1. Dez. 2025Blutdruckmanagement in der Bevölkerung verbessern

Hypertonie auf Notfallstation erkennen und behandeln

Patienten mit Bluthochdruck im Zuge eines Aufenthalts auf einer Notfallstation zu erkennen und gleich eine entsprechende Therapie einzuleiten, könnte die Hypertonie-Versorgung in der Bevölkerung verbessern.

Druckskala und Stethoskop, abstrakter medizinischer Hintergrund
 Nikolai Sorokin – stock.adobe.com

Wenn Patienten auf die Notfallstation kommen, ist das eine gute Gelegenheit, eine allfällige Hypertonie zu erkennen. Foto:  Nikolai Sorokin – stock.adobe.com

Die Notfallstation bietet eine ideale Gelegenheit, Hypertonie zu diagnostizieren und direkt mit der Therapie zu beginnen – unabhängig vom Grund des Besuchs. Ein US-amerikanisches Forscherteam um Dr. Heather Prendergast von der University of Illinois in Chicago untersuchte, ob eine multimodale Intervention auf der Notfallstation den systolischen Blutdruck (systolic blood pressure, SBP) stärker senkt als die übliche Versorgung.

Aufbau und Ziel der TOUCHED-Studie

Die prospektive, randomisierte TOUCHED-Studie (1) schloss 574 Erwachsene mit erhöhtem Blutdruck (≥140/90 bis ≤180/110 mmHg) ein, die die Notfallstation aus verschiedenen Gründen aufgesucht und anschließend entlassen wurden. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt:

  • Kontrollgruppe: Standardinstruktionen zur Hypertonie und Empfehlung zur hausärztlichen Weiterbehandlung.
  • Interventionsgruppe: Ein dreiteiliger Ansatz (Education and mHealth Empowerment) aus
    • kurzer postakuter Beratung durch einen klinischen Pharmazeuten oder eine Pflegefachkraft,
    • Unterstützung beim täglichen Selbstmonitoring und der Adhärenz durch ein smartes Blutdruckmessgerät mit App und Erinnerungsfunktion sowie
    • gezielter Überweisung an den Hausarzt.

Primärer Endpunkt war die Veränderung des systolischen Blutdrucks nach sechs Monaten. Sekundäre Endpunkte umfassten die Blutdruckveränderung nach drei Monaten, die Blutdruckkontrolle (≤140/90 mmHg) und Follow-up-Raten.

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 51 Jahre, 56% waren Frauen. Die Mehrheit gehörte ethnischen Minderheiten an. Beide Gruppen waren soziodemografisch vergleichbar.

Ein Unterschied von 5 mmHg

Von den 574 Patienten lagen nach sechs Monaten Blutdruckdaten für 413 vor (210 in der Interventionsgruppe, 203 in der Kontrollgruppe). Beide Gruppen zeigten eine deutliche Blutdrucksenkung, doch die Interventionsgruppe schnitt signifikant besser ab (−14,3mmHg vs. −9,4mmHg). Die mittlere Differenz betrug 4,9mmHg (p = 0,02).

Auch bei der Rate kontrollierter Blutdruckwerte (≤140/90 mmHg) war die Interventionsgruppe nach drei Monaten überlegen: 51% erreichten die Zielwerte, verglichen mit 38,4% in der Kontrollgruppe (p = 0,03). Nach sechs Monaten war der Unterschied jedoch nicht mehr signifikant. Bei der Senkung der diastolischen Werte zeigte sich weder nach drei noch nach sechs Monaten ein signifikanter Unterschied.

Die Adhärenz beim Selbstmonitoring blieb mäßig: Nur 22% der Interventionsgruppe dokumentierten ihre Werte über mindestens 26 Wochen regelmäßig.

Blutdrucksenkung durch multiprofessionelle Kurzintervention

Interessanterweise erzielte auch die Kontrollgruppe eine deutliche Blutdrucksenkung. Dennoch zeigt die Studie, dass eine multiprofessionelle Intervention auf der Notfallstation den systolischen Blutdruck innerhalb von sechs Monaten stärker senken kann als Standardmaßnahmen. Der Unterschied von knapp 5 mmHg ist klinisch relevant, da selbst moderate Blutdrucksenkungen das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse verringern.

Die Ergebnisse belegen, dass sich auf der Notfallstation eine Kombination aus gezielter Kurzberatung, digitalem Selbstmonitoring und strukturierter Nachsorge umsetzen lässt. Besonders Bevölkerungsgruppen mit eingeschränktem Zugang zur regulären Versorgung könnten davon profitieren.

Hypertonie-Patienten auf der Notfallstation zu identifizieren und zu behandeln, bietet einen praktikablen Ansatz, um das Hypertonie-Management zu verbessern und gesundheitliche Ungleichheiten zu verringern. Weitere multizentrische Studien mit längerer Beobachtungszeit und Kostenanalysen sind nötig, um das Potenzial für eine breite Anwendung zu bewerten.