12. Feb. 2020Gutachten entlastet Zulieferer

Noscapin-Hustensaft: Menschliches Versagen vermutet

schöne antike Apotheke - alter Schrank
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Im Fall der zwei Mitte Jänner 2020 durch Hustensaft vergifteten Kinder aus Niederösterreich – ihnen geht es wieder gut – hob die Behörde nun die kürzlich ausgesprochene Warnung vor magistralen Noscapin-Zubereitungen auf. Laut Gutachten war die betreffende Charge aus Tirol sauber. Vermutete Ursache: menschliches Versagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Apotheken.

Ein erstes Aufatmen. Nicht auszudenken, wenn die gesamte Noscapin-Charge eines Tiroler Zulieferers mit Atropin verunreinigt gewesen wäre. Das hatte das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zunächst vermutet, als die Behörde am 6. Februar 2020 von den Vorfällen erfahren hatte: Am 16. und 21. Jänner 2020 wurden zwei Kleinkinder – im Alter von zwei und fünf Jahren – mit Vergiftungserscheinungen nach der Einnahme von Noscapin-Hustensäften, die in zwei verschiedenen Apotheken zubereitet worden waren, ins Landesklinikum Wiener Neustadt eingeliefert.

Noch am frühen Abend des 6. Februar hatte die BASG daraufhin als Vorsichtsmaßnahme eine „Arzneimittel-Sicherheitsinformation“ zu in der Apotheke zubereiteten Noscapin-Hustensäften ausgeschickt: Verdacht auf Verunreinigung mit Atropin aufgrund „heute bekannt gewordener Zwischenfälle“. Ab sofort und bis auf Weiteres hatte die BASG empfohlen, keine in der Apotheke erworbenen und dort zubereiteten Noscapin-Hustensäfte anzuwenden. Die Warnung galt ebenso für andere Noscapin-haltige Zubereitungen wie z.B. Noscapin-Zäpfchen.

Noscapin doch nicht kontaminiert, weitere Ermittlungen

Ebenfalls am selben Tag wurde die Staatsanwaltschaft informiert – von der Polizei, wie Mag. Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, auf Anfrage bestätigt. Die Anklagebehörde begann gegen unbekannte Verdächtige wegen fahrlässiger Körperverletzung zu ermitteln. Ein Sachverständiger wurde mit der Untersuchung des Wirkstoffes auf eventuelle Verunreinigungen beauftragt. Fünf Tage später gab es zumindest in puncto Noscapin Entwarnung. Das chemische Gutachten entlastete den Wirkstoff-Zulieferer: „Das Noscapin war nicht kontaminiert“, sagte Habitzl. Wie es zu den gesundheitsgefährdenden Hustensäften kommen konnte, ist nun Gegenstand der Ermittlungen.

Auf Nachfrage zum Stand der Dinge verwies BASG-Sprecher Dr. Christoph Baumgärtel auf die Aussendung des BASG und die Meldungen der Austria Presse Agentur (APA). Demnach dürfte die Ursache „menschliches Versagen“ in Apotheken gewesen sein. „Wir wissen von der Angelegenheit aus einem Protokoll der Polizei. An uns ist keine Nebenwirkungsmeldung gegangen“, hatte BASG-Leiterin DI Dr. Christa Wirthumer-Hoche am 7. Februar 2020 gegenüber der APA gesagt. Nach den derzeitigen Informationen über den Ermittlungsstand stehen die beiden Apotheken bzw. Fälle in keinerlei Zusammenhang. In dem einen Fall soll Atropin im Hustensaft nachgewiesen worden sein, in dem anderen die Substanz Naphazolin.

Das BASG hat sowohl die Nebenwirkungsmeldungen vom Krankenhaus als auch die Qualitätsmangelmeldungen von den Apotheken nachgefordert, weil eine gesetzliche Verpflichtung für die Meldungen besteht.

Betriebsüberprüfung: Keine weiteren Beanstandungen

Auf die Frage, wieso es knapp drei Wochen gedauert hat, bis behördlich reagiert werden konnte, erläutert Mag. Andreas Eichtinger, Leiter der Rechtsabteilung der Österreichischen Apothekerkammer:
Das Apothekerlabor habe vom Landesklinikum Routineaufträge erhalten, die Hustensäfte auf die Inhaltsstoffe zu untersuchen. „Wir haben die Analyseergebnisse am 5. Februar erhalten und sofort die notwendigen Schritte in die Wege geleitet“, sagt Eichtinger. Dazu zählt zunächst das vorbeugende Sperren der Charge, um eine etwaige Gefahr für weitere Personen auszuschließen. Das BASG sei umgehend informiert worden, die betroffenen Apotheken hätten eine Qualitätsmangelmeldung gemacht. „Es hat mittlerweile auch eine anlassbezogene Betriebsüberprüfung stattgefunden“, berichtet der Jurist, bei der es keine weiteren Beanstandungen gegeben habe. Systematische oder organisatorische Fehler bzw. Mängel in den Apotheken konnten somit ausgeschlossen werden. Alles andere sei Gegenstand der weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.