ärzte in den niedergelassenen Bereich zu bringen“, sagt der Vizepräsident der Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte. Die Finanzierung der Lehrpraxen sei eine Maßnahme, um einem gefährlichen Trend gegenzusteuern: einem drohenden Mangel an Allgemeinmedizinern. Die Ärztevertreter weisen in dem Zusammenhang auf eine bevorstehende Pensionierungswelle hin, gleichzeitig würde sich der Nachwuchs nur zögerlich einer Zukunft als niedergelassener Allgemeinmediziner zuwenden.
„Erste Brüche sichtbar“
Laut Steinhart hätten sich die „ersten Brüche“ bereits gezeigt, nämlich in Form von teilweise nicht mehr nachbesetzbaren Kassenstellen in ländlichen Regionen. Dass jetzt alle Systempartner, und vor allem auch alle Bundesländer, mit ins Boot geholt wurden, sei eine beachtliche Leistung. Auf Kammerebene hatte zuvor die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte mit der Bundeskurie der angestellten Ärzte einen Kollektivvertrag abgeschlossen und damit Vorarbeit geleistet: Jungärzte sollen in der Lehrpraxis bei einem niedergelassenen Arzt gleich viel verdienen wie Jungärzte im Spital. Mit den nun beschlossenen Förderungen werden für die Absolventen der Lehrpraxen 75 Prozent des Gehalts für die Ausbildungsdauer von sechs Monaten zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen abgedeckt. Die restlichen 25 Prozent werden vom Rechtsträger, bei dem der Turnusarzt angestellt ist, übernommen, da er dort ja auch noch drei Nachtdienste pro Monat absolviert. Der Gesamtaufwand zur Finanzierung der Lehrpraxen für die drei Jahre 2018 bis 2020 wird mit rund 25 Millionen Euro beziffert. Die errechnen sich wie folgt: Pro Praktikant fallen Kosten von durchschnittlich rund 27.000 Euro (inklusive Lohnnebenkosten) an. Etwa 450 Lehrpraktikanten pro Jahr werden erwartet. Daraus ergibt sich ein Aufwand von rund zwölf Millionen Euro pro Jahr, allerdings erst für die Jahre 2019 und 2020. Heuer werden es erst etwa zwei Millionen sein, da das Projekt ja erst anläuft.
Der Verteilungsschlüssel
25 Prozent übernimmt der Bund, je 32,5 Prozent die Sozialversicherungen sowie die Länder. Die restlichen zehn Prozent entfallen auf die Inhaber der Lehrpraxen. Dr. Alexander Biach, der Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, lobt das ausgezeichnete Gesprächsklima mit den Ärzten und sieht in der Einigung einen Motivationsschub für den Medizinernachwuchs, in den Hausarztberuf zu starten. „Es geht ja nicht nur um die medizinische Ausbildung, sondern auch um unternehmerische und steuerliche Fragen rund um die Führung einer Praxis“, betont Biach.