Eculizumab als mögliche Sars-CoV-2-Therapie; Studie: Fresszellen als Auslöser von Immunreaktion
+++ Zufallsfund deutet auf Sars-CoV-2-Therapie hin – Studie sieht Fresszellen als Immunreaktion-Auslöser – FFP2-Schutzmasken in Ordinationen werden wieder empfohlen –Angepasster Protein-Corona-Impfstoff von Novavax ist da +++
Zufallsfund deutet auf Sars-CoV-2-Therapie hin
Ein Teil der schwersten Komplikationen von Viruserkrankungen besteht aus Schädigungen der Innenschicht von Blutgefäßen (Endothel) und Thrombosen. Durch Zufall haben jetzt Salzburger Wissenschafter zusätzliche Belege für eine medikamentöse Therapie entdeckt: durch Behandlung eines Patienten, der gleichzeitig an einer Hantavirus- und an einer Covid-19-Erkrankung litt.
„Die Resultate unterstützen das Modell einer durch eine Virusinfektion verursachten Schädigung des Endothels unter Beteiligung einer alternativen Aktivierung von des Komplementsystems. Zukünftige Studien sind notwendig, um zu erforschen, ob bei lebensbedrohlichen Viruserkrankungen eine Blockade des Komplementsystems Organschäden verringern kann“, schrieben jetzt Hermann Salmhofer (Paracelsus Medizinuniversität Salzburg) und seine Koautoren aus Salzburg, Wien (MedUni/AKH) und Budapest.
Vor allem durch das bei einem schweren Sars-CoV-2-Verlauf auftretende akute Lungenversagen (ARDS) hätte das wissenschaftliche Interesse zur Erforschung der Ursachen für lebensbedrohliches Organversagen wieder geweckt, stellten die Experten im „Clinical Kidney Journal“ (Dezember 2023; https://doi.org/10.1093/ckj/sfad222) fest. Eine wesentliche Rolle könnte dabei ein überaktives Komplementsystem spielen.
Eine starke Komplement-Aktivierung ist auch an lebensgefährlicher Sepsis infolge von Infektionen beteiligt. In der Vergangenheit wurden monoklonale Antikörper zur Komplementhemmung entwickelt, einer davon ist Eculizumab. „Komplementverbrauch wurde als prognostischer Faktor für die Schwere des Verlaufs von Covid-19 beschrieben. Die Behandlung mit Eculizumab verringerte die Abhängigkeit von künstlicher Beatmung und die Mortalität in klinischen Studien“, schrieben die Experten.
Das wurde jetzt durch den Fall eines 38-jährigen Patienten an der Salzburger Klinik belegt, der mit akutem Durchfall, Sehstörungen und Übelkeit in der Notfallaufnahme gelandet war. Der Mann litt an Sars-CoV-2-Infektion (Delta-Variante), war nicht geimpft worden und adipös. Trotz eines nur milden PCR-Befundes (Ct-Wert: 30) zeigte der Patient Zeichen einer schweren Nierenschädigung. Die Ärzte behandelten den Mann auf Verdacht einer schweren Nierenkomplikation durch eine Virusinfektion mit dem monoklonalen Antikörper. Eine einzige Infusion normalisierte die Laborwerte.
Erst in der Folge zeigte sich, dass der 38-Jährige zusätzlich zu Sars-CoV-2 auch an einer Hantavirus-Infektion gelitten hatte. Die hatte er sich wahrscheinlich beim Ausmisten eines Hühnerstalles durch Einatmen von Mausexkrementen vier Wochen zuvor zugezogen. Hantavirus-Infektionen können bei einem schweren Verlauf akut Nierenschädigungen bis hin zum Nierenversagen auslösen. Wahrscheinlich, so die Wissenschafter, hätten die beiden Infektionen die Probleme verstärkt. Sie wurden durch Schäden an den kleinen Gefäßen der Nieren hervorgerufen. Erst nach vier Monaten hatte sich die Funktion der Organe schließlich wieder normalisiert. Jetzt wäre es wichtig, so die Experten, den Einsatz des monoklonalen Antikörpers in einem größeren Rahmen bei schweren Virusinfektionen zu untersuchen. (APA)
Studie sieht Fresszellen als Immunreaktion-Auslöser
Innsbrucker Forscher haben in einer Studie die überschießende Immunantwort bei einer Ansteckung mit Sars-CoV-2 untersucht und Fresszellen bzw. das daran andockende Spike-Protein als Auslöser identifiziert. „Unsere Daten liefern die Grundlage, warum und wo die Suche nach Antikörpern sinnvoll ist“, erklärte Ivan Tancevski, Pneumologe an der Med-Uni Innsbruck, gegenüber der APA. Die Erkenntnisse könnten auch bei der Therapie von Lungenversagen oder Sepsis helfen.
Infolge einer Ansteckung mit dem Coronavirus werde unter Umständen nach rund fünf bis sieben Tagen eine so starke Entzündungsreaktion ausgelöst, dass es zum Lungenversagen kommt. „Uns hat schon lange interessiert, wie Sars-Viren diese überschießende Immunantwort hervorrufen und solche Schäden verursachen können“, erzählte Tancevski, einer der Autoren des im Fachjournal Heliyon publizierten Papers, im APA-Gespräch. Genau das wurde im Rahmen der Studie genauer unter die Lupe genommen. Eine Schlüsselrolle nehmen dabei sogenannte Fresszellen (Makrophagen) in der Lunge ein.
„Wir besitzen in der Lunge nicht nur Zellen zum Atmen, sondern auch diese Entzündungszellen“, führte Tancevski aus. Diese fräßen, salopp gesagt, alles, was in die Lunge komme und nicht dorthin gehöre. Im Falle einer Infektion würden Botenstoffe freigesetzt, die eine Entzündung melden. Bei Sars-CoV-2 komme es jedoch zu einer überschießenden Entzündungsreaktion. „Es wird Gewebe zerstört, obwohl vielleicht fast kein Virus mehr vorhanden ist“, so Tancevski. Eine vergleichbare Reaktion könne bei einer Sepsis, einer Blutvergiftung, beobachtet werden.
„Das passiert nur, weil die Viren das bekannte Spike-Protein auf der Oberfläche haben, dem das Coronavirus auch dessen Namen zu verdanken hat“, erklärte der Forscher. Gäbe es das nicht, wäre eine normale Virenreaktion zu erwarten. Mit dem Spike-Protein docken die Viren an den Entzündungszellen in der Lunge an und lösen die überschießende Immunreaktion aus: „Weil es in der Lunge beginnt, kommt es zu einem Lungenversagen.“ Um diese Reaktion zu beobachten, habe das Team um Erstautorin Sabina Sahanic, den Infektiologen Günter Weiss, Direktor der Uni-Klinik für Innere Medizin II, und Tancevski das Spike-Protein im Labor hergestellt und diese gezielt ausgelöst.
Zudem wurden Versuche mit lebenden Sars-CoV-2 Viren durchgeführt. Darin zeigte sich, dass das sich je nach Variante verändernde Spike-Protein im Übrigen auch für die mildere Reaktion verantwortlich sei. Die Mutationen von Alpha über Delta bis Omikron habe das Virus immer „weniger aggressiv gemacht“, wie im Laufe der Pandemie auch gehofft wurde. Auch hier böten die Entzündungszellen in der Lunge eine Erklärung.
Auch wurden im Rahmen der Studie Lungenproben von an unterschiedlichen Krankheiten verstorbenen Patienten untersucht (Influenza, Covid-19, Lungenentzündung). In allen Fällen sei ein bestimmter Rezeptor, nämlich der Toll-like Receptor 4, im Übermaß vorhanden gewesen. „Normalerweise sollten Viren aber einen anderen Rezeptor (bspw. Toll-like Receptor 3, Anm.), aktivieren“, erklärte Tancevski. Werde die Nummer 4 aktiviert, werde eine Reaktion ausgelöst, als ob es sich um Bakterien handle.
Die Erkenntnisse würden nun bei der Suche nach neuartigen Therapien unterstützen. Es würden bereits Firmen an entsprechenden Antikörpern arbeiten, so Tancevski. Bei Antikörpern, die den genannten Toll-like Receptor 4 blocken, sei dabei bereits eine Reduktion von Todesfällen durch Covid-19 nachgewiesen worden. „Wir erwarten uns einen großen Einsatzbereich auch bei der Therapie von Lungenversagen und Sepsis“, schloss der Mediziner. (APA)
FFP2-Schutzmasken in Ordinationen werden wieder empfohlen
Die Wiener Ärztekammer empfiehlt Patienten das freiwillige Tragen einer FFP2-Maske in Ordinationen, vor allem bei viralen oder fieberhaften Infekten, Krankheitsgefühl, aber auch bei Durchfall, hieß es am Dienstag, 5.12., in einer Aussendung. Vizepräsidentin Naghme Kamaleyan-Schmied: „Tragen Sie beim Besuch in der Ordination bitte eine FFP2-Maske. So schützen Sie sich und andere am besten.“
Grippale Infekte, Covid-19 und Influenza würden derzeit den niedergelassenen Bereich vor große Herausforderungen stellen. Ein entsprechendes Informationsschreiben in Sachen Maske wurde bereits an die in diesem Bereich tätigen Ärztinnen und Ärzte in Wien versandt. Den Praxen wird auch grafisch aufbereitete Handlungsempfehlungen zur Verfügung gestellt.
Auch die Ärztekammer Steiermark empfiehlt Ärztinnen und Ärzten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Patientenkontakt in Ordinationen sowie Patientinnen und Patienten dringend, FFP2-Schutzmasken zu tragen, um sich selbst und andere vor Infektionskrankheiten zu schützen. Ein Newsletter mit dieser Empfehlung wurde an alle Arztpraxen in der Steiermark versandt.
Für eine Maskenpflicht in Gesundheitseinrichtungen in Niederösterreich hat sich am Dienstag auch LAbg. Silvia Moser (Grüne) ausgesprochen. „Derzeit erleben wir eine besonders starke Auslastung der Ordinationen, die zum Teil auf die hohen Corona-Infektionszahlen zurückzuführen ist“, argumentierte die Mandatarin. In dieser Situation seien sowohl die Landeshauptfrau als auch die Landesgesundheitsagentur gefordert, umgehend Schutzmaßnahmen für die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen ebenso wie für die Patientinnen und Patienten in den Universitäts- sowie Landeskliniken zu ergreifen. (APA/red)
Angepasster Protein-Corona-Impfstoff von Novavax ist da
Wer sich nicht mit den neuartigen mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 auffrischen lassen will, hat ab dieser Woche (KW 49) eine Alternative. Das an die Omikron-Variante XBB.1.5 angepasste Vakzin des Herstellers Novavax ist nach seiner Marktzulassung innerhalb der EU vor Kurzem in Österreich eingetroffen, teilte das Gesundheitsministerium am Donnerstag, 30.11., mit. Der proteinbasierte Impfstoff sei bereit zur Auslieferung an die Hausärztinnen und -ärzte sowie an die weiteren Impfstellen, hieß es.
Die Bestellung der Ordinationen erfolgt über den E-Shop der Bundesbeschaffung GmbH (BBG), die Anlieferung dauert in weiterer Folge zwei Werktage. Der Nuvaxovid genannte Protein-Impfstoff ist für Personen ab 12 Jahren empfohlen, insgesamt sind 175.000 Dosen verfügbar, informierte das Gesundheitsministerium. Von den angepassten mRNA-Vakzinen wurden seit Anfang September mehr als 325.000 Dosen verabreicht, wie aus dem Impfdashboard des Dachverbands der Sozialversicherungsträger (Stand: 20. November) hervorgeht. (APA)