24. Apr. 2023ÖGN-Jahrestagung

Pathomechanismen der MS-Progression

Bei der Multiplen Sklerose (MS) persistieren die lokale Entzündungsreaktion und die axonale Degeneration am Rand chronisch aktiver Läsionen. Kennzeichnend für diese im MR als Eisenringe imponierenden Entmarkungsherde sind eine fehlende Remyelinisierung und ein langsam akkumulierender Gewebsschaden, der eine mögliche Erklärung für die unabhängig von Schubaktivität vorhandene Progression der Erkrankung ist.

Histopathologische Verhältnisse am Rand einer Eisenringläsion: 
Obere Reihe: Der Eisenring am Rand einer chronisch aktiven Läsion bei hoher Vergrößerung. Links: Mikroglia und Makrophagen exprimieren den Phagozytose-Marker CD68 (rot) und den Haptoglobin-Hämo­globin-Scavenger-Rezeptor CD163 (blau). Mitte: CD163-positive Mikroglia und Makrophagen speichern Eisen (rot). Rechts: Am Rand finden sich auch Hepcidin-positive Mikrogliazellen. Hepcidin ist ein Signalpeptid, das Eisenspeicherung begünstigt.
Untere Reihe: Der Eisenring bei niedriger Vergrößerung. Links: Myelin (blau) zeigt die Eisenring-läsion mit ihrem scharfen Rand, oben findet sich die myeliniserte Umgebung, unten das demyelinisierte Läsionsareal. Mitte: derselbe Rand, visualisiert mit dem Phagozytose-Marker CD68 für Mikroglia und Makrophagen. Rechts: Eisen akkumuliert am Rand der Läsion.

MS-Läsionen weisen einige Besonderheiten auf, die sowohl für das Verständnis der Pathogenese als auch für die Differenzialdiagnose von Bedeutung sind. Ein ganz wichtiger Player sind die Effektorzellen, also Makrophagen, Mikroglia und Monozyten, die das Myelin fressen. „Das Typische an einer MS-Läsion ist, dass das Myelin mehr oder weniger intakt vom Axon heruntergeschält wird“, erklärt Dr. Simon Hametner, PhD, Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie, Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Wien. Damit unterscheidet sich die MS deutlich von anderen Entmarkungserkrankungen, die neuropathologisch ganz ähnlich aussehen können, wie dem Steroid-anbehandelten primären ZNS-B-Zell-Lymphom oder der Adrenoleukodystrophie: Bei diesen Erkrankungen findet man das Myelin noch über längere Zeit in Form von Granula im Extrazellularraum. Im Gegensatz dazu kommt es bei der MS zu einer „sauberen“ Entmarkung. Es finden sich zwar Myelingranula in den Makrophagen, aber praktisch keine Myelinreste im Extrazellularraum.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum neuropsy