Leben mit rheumatoider Arthritis
NEM-LITERATURRECHERCHE – Mikronährstoffe können bei rheumatoider Arthritis die Schmerzen und den Bedarf an Schmerzmedikamenten reduzieren und die Lebensqualität verbessern.
Bei rheumatoider Arthritis (= RA) können die zunächst schmerzhaften, teigig weichen Schwellungen mehrerer Gelenke zu irreversiblen Knorpel- und Knochenschäden führen. Bereits kurz nach dem Auftreten der ersten Beschwerden können radiologisch nicht mehr korrigierbare Gelenksschäden nachweisbar sein. Die Lebensqualität ist durch Schmerzen, verminderte Arbeitsfähigkeit und später Pflegebedürftigkeit stark eingeschränkt. Medikamentöse Therapie ist unumgänglich.
Ätiologisch werden mikrobielle, immunologische, genetische, hormonelle und nutritive Faktoren diskutiert. Es kommt zu einer Dysregulation der T-Helferzellen mit einer erhöhten Produktion von proinflammatorischen Arachidonsäurederivaten (Prostaglandin E2, Leukotrien T4) und Zytokinen (Tumornekrosefaktor- α, Interleukine 2, 6 und 8). Die Literaturrecherche der Pharmaceutical Tribune hat folgende Fragestellungen: Welche Mikronährstoffe nehmen auf das Entzündungsgeschehen Einfluss und welchen klinischen Benefit können Patienten durch deren Supplementierung erwarten?
Omega-3-Fettsauren konnen bei RA Schmerzen lindern, eine Abnahme der Morgensteifigkeit der Gelenke bewirken und die notwendige Einnahme von NSAR statistisch signifikant verringern.
In einer Übersichtsarbeit, in der 12 doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studien diskutiert wurden, erhielten die Patienten durchschnittlich 3,3 g Omega-3-Fettsäuren über 12 bis maximal 52 Wochen. Untersucht wurden klinische Parameter wie Dauer der morgendlichen Gelenksteifigkeit, Intensität der Gelenkschmerzen, Anzahl der Gelenkschwellungen, Erschöpfung und Griffstärke. Insgesamt führte die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren zu einer moderaten Verbesserung der RA-Symptomatik. In 9 von 11 Studien, in denen instabile Gelenke untersucht wurden, kam es durchschnittlich zu einer 30-prozentigen Verbesserung.
Im Vergleich zur Kontrollgruppe kam es bei den Patienten in der Fischölgruppe nach drei Monaten zu einer statistisch signifikanten Abnahme der Anzahl instabiler Gelenke und der Dauer der morgendlichen Gelenksteifigkeit. Die Einnahme von α-Linolensäure war nicht so erfolgreich und zeigte auch nach drei Monaten keine signifikante Verbesserung der Symptomatik. Die Autoren vermuten, das dies auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass α-Linolensäure erst nach Umwandlung in Eicosapentaensäure wirksam wird und dieser Prozess nicht effektiv genug verläuft, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
In mehreren Studien führte die Einnahme von Fischölsupplementen zu einer signifikanten Reduktion der NSAR-Einnahme: So sank z.B. der NSAR-Bedarf nach dreimonatiger Einnahme von 1,7 g EPA und 1,1 g DHA um 30 %, nach zwölf Monaten auf 40 %. Dieser Effekt hielt auch nach Absetzen der Supplemente weitere drei Monate an. Interessant erscheint dabei, dass der Gehalt an Omega-3-Fettsäure in der Gelenkflüssigkeit von Patienten mit RA signifikant erniedrigt ist und es bei Vorkommen von Omega-3-Fettsäuren zu einer Verminderung der proinflammatorisch wirksamen Arachidonsäure- derivate Prostaglandin E2 und Leukotrien T4 sowie zu einer Hemmung der Produktion von Tumornekrosefaktor-α und der Interleukine 2, 6 und 8 kommt.
Pichler B, Widhalm K: Journal f Ernahrungsmed 2004; 6(1): 26–29
Yates CM, Pharmacology and Therapeutics 2014; doi:10.1016/j.pharmthera.2013.10.010
Der sekundare Pflanzeninhaltsstoff Curcumin lasst aufgrund seiner potenten entzundungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften aufhorchen.
In eine Pilotstudie zur Untersuchung von Wirksamkeit und Verträglichkeit bei RA wurden 45 Patienten eingeschlossen und in drei Gruppen randomisiert: Curcumin (500 mg) oder Diclofenac (50 mg) alleine oder beide in Kombination. Als primärer Endpunkt wurde die Reduktion im Disease Activity Score (DAS) definiert, als sekundärer Endpunkt Verbesserungen im Score des American College of Rheumatology (= ACR) betreffend die Steifigkeit und Schwellungen der Gelenke. Alle drei Behandlungsgruppen zeigten statistisch signifikante
Unterschiede bezüglich des primären Endpunktes, interessanterweise wiesen Patienten in der Curcumin-Gruppe die meisten positiven Veränderungen auf. Ähnliches zeigte sich bei den ACR-Kriterien: In der Curcumin-Gruppe kam es zu Verbesserungen bis zu 93 %. Ähnliche Ergebnisse lieferten auch nachfolgende Studien, in denen Patienten bis zu 1200 mg Curcumin pro Tag einnahmen. Erste Effekte zeigten sich dabei bereits nach zwei Wochen.
Chandran B, Goel A , Phy totherapiy Research 2012; doi: 10.1002/ptr.4639
Sony D et al., Polyphenols in human health and disease 2014; 6: 785–89
Weihrauch kann Schmerzen und Bewegungseinschrankungen bei Arthrose verbessern und ist aufgrund der geringen Nebenwirkungsrate sehr positiv zu bewerten.
Klinische Studien zeigen, dass Weihrauch die Beschwerden bei Arthrose lindern kann. Der Effekt ist geringer als bei Standardtherapeutika, aber doch bemerkbar und gut abgesichert. Wichtig ist, dass nur der indische Weihrauch, Boswellia serrata, im europäischen Arzneibuch gelistet ist und die meisten Untersuchungen mit dieser Spezies durchgeführt wurden. Für die pharmakologischen Effekte sind wahrscheinlich nicht nur die Boswelliasäure, sondern auch Tirucallen-, Robur- und Lupansäuren verantwortlich, die im Gegensatz zu klassischen Antiphlogistika erst später in der Entzündungskaskade eingreifen und dadurch das Nebenwirkungsprofil verbessern.
Ertelt J, OM & Ernahrung 2012; 139
Praxis-Tipps**:
- Als Antirheumatika werden oft Salicylate und andere NSAR eingesetzt, wodurch die Permeabilität der Darmschleimhaut und damit das Risiko für NahrungsmittelUnverträglichkeiten erhöht wird. Die gleichzeitige Gabe von 1 g Vitamin C in unretardierter Form kann diese unerwünschte Wirkung neutralisieren.
- Auch für Vitamin E wurden entzündungshemmende und schmerzstillende Effekte beschrieben, es sollte immer parallel mit Vitamin C eingenommen werden.
- In der RAEntzündungskaskade spielen auch antioxidativ wirksame Spurenelemente wie Selen, Zink, Mangan und neuere Untersuchungsergebnisse nach Bor eine wichtige Rolle.
** Burgerstein: Handbuch Nährstoff e. Trias, 2012