23. Aug. 2016

Fast 93 Prozent der KAV-Ärzte streikbereit

Bei der von der Wiener Ärztekammer initiierten Abfrage zur Streikbereitschaft unter Wiener KAV-Ärzten gaben 92,78 Prozent der Teilnehmer an, dass sie sich an einem Streik beteiligen werden.

Die Einführung eines 12,5-Stunden-Schichtsystems und Nachtdienstreduktionen an den Häusern des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) veranlasste die Wiener Ärztekammer, herauszufinden, ob bei den 3.643 betroffenen Spitalsärztinnen und -ärzten die Bereitschaft zu einem Streik vorhanden ist. Insgesamt nahmen 2.313 (63,49 Prozent) KAV-Ärzte an der Umfrage teil. Die Frage “Würden Sie sich aktiv an Protestmaßnahmen bis hin zu einem Streik im Wiener Krankenanstaltenverbund beteiligen?” wurden von 92,78 Prozent bejaht. Den 2.146 Streik-Befürworten stehen 86 Ärzte gegenüber, die erklärten, sich gegebenenfalls nicht an einem Streik beteiligen zu wollen. 81 Stimmen waren ungültig.

Protestmaßnahmen in der Pipeline

“Die Wiener Kollegenschaft hat ein klares Machtwort gesprochen. Falls der KAV auf seiner Linie beharrt und weiter das Ziel von Personalausdünnung und Leistungsminimierung verfolgt, werden wir dieses Mandat sehr ernst nehmen und gegebenenfalls auch umsetzen.” Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres

Die Ärztekammer schließt nicht aus, dass es bereits Anfang September zu einem eintägigen Warnstreik kommen könne. Auch Betriebversammlungen an jeweils ein bis zwei Spitälern seien denkbar. Sollten diese Aktionen zu keinem Einlenken des KAV im Sinne der Ärzte-Forderungen führen, drohe eine schrittweise Verschärfung der Kampfmaßnahmen.

KAV verteidigt Pakt

Der KAV sieht die Sache natürlich anders und betont, dass die Ärztekammer mit ihrer Blockadehaltung sinnvolle Veränderungen im Sinne der Patientinnen und Patienten verhindern wolle. Generaldirektor Udo Janßen zufolge führe an der der Umsetzung des vereinbarten Paktes kein Weg vorbei. Der KAV fühle ssich an die getroffene Vereinbarung gebunden und erwarte das Gleiche von der Ärztekammer. In einer Aussendung des KAV wurde die Abteilungsvorständin Anästhesie in Hietzing und Ärztliche Direktorin des Krankenhauses Nord, Prof. Dr. Sylvia Schwarz, folgendermaßen zitiert: “Was die Ärztekammer hier macht, grenzt schon an Rufschädigung eines ganzen Berufsstandes.”

Opposition nimmt Stadt Wien in die Pflicht

Die FPÖ-Gesundheitssprecherin im Parlament, Dagmar Belakowitsch-Jenewein, erklärte, dass das Ergebnis der Abstimmung “einzig und allein das Ergebnis einer verfehlten Gesundheits- und Personalpolitik in Rot-Grün” sei, während die Gesundheitssprecherin der Wiener ÖVP, Ingrid Korosec, betonte, dass die Wiener Stadtregierung und insbesondere die KAV-Führung dafür zu sorgen habe, dass die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der neuen Ärztearbeitszeiten umgehend eingehalten werden. Alles andere sei ein fahrlässiger Umgang mit der Versorgung der Wiener Patientinnen und Patienten, so Korosec. Für Stefan Gara, Gesundheitssprecher der Wiener NEOS, ist das Abstimmungsergebnis ein deutliches Zeichen, dass die Ärzte mit dem Vorgehen des KAV bzw. von Stadträtin Wehsely “absolut unzufrieden” seien.

Wiener SPÖ schließt Nachverhandlungen aus

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely betonte, dass die Verschiebungen von Nachtdiensten in den Tag Teil des vor mehr als einem Jahr vereinbarten Pakets zwischen Stadt, KAV und Ärztekammer seien. Von diesem wolle man keinen Millimeter abweichen. Im Ö1-Morgenjournal vom 22. August erklärte sie, dass es unethisch sei, die Patientinnen und Patienten in Geiselhaft zu nehmen. Wehsely vermutet den Grund für die “Krawallmache” der Ärztekammer im bevorstehenden Wahlkampf der Standesvertretung.

“Das vor mehr als einem Jahr sozialpartnerschaftlich vereinbarte Paket ist umzusetzen, der Wiener KAV tut das bereits. Aber die Ärztekammer und die Opposition machen es stattdessen zum Politikum und wollen politisches Kleingeld daraus schlagen.” Wiener SPÖ-Gemeinderatsabgeordneter Kurt Wagner

Die Kurie der angestellten Ärzte wird laut einer Aussendung der Wiener Ärztekammer heute im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung das weitere Vorgehen beraten und “entsprechende Protestmaßnahmen” beschließen.

Quelle: Ärztekammer für Wien, KAV, APA