27. Okt. 2025Teststrategie auf der Grundlage von HIV-Indikatorerkrankungen

„HIV-Teams“: Erhebliche und nachhaltige Erhöhung der Testrate

Der Einsatz von „HIV-Teams“ in Spitälern soll Awareness dafür schaffen, Personen mit HIV-Indikatorerkrankungen auf HIV zu testen. Diese Maßnahme führt zu einem signifikanten Anstieg der Testrate, wie eine aktuelle niederländische Studie ergab.

Bildkonzept mit dem Ergebnis des HIV-Tests.
ktsdesign/AdobeStock

In Europa erhalten mehr als die Hälfte der HIV-Patientinnen und -Patienten ihre Diagnose im Spätstadium der Erkrankung. Das führt zu mehr Komorbiditäten und einer höheren Mortalität, schreiben Dr. Carlijn Jordans, Erasmus University Medical Center, Rotterdam, sowie Kolleginnen und Kollegen.1 Durch HIV-Indikatorerkrankungen gesteuerte Tests sind eine international empfohlene Strategie, um die rechtzeitige Diagnose zu verbessern. Gemäß der Plattform EuroTEST unterteilt man HIV-Indikatorerkrankungen in drei Kategorien:2

  • AIDS-definierende Erkrankungen bei HIV-Patientinnen und -Patienten (z. B. Zervixkarzinom, Non-Hodgkin-Lymphom)
  • Krankheiten verbunden mit einer nicht diagnostizierten HIV-Prävalenz von > 0,1% (z. B. Hepatitis B oder C, sexuell übertragbare Infektionen [STIs])
  • Erkrankungen, bei denen eine Nichtidentifizierung einer HIV-Infektion erhebliche negative Auswirkungen auf die klinische Behandlung haben kann (z.B. Erkrankungen, die eine aggressive immunsuppressive Therapie erfordern)

Bei der Umsetzung dieser Teststrategie in die Praxis besteht allerdings noch Verbesserungspotenzial. Menschen mit höherem Alter oder weiblichem Geschlecht, Migranten sowie Heterosexuelle haben ein höheres Risiko, dass bei ihnen eine HIV-Indikatorerkrankung übersehen wird.

Allgemeine Testrate stieg von 50,1% auf 80,7% an

Das Team um Dr. Jordans untersuchte in seiner Studie die Einführung von „HIV-Teams“ im Krankenhaus-Setting im Erasmus University Medical Center in Rotterdam. Die HIV-Teams wurden von Fachärztinnen und -ärzten geleitet. Zu ihren Aufgaben gehörte das Schaffen von Awareness für die durch HIV-Indikatorerkrankungen gesteuerten Tests, die Ausbildung sowie das Feedback an behandelnde Ärztinnen und Ärzte.

Im Untersuchungszeitraum von Januar 2020 bis Juli 2023 gab es insgesamt 313.666 HIV-Diagnosen – 49.230 vor und 264.436 nach der Einführung der HIV-Teams. Bei 2.395 davon gab es eine HIV-Indikatorerkrankung. Die häufigsten HIV-Indikatorerkrankungen nach der Einführung der HIV-Teams waren Zervixkarzinome, Non-Hodgkin-Lymphome und STIs.

Die allgemeine Testrate bei neu diagnostizierten HIV-Indikatorerkrankungen stieg von 50,1% vor der Einführung von HIV-Teams auf 80,7% (p < 0,001) mit einer anhaltenden Verbesserung während des Beobachtungszeitraums. Die HIV-Prävalenz unter den getesteten Personen betrug 0,6%. Bei 411 nicht getesteten HIV-Indikatorerkrankungen führte das Feedback zu 69 zusätzlichen HIV-Tests. Eine multivariate Analyse ergab, dass Frauen mit HIV-Indikatorerkrankungen seltener einen Test erhielten (adjustierte Odds Ratio [aOR] 0,59). Bei HIV-Indikatorerkrankungen ohne Testempfehlung in den nationalen Richtlinien war die Wahrscheinlichkeit für einen HIV-Test ebenfalls geringer (aOR 0,36).

Zur externen Validierung testeten die Wissenschaftler die Einführung von HIV-Teams auch im University Medical Center in Leiden. Auch in diesem Spital führte diese Maßnahme zu einer deutlichen Erhöhung der Rate von HIV-Tests.

Die Forschenden kommen zum Schluss, dass die spitalsweite Einführung von HIV-Teams mit einem mehrgleisigen Ansatz die Zahl der durch HIV-Indikatorerkrankungen gesteuerten Tests erheblich und nachhaltig erhöht. HIV-Teams sollten als Maßnahme zur Sicherstellung adäquater HIV-Testungen weiter erforscht werden.