26.811 Unterstützungserklärungen für „SOS Medizin“
Die Niederösterreichische Ärztekammer gab bekannt, genügend Unterstützungserklärungen gesammelt zu haben, um das Volksbegehren „SOS Medizin“ einreichen zu können. Nach Abschluss der Kammerwahlen im Juni werden die nächsten Schritte für das Begehren, das nun auch von der Kärntner und der Wiener Kammer mitgetragen wird, eingeleitet.
Die Niederösterreichische Ärztekammer startete Ende 2016 das Volksbegehren „SOS Medizin“ gegen die Demontage des Österreichischen Gesundheitssystems (medONLINE.at berichtete). Der erste Schritt war es, 8.401 Unterstützungserklärungen zu sammeln, die notwendig sind, um ein Volksbegehren einleiten zu können. „Wir sind sehr glücklich, dass wir bereits nach wenigen Wochen die erforderliche Anzahl erreicht haben. Bis zum heutigen Tag haben wir nicht nur diese Mindestanzahl erreicht, sondern es sind 26.811 Unterstützungserklärungen bei uns eingelangt!“, berichtet der Präsident der Niederösterreichischen Ärztekammer, Dr. Christoph Reisner, MSc im Zuge einer Pressekonferenz.
Obwohl er von Anfang an optimistisch gewesen sei, genug Unterstützungserklärungen sammeln zu können, habe er nicht mit einem derart hohen Zuspruch aus der Bevölkerung gerechnet, so Reisner.
Unterstützung aus Kärnten …
Unterstützung für das Volksbegehren gibt es auch von der Wiener und der Kärntner Ärztekammer. Dr. Josef Huber, Präsident der Kärntner Kammer, hob hervor: „Dieses Volksbegehren ist für unsere Patienten, nicht für uns Ärzte! Denn wenn, wie von der Politik geplant, Kassenstellen im Umkreis von Primärversorgungseinheiten gestrichen werden, bedeutet dies für Menschen in Bundesländern mit ländlichen Strukturen längere Anfahrtswege zum Arzt des Vertrauens.“ Eine Primärversorgungseinheit in einer Bezirksstadt könne jedoch niemals die Ärztinnen und Ärzte in den Seitentälern und kleinen Gemeinden ersetzen, so Huber weiter, der selbst Hausarzt ist. Besonderen Fokus legt er auch auf die Forderung des Volksbegehrens nach einem Dispensierrecht für ein kleinen Sortiment an Medikamenten bei dringender sozialer oder medizinischer Indikation. Huber betonte, dass es sich dabei nicht um den Versuch handle, die Apotheken zu untergraben. Vielmehr solle das ärztliche Dispensierrecht dazu dienen, bei dringenden medizinischen oder sozialen Indikationen eine streng eingegrenzte Medikamentenabgabe zu ermöglichen „Für meinen hausärztlichen Bereich betrifft das Antibiotika, Schmerzmittel und fiebersenkende Mittel, die man einem akut erkrankten Patienten, den man nachts visitiert, aushändigen kann“, erläuterte Huber.
… und aus Wien
Nach der Kärntner hat sich auch die Wiener Ärztekammer entschlossen, das Volksbegehren „SOS Medizin“ mitzutragen und zu unterstützen. „Gerade in Zeiten, wo das Gesundheitssystem abgebaut wird und die Wartezeiten in den Spitälern länger werden, ist es wichtig, dass Patienten rasch Behandlungsalternativen finden. Unserer Forderung nach dem Ausbau der Kassenstellen wurde nicht nachgekommen. Würde man nun die Wahlarztkosten-Rückerstattung streichen, würde man es sozial schlechter gestellten Menschen unmöglich machen, sich eine ärztliche Versorgung abseits der Spitäler und der niedergelassenen Kassenärzte leisten zu können“, kommentiert der Präsident der Wiener Ärztekammer ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres, PhD eine der zentralen Forderungen des Volksbegehrens, nämlich die Forderung nach dem Erhalt der Wahlarztkosten-Rückerstattung. Szekeres führte dazu aus, dass SPÖ-Gesundheitssprecher Spindelberger die Abschaffung der Rückerstattung gefordert habe. „Mittlerweile – und ich vermute, dass das kein Zufall war – ist die die Diskussion darum aber abgeflacht“, so Szekeres.
Wie Reisner geht auch Szekeres davon aus, dass die übrigen Landeskammern sich dem Volksbegehren nach Abschluss der Ärztekammerwahlen anschließen werden. „Die Forderungen der Österreichischen Ärztekammer und der Landesärztekammern decken sich mit jenen des Volksbegehrens, insbesondere hinsichtlich der Gesetzgebung der Primärversorgungszentren. Es ist beabsichtigt, den Gesundheitsmarkt für Kapitalgesellschaften zu öffnen. Bedenkt man, dass die Margen in einer allgemeinmedizinischen Praxis derzeit nicht besonders hoch sind, ist davon auszugehen, dass die Versorgung teurer werden würde, weil die Unternehmer ihre Gewinne steigern wollen. Wir möchten, dass die Wertschöpfung in der Hand der Ärzte bleibt!“, so der Wiener Ärztekammerpräsident.
Nächste Schritte: Einreichung des Volksbegehrens
„Sobald die Ärztekammerwahlen abgeschlossen sind, werden wir die Unterstützungserklärungen im Bundesministerium für Inneres abgeben und damit offiziell das Volksbegehren einreichen.“ Nach Prüfung der Unterlagen setzt das Ministerium innerhalb von acht Wochen bis sechs Monaten die Eintragungswoche fest. Erreicht das Volksbegehren am Ende der Woche zumindest 100.000 UnterstützerInnen – wobei die bisher geleisteten Unterschriften hinzugezählt werden –, müssen sich die Abgeordneten des Nationalrates mit den Forderungen auseinandersetzen.
„Je kräftiger die Unterstützung aus der Bevölkerung ausfällt, umso höher wird der Druck auf die Politik, die Anliegen ernsthaft zu behandeln und nicht nur abzuhandeln“, betonte Reisner abschließend.
Mit dem demokratischen Mittel des Volksbegehrens soll die Bevölkerung informiert und langfristig Sicherheit für Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten geschaffen werden, indem folgende Forderungen als bundes-(verfassungs-)gesetzliche Regelungen festgeschrieben werden:
- Erhalt ärztlicher Einzelordinationen und Gruppenpraxen
- Erhalt der Arbeitszeitenhöchstgrenzen für Spitalsärztinnen und Spitalsärzte
- Kostenerstattung von Wahlarzthonoraren und Niederlassungsfreiheit für Wahlärzte
- direkte Medikamentenabgabe in Einzelfällen durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
Weitere Informationen finden Sie auf www.sos-medizin.at und www.facebook.com/sosmedizin
Quelle: Pressekonferenz der Ärztekammer für NÖ, 8. 3. 2016