31. März 2017

Jonak (younion): „Es war kein Dialog mehr möglich“

Die Reaktionen auf die Absetzung von Prof. Dr. Udo Janßen als Chef des Wiener Krankenanstalten­verbundes (KAV) sprechen Bände. Eine, die besonders „erleichtert“ ist: Personalvertreterin Susanne Jonak. (Medical Tribune 13/2017)

Der deutsche Manager Janßen, der sich zu Jahresbeginn noch fest im Sattel wähnte, wurde in den frühen Morgenstunden des 20. März 2017 unsanft abgeworfen und musste sein Büro räumen. Opposition und Ärztekammer Wien begrüßten die Entscheidung von Neo-Stadträtin Sandra Frauenberger, der Nachfolgerin von Mag. Sonja Wehsely, die schon vor einem Monat zurückgetreten war. Belegschaftsvertreter hatten Janßen heftig kritisiert und seine Kompetenz infrage gestellt, wie MT Ende Jänner berichtete. Entsprechend erfreut zeigt sich jetzt auch die Gewerkschafterin Susanne Jonak, die Vorsitzende der Hauptgruppe II.

 

Wann haben Sie von der Freistellung Udo Janßens erfahren?

 

Jonak: Wir haben es am 20. März in der Früh um 9.20 Uhr, also kurz vor der Pressekonferenz, von der Stadträtin selber durch eine kurze Mitteilung erfahren. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt gerade eine Sitzung mit Personalvertretern und waren von der Nachricht erleichtert, weil das Gesprächsklima mit dem Generaldirektor schon sehr gelitten hat – es war ja kein gescheiter Dialog mehr möglich.

 

Wie funktioniert bisher die Zusammenarbeit mit Neo-Stadträtin Sandra Frauenberger?

 

Jonak: Wir haben einen ausgezeichneten Gesprächskontakt mit Stadträtin Frauenberger. Sie kommt selbst aus der Gewerkschaft und weiß die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft zu schätzen und auch, dass man nur miteinander kann und nicht gegeneinander. Dass man natürlich nicht immer derselben Meinung sein wird, das ist logisch, aber ein gutes Gesprächsklima ist natürlich zu bevorzugen, weil man vieles im Vorfeld ausdiskutieren und viel fairer miteinander umgehen kann. Wir sind zuversichtlich, dass wir einen konstruktiven Dialog im Sinne der Kolleginnen und Kollegen aufbauen und zunehmend das Vertrauen wieder herstellen werden.

 

Ein Arzt aus einem KAV-Spital hat der MT erzählt, dass die neue Stadträtin – im Gegensatz zu Vorgängerin Wehsely – ohne KAV-Führung in die Häuser geht. Sie hat auch jedem mit den Worten „Hallo, ich bin Sandra Frauenberger“ die Hand gegeben und war bei den Morgenbesprechungen dabei. Die Mitarbeiter hatten den Eindruck, dass ihre Arbeit „endlich gesehen“ wird.

 

Jonak: Ja, sie macht sich selbst ein Bild auf den Stationen, Abteilungen und redet direkt mit den Mitarbeitern. Das kommt auch sehr gut an, weil sie sich wirklich alle Sorgen anhört und den Mitarbeitern das Gefühl gibt: Endlich hört uns einmal jemand zu. Dass nicht immer gleich alles gelöst wird, diese Erwartung haben die Mitarbeiter oft gar nicht, aber das Vertrauen, es ist jemand da, der mich versteht, ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Das tut sie und das kommt sehr gut an.

 

Wie ist das Vertrauensverhältnis mit der interimistischen Leitung, Univ.-Prof. Dr. Michael Binder, Leiter Vorstandsbereich Health Care Management/Pflegemanagement, und den Generaldirektor-Stellvertretern Thomas Balazs und Mag. Evelyn Kölldörfer-Leitgeb?

 

Jonak: Wir waren noch am selben Tag, also am 20. März, eingeladen zu einem ersten kurzen Gespräch. Sie werden jetzt intensiv an einer Aufteilung der Bereiche arbeiten. Sie sagen auch, sie möchten in Zukunft gerne im Vorfeld alles mit uns diskutieren, auch Dinge, die nicht unbedingt gesetzlich verankert sind, aber trotzdem Auswirkungen auf die Kollegenschaft haben. Also, der Einstieg war sehr positiv. Wir hoffen, dass den Worten Taten folgen, aber ich bin zuversichtlich.

 

Allerdings waren Balazs und Köll­dorfer-Leitgeb Teil der Führung und haben auch alles unterschrieben. Sind sie damit nicht mitverantwortlich, z.B. für die Malaise rund um den Bau des KH Nord? Oder war es wirklich nur das offenbare Führungsversagen von Janßen?

 

Jonak: Das ist schwierig zu sagen. Man weiß ja nicht genau, wem soll man jetzt etwas zuordnen: War es nur Janßen oder konnten sie gar nicht anders, weil er so entschieden hat? Daher sage ich, ich gebe den Kollegen natürlich eine Chance. Sie haben uns zugesichert, sie möchten gerne Druck aus dem Transformationsprozess (Umsetzung Spitalskonzept 2030, Anm.) herausnehmen, das ist alles zu viel. Das ist genau das, was wir auch vorgeschlagen haben. Schauen wir uns das jetzt an, versuchen wir es gemeinsam. Wir werden hartnäckig darauf achten, dass wirklich auch das eintritt, was wir uns vorstellen, und die Stadträtin wird uns hier unterstützen, davon gehe ich aus, sie hat uns ja bis jetzt unterstützt. Von daher bin ich zuversichtlich. Wir werden auch vorlegen: Welche Themen sind uns jetzt wichtig zu bearbeiten, umzusetzen oder rückzustellen?

 

Worüber viele KAV-Mitarbeiter den Kopf schütteln: Janßen, der einen Vertrag bis 2019 hatte, erhält jetzt eine Zahlung von 395.000 Euro. Die Gewerkschaft hat ja bereits 2013 vor Antritt Janßens recherchiert und schon in Deutschland sind ihm fehlende Führungseignung und mangelnde Kommunikations- und Sozialkompetenz nachgesagt worden. Damals haben Sie Wehsely alle Bedenken übermittelt und trotzdem hat sie Janßen engagiert.

 

Jonak: Ja, und es sind nachweislich Aufgaben nicht zur Zufriedenheit erfüllt worden. Wir wären schon glücklich, wenn wir uns im Bereich der Beraterfirmen immense Kosten einsparen könnten, da hätten wir gleich einen „Quick-Win“ im KAV und sofort Einnahmen, wenn die Beraterkosten zum Beispiel auf 50 Prozent reduziert würden.

 

Viele verstehen auch nicht, was eine Führungskraft eigentlich alles „anstellen“ kann – folgenlos? Denn hätte Janßen auf Gehaltsfortzahlung bzw. Vertragserfüllung bestanden, wäre der ihm zustehende Betrag sogar mehr als doppelt so hoch gewesen.

 

Jonak: Im Vergleich muss ich sagen: Ein Beamter sitzt wegen viel geringerer „Delikte“ vor der Disziplinarkommission – da geht es oft um viel banalere Dinge, als hier vorgefallen sind. Aber wir haben nie hinter dem Berg gehalten, wir haben immer alles öffentlich geklärt, es ist alles relativ transparent, z.B. betreffend das ewige Verschieben der Auszahlung der Zulagen, das Nicht-Kommunizieren mit den Mitarbeitern usw. Nur – Mitarbeiter zu finden, die gegen den Generaldirektor aussagen, das ist halt schwierig, auch wenn sie wissen, dass er nicht mehr da ist.

 

Nach Präsentation der KAV-Neustruktur durch Bürgermeister Dr. Michael Häupl (nach Redaktionsschluss) wird auch über die Nachfolge Janßens diskutiert. Die Ärztekammer will einen Arzt. Wer wäre ihr Wunschkandidat, der sich für die Ausschreibung bewerben soll?

 

Jonak: Wir hatten ja jetzt zwei Ärzte, zuerst Dr. Wilhelm Marhold, dann Janßen. Ich habe keinen Wunsch, aus welcher Berufsgruppe – auch nicht, ob Mann oder Frau. Es muss eine Person sein, die das Vertrauen der Mitarbeiter wieder erreichen kann, und es muss auf jeden Fall jemand sein, der Wiens Spitalssystem kennt. Es macht wenig Sinn, jemanden von außen zu importieren und da hineinzupflanzen.

Zur Person
Susanne Jonak ist Personalvertreterin und Gewerkschafterin in einem: Als Vorsitzende der „younion – Hauptgruppe II“ im Wiener Krankenanstaltenverbund KAV vertritt sie die Interessen der knapp 30.000 KAV-Mitarbeiter, von denen rund 22.000 Mitarbeiter zur Gewerkschaft younion gehören.

 

 

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune